Datensouveränität verändert die Spielregeln für den Channel
Der Channel steht dem Thema Datensouveränität bei internationalen Cloud-Anbietern wie AWS, Azure, Google Cloud zunehmend kritisch gegenüber. Systemhäusern und IT-Dienstleister befürchten vor allem datenschutzrechtliche Risiken und Kontrollverlust.
Lokaler Cloud-Anbieter oder Hyperscaler? Das Thema Datensouveränität ist längst im Channel angekommen, denn deren Kunden wollen wissen, wo ihre Daten liegen und wie sicher sie vor Zugriffen sind.
Die Channel Management-Experten von Compris wollten deshalb von knapp 300 IT-Dienstleistern, Systemintegratoren, Systemhäuser und Service Providern aus der DACH-Region wissen, wie sie zu dem Thema stehen. Befragt wurden Geschäftsführer, Vertriebsleiter und andere Verantwortliche für die Herstellerauswahl und Einkauf/Portfolio bei IT-Dienstleistern und Systemhäusern von August bis Oktober 2025.
Eine Mehrheit von 59 Prozent der Befragten steht dem Thema Datensouveränität bei internationalen Cloud-Anbietern wie AWS, Azure, Google Cloud zunehmend kritischer oder abwägend gegenüber. Sie sehen vor allem datenschutzrechtliche Risiken und die Gefahr von Kontrollverlusten. Nur 12 Prozent gewichten die Souveränität ihrer Daten bei internationalen Hyperscalern als überwiegend unproblematisch oder vollständig vertrauenswürdig.
Anbieter zum Thema
Nimmt die Nachfrage der Kunden nach europäischen/deutschen/lokalen Cloud-Anbietern zu oder ab? Das Stimmungsbild ist uneinheitlich.
38 Prozent der IT-Dienstleister nehmen eine zunehmende Nachfrage der Kunden nach europäischen, deutschen oder lokalen Cloud-Anbietern wahr. Fast genauso viele, nämlich 35 Prozent, berichten von einer unveränderten Nachfrage und nur 14 Prozent bemerken einen wahrnehmbaren Rückgang der Nachfrage nach lokalen Anbietern.
Nimmt die Nachfrage / Nutzung von internationalen Hyperscalern wie AWS, Microsoft Azure, Google Cloud zu oder ab?
Hier zeigt sich ein ähnliches Bild. 35 Prozent der befragten Partner sehen die Nachfrage/Nutzung von internationalen Hyperscalern als unverändert, 34 Prozent nehmen einen Rückgang wahr, auf der anderen Seite jedoch auch 20 Prozent eine Zunahme der Nachfrage.
Die Reaktionen der IT-Dienstleister auf diese Entwicklung sind vielfältig. 21 Prozent der Partner bauen die Beratungs- und Migrationsdienstleistungen zu Compliance und DSGVO aus. 18 Prozent wählen eine Multi-Cloud-Strategie, die die flexible Nutzung der Vorteile beider Welten (lokal und global) unter Berücksichtigung regulatorischer Vorgaben möglich machen.
Rund 15 Prozent der IT-Dienstleister setzen auf eigene Hosting- und/oder Managed Services Offerings, weitere 14 Prozent auf eine Partnerschaft mit Hyperscalern. 17 Prozent setzen verstärkt darauf, Partnerschaften mit Cloud-Anbietern aus Deutschland und Europa zu etablieren und auszubauen.
Nur 15 Prozent der Partner haben noch keine klare Strategie, bzw. äußerten sich nicht in der Befragung.
Steigendes Interesse an regionalen Anbietern
Die Compris-Umfrage zeigt, dass das Thema Datensouveränität auch bei IT-Dienstleistern und Systemhäusern zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt.
Obwohl die Befragten die Dienste von internationalen Cloud-Anbietern dabei überwiegend kritisch sehen beziehungsweise vorsichtig abwägen, werden deren Lösungen momentan immer noch stark nachgefragt.
Eine Steigerung des Interesses an lokalen Anbietern sei jedoch auf jeden Fall spürbar, betonen die Analysten. Gleichzeitig sei jedoch ersichtlich, dass auch die Hyperscaler durch den Auf- und Ausbau von Rechenzentren in Europa und Deutschland auf das Thema reagieren. So investiert Google 5,5 Milliarden ein neues Rechenzentrum und den Ausbau bestehender in Deutschland.
AWS will über eine eigene Tochterfirma in Potsdam eine „souveräne Cloud“ in Europa etablieren. Die „AWS European Sovereign Cloud“ soll unter europäischer Führung stehen und keine kritischen Abhängigkeiten von nicht-EU-Infrastruktur haben (connect professional berichtete).
Aber auch nationale Anbieter rüsten auf, wie die Schwarz-Gruppe. Der Mutterkonzern von Lidl und Kaufland baut für 11 Milliarden Euro eines der modernsten Rechenzentren Europas in Brandenburg (connect professional berichtete).
Nach wie vor gibt es auch genug Unternehmen, die auf internationale Hyperscaler setzen. Als Beispiel nennt Compris Kärcher. Andere Unternehmen, sogenannte Public Kunden wie Regierungsbehörden, öffentliche Auftraggeber, etc., betrachten das Thema allein schon aus Datenschutzgründen differenzierter.
Auf jeden Fall sei das Thema im Channel angekommen und biete den IT-Dienstleistern jede Menge neue Geschäftschancen, meint Gerald Holler, Geschäftsführer von Compris.
„Für IT-Dienstleister und Systemhäuser bietet das Thema Datensouveränität eine große Chance. Die Aufmerksamkeit auf das Thema ist von Kundenseite her extrem hoch. Als Berater und Trusted Advisor begleiten sie ihre Kunden bei dieser Entwicklung und können individuell beraten und die passende Lösung anbieten“.