Das Ziel ist erstrebenswert, die Umsetzung mangelhaft: Der Entwurf der 5. Geldwäscherichtlinie der EU droht der Privatsphäre bei Finanztransaktionen den Garaus zu machen.
Die Einigung der EU-Gremien auf die Richtlinie gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erfolgte bereits kurz vor Weihnachten. Demnach müssen Banken künftig sämtliche Transaktionen belegen können. Dies gilt für bis zu zehn Jahre nach Abschluss der Überweisung. Der Zahlungsverkehr wird damit praktisch nahezu lückenlos überwacht. Mit den Daten über Bankbewegungen lassen sich problemlos Persönlichkeitsprofile erstellen: Die Transaktionsinformationen offenbaren mitunter Versicherungen, Parteizugehörigkeit oder die Mitgliedschaft in Vereinen und Organisationen. Eine entsprechende Benachrichtigungspflicht der Behörden im Falle eines Zugriffs darauf den betroffenen Bürgern gegenüber sieht der Entwurf nicht vor.
Dabei ist es gerade mal gut drei Jahre her, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Vorratsspeicherung mit deutlichen Worten als gesetzeswidrig eingestuft hat. Die Geldwäscherichtlinie unterscheidet sich von dieser in wesentlichen Punkten nur wenig. Betroffen ist praktisch jeder EU-Bürger, der eine Bezahlung über eine Bank tätigt. Aber nicht nur Banken sind zur Speicherung der Transaktionsdaten verpflichtet: Die Richtlinie betrifft auch Steuerberater, Immobilienmakler, Notare, Casinos und Handelsplätze für Kryptowährungen wie Bitcoin, die allesamt zur Offenlegung verpflichtet sind. Aber es kommt noch schlimmer.
Hinsichtlich Privatsphäre und Datenschutz richtig gruselig wird es durch die Bestimmung, dass die Finanzhäuser die gesammelten Transaktionsdaten einer zentralen Stelle zur Verfügung stellen müssen, der Financial Intelligence Unit (FIU). Diese kann die erhaltenen Informationen dann weitgehend ungestört und unkontrolliert nach Belieben analysieren und auswerten. Die Analysestelle darf Auskünfte ohne eine richterliche Anordnung erteilen. Eine Aufsichts- oder Regulierungseinrichtung ist nicht vorgesehen.
Kryptobörsen müssen in Zukunft eine Identitätsfeststellung durchführen, und anonyme Transaktionen sollen verboten werden. Die Börsen müssen also demnächst ihre Nutzer identifizieren und die Wallet-Adressen in einer zentralen Datenbank speichern. Lediglich der Tausch unterschiedlicher virtueller Währungen untereinander bleibt von der Richtlinie unberührt.Das soll Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Terrorfinanzierung erschweren. Unter dem gleichen Deckmantel wurde der 500-Euro-Schein abgeschafft, und immer wieder geistern Vorschläge für eine Bargeldgrenze im Zahlungsverkehr durch die Nachrichten. Wer Geld waschen will, dürfte sich von keiner dieser Maßnahmen sonderlich beeindrucken lassen.
Bei den Kryptowährungen wird häufig mit Anonymität geworben, auch wenn technisch gesehen nicht stimmt. »Wenn alle Transaktionen so transparent wären wie beim Bitcoin, bräuchten wir uns keine Sorgen zu machen«, so der Finanzexperte Sven Giegold. Durch das digitale Kassenbuch (Ledger) sind alle Bitcoin-Transfers nachvollziehbar.
Kaum ein gesetzestreuer Bürger dürfte ein Problem damit haben, dass Geldwäsche bekämpft wird. Aber ein derartiger Eingriff in die Privatsphäre des Einzelnen rechtfertigt schwerlich die vermutlich nur geringen Erfolge beim Kampf gegen Geldwäsche. Denn Nicht-EU-Staaten müssen sich nicht an Regelungen der EU halten, und mit Plattformen wie Etherdelta gibt es bereits dezentrale Handelsplattformen, die Sicherheit vor Zensur und Überwachung versprechen.
Es erstaunt ein wenig, das von Seiten der Grünen, denen man am ehesten ein Eintreten für Privatsphäre und gegen Datensammelwut zutraut, überwiegend positive Stimmen bezüglich der Geldwäscherichtlinie zu hören waren. Es gibt aber noch Hoffnung: Bevor die neuen Regeln in nationales Recht umgesetzt werden können, müssen sie noch von den EU-Mitgliedsstaaten sowie dem Europäischen Parlament angenommen werden. Dieser Prozess kann gut und gerne mehrere Monate dauern.