CRN Kopfnuss

Die Distribution lernt Fachhandels-Chinesisch

26. Februar 2016, 14:30 Uhr | Lars Bube
Die Abrechnung bei Ingram Micro wird auf ein bewährtes System aus dem Land der neuen Besitzer umgestellt

Nach der Übernahme von Ingram Micro muss sich der Fachhandel den neuen Gegebenheiten anpassen: Lieferung per Container-Zug, chinesischer Telefon-Support und günstige Produkt-Alternativen aus dem Heimatmarkt.

Jahrzehnte lang hat sich China den Ruf als verlängerte Werkbank der Industrienationen erarbeitet. Doch das ist längst überholt. Inzwischen können die Chinesen nicht nur nachbauen, sondern haben sich dank der gesteigerten Aktivitäten westlicher Konzerne und milliardenschwerer Übernahmen westlicher Technologieführer auch selbst ausreichend Wissen angeeignet, um eigene Produkte herzustellen oder Klone zu bauen, die besser und günstiger sind als das Original.

Chinesische Konzerne wie Lenovo oder Huawei gehören in der ITK-Branche längst zu den Marktführern. Jetzt folgt der nächste Schritt dieser Entwicklung. Mit der Übernahme von Ingram Micro durch Tianjin Tianhai für sechs Milliarden Dollar macht sich China nun auf, auch die Distribution und Logistik selbst zu übernehmen. Anders als von manchen Brancheninsidern vermutet, handelt es sich dabei nicht um ein Versehen, weil der Investor Ingram Micro mit dem größten westlichen Ingwer-Produzenten »Ingwer Migros« verwechselt hat und sich eigentlich die Mehrheit am weltweiten Wurzelknollenmarkt sichern wollte. Vielmehr war der Schritt von langer Hand geplant. Schließlich wur-den die Voraussetzungen für die digitale ITK-Seidenstraße von der Volksrepublik bereits vor drei Jahren mit dem »Yuxinou« geschaffen. Dreimal wöchentlich fährt der Containerzug die mit mehr als 11.000 Kilometern längste Zugstrecke der Welt von Chongquing nach Duisburg. Natürlich werden sich die Lieferzeiten für den deutschen Fachhandel damit künftig etwas verlängern, aber dafür sinken dank der günstigeren Lagerflächen die Preise. Zudem kann der Fachhandel seine Marge weiter verbessern, indem er beim Distributor seines Vertrauens nun auch direkt chinesische Nachbauten der gewünschten Produkte ordern kann.

Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Kommunikation. An der Service-Hotline wird bald nur noch Fachhandels-Chinesisch gesprochen – aber auch das ist für die meisten Broadliner-Kunden nichts wirklich Neues. Hier wird eher die Freude überwiegen, dass man nun dank des schier unerschöpflichen Mitarbeiterpotenzials in China endlich überhaupt jemanden erreichen kann. Jeder Reseller-Kunde bekommt sogar seinen eigenen persönlichen Ansprechpartner. Dass alle für den deutschen Fachhandel zuständigen Vertriebsmitarbeiter »Rufum Lei Tung« heißen, muss einen dabei nicht weiter verwundern. Schließlich ist der Name in China ähnlich weit verbreitet, wie bei uns etwa Gerhard Schulz.


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