Helge Braun soll sich als Chef des Bundeskanzleramts um die Koordinierung der Digitalpolitik kümmern, so hatten es die Koalitionsparteien noch im Februar vereinbart. Kurz bevor Horst Seehofer mit Dorothee Bär eine Staatsministerin für Digitales durchsetzte – nicht weil ihm das Thema besonders am Herzen liegen würde, sondern eher, um nach drei Ministerposten für CSU-Männer noch eine prominente Position mit einer CSU-Frau besetzen zu können. Die muss sich nun erstmal mit Braun abstimmen, damit die geplante Digitalkoordinierung nicht in einem Kompetenzgerangel endet. Prinzipiell ist die Konstellation aber nicht schlecht, hat doch der Kanzleramtschef eine ziemliche Fülle von Aufgaben und kann sich, anders als Bär, wohl nicht täglich mit digitalen Fragestellungen befassen.
Bär bringt zudem erkennbar Begeisterung für das Thema mit, auch wenn der Breitbandausbau, für den sie bislang als Staatssekretärin für Digitales im Verkehrsministerium zuständig war, nicht unbedingt eine deutsche Erfolgsgeschichte ist. Auch verlief ihr Start ins neue Amt etwas holprig. Sie musste sich wie vor einigen Jahren Angela Merkel (»Das Internet ist für uns alle Neuland.«) in den sozialen Netzwerken verspotten lassen, weil sie die Digitalisierung nicht auf schnelle Internetanbindung reduziert wissen wollte und »Flugtaxis« als Beispiel für zukunftsorientierte Technologien nannte. In der Wirtschaft wird die Berufung von Bär überwiegend positiv aufgenommen. Der Bitkom mahnt jedoch: »Es ist wichtig, dass das neue Amt mit allen Rechten und Ressourcen ausgestattet wird, um die Digitalpolitik der Bundesregierung erfolgreich koordinieren und beschleunigen zu können.« Denn um wirklich effektiv die Digitalisierung vorantreiben zu können, bräuchte Bär weitreichende Kompetenzen, etwa ein Durchgriffsrecht auf die anderen Ressorts oder ein Vetorecht, um innovationsfeindliche Gesetzesvorhaben stoppen zu können. Ganz so, wie der Finanzminister zu teure Pläne seiner Kollegen einkassieren kann.
Zuletzt fiel Bär vor allem mit einigen kontroversen Aussagen zum Datenschutz auf. Der müsse unternehmensfreundlicher werden, forderte sie. In einem Interview schwärmte sie sogar davon, die Daten deutscher Patienten mit weltweiten Datenbanken abzugleichen. »Eine Digitalisierung, die auf der umfassenden Überwachung und maximalen Ausnutzung persönlicher Daten beruht, wäre ein Fluch und kein Segen«, warnte anschließend der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. In der deutschen Wirtschaft, so macht es mittlerweile den Eindruck, wird ein vertrauensvoller Umgang mit Daten immer häufiger als Wettbewerbsvorteil angesehen.