Microsoft-Chef Satya Nadella verspricht EU-Unternehmen mehr Schutz vor US-Zugriff. Es sei natürlich zu begrüßen, dass der Konzern auf europäische Bedenken eingehe, meint Mark Neufurth, Lead Strategist bei Ionos. Doch für europäische Unternehmen werde die Leine dadurch eher noch ein Stück kürzer.
Microsoft speichert europäische Daten künftig in Europa. Dafür werden Menschen mit Wohnsitz in Europa eingesetzt und mit europäischen Partnern für Betrieb und Verschlüsselung kooperiert. Das ist prinzipiell erst einmal gut. Wirklich. Denn es zeigt, dass Datenschutz und regulatorischer Druck Wirkung zeigen und dass man sich bei Microsoft offenbar Gedanken macht, wie man europäischen Kunden ihren zurecht bestehenden Bedenken begegnen kann, ohne gleich das ganze Geschäftsmodell umzubauen. Und alle Maßnahmen der jüngeren Zeit bewirken auch durchaus, dass Präsident Trumps langer Arm sich weiter strecken muss.
Aber während wir uns über die neue „EU Data Boundary“ freuen, lohnt sich ein zweiter Blick: Denn mit jeder neuen Funktion, jedem neuen Compliance-Versprechen und jeder zusätzlichen API, die nur im Microsoft-Kosmos funktioniert, wird die Leine ein kleines Stück kürzer.
Strategische Autonomie? Wohl kaum. Mehr noch als die Furcht vor Datenzugriff oder Betriebsunterbrechung steht ein anderer Elefant im Raum: die weiter zunehmende Abhängigkeit von einem übermächtigen Anbieter. Die Boundary begrenzt somit eher die strategische Komfortzone, solange man nicht versucht, das System zu verlassen.
Das eigentliche Problem ist also nicht, ob Microsoft Daten in Irland oder Iowa speichert. Sondern dass wir uns als europäische Unternehmen immer wieder in ein Ökosystem begeben, das wir weder technisch noch politisch wirklich kontrollieren. Und das macht uns nicht wirklich souveräner – sondern nur effizienter abhängig. Und mangels Alternative wird es schwieriger, marktgerechte Preise für digitale Dienste zu entrichten.
Wer digitale Souveränität ernst meint, sollte sich nicht nur fragen, wo die Daten liegen. Sondern auch, wie viele Exit-Strategien es noch gibt, wenn man irgendwann doch mal raus will.
Im Sinne strategischer Autonomie.