Computacenter-Chef Reiner Louis im CRN-Interview

»Hersteller versuchen, Geschäfte selbst zu vereinnahmen«

10. Februar 2015, 13:18 Uhr | Martin Fryba
Reiner Loius will Computacenter in Deutschland wieder zu mehr Wachstum bringen
© ICT CHANNEL

Schwache Margen, Risiken im Großkundengeschäft, unberechenbare Hersteller. Noch ist Computacenter nicht da, wo Reiner Louis den IT-Dienstleister sehen will. Eine Bestandsaufnahme.

CRN: Finnlands Schüler müssen bald keine Schreibschrift mehr erlernen, sondern schneller tippen können. Würden Sie diesen Schritt des Pisa-Musterlands zur Nachahmung empfehlen?

Reiner Louis: Das geht mir dann doch deutlich zu weit. Aber ohne Tippen geht es natürlich auch nicht. Was wir hier in Deutschland vielmehr sehen: Mache Eltern neigen dazu, die IT zu verdammen. Die Folge ist, dass Kinder, die keinen Zugang zu Internet und moderner Kommunikation haben, in ihrer Altersgruppe ausgegrenzt werden. Solche Extreme sollte es nicht geben. Schreiben gehört aber meiner Meinung nach zu unserer Kultur unbedingt dazu.

CRN: Schulen haben einige Hersteller und Systemhäuser bereits als Kunden entdeckt. Computacenter auch?

Louis: Wir sind nicht darauf ausgerichtet, einzelne Schulen mit IT auszustatten. Für uns haben aber der Bund und die Länder als Kunden in Deutschland eine hohe Bedeutung, für die wir zentral Leistungen erbringen. 20 Prozent unseres Volumens erzielen wir mit Öffentlichen Auftraggebern. Beispielsweise zählt einer der ganz großen IT-Dienstleister für Landesbehörden zu unseren Kunden. Dieser betreut rund 70.000 End-User und ist also mit einem ganz großen Industriekunden zu vergleichen.

CRN: Die dann auch gelegentlich abspringen, was sich bei Computacenter in der Geschäftssparte Supply-Chain, also dem IT-Handel, gleich deutlich negativ bemerkbar macht. Ist die Abhängigkeit von Großkunden nicht eine Gefahr?

Louis: Wir haben im vergangenen Jahr im Produktgeschäft zwei große Kundenaufträge verloren. Das ist ein gewisses Risiko, wenn man sich in Deutschland auf rund 500 große Kunden fokussiert. Unsere Organisation ist auf Großkunden zugeschnitten, auf eine Basis von mehreren Tausend Kunden können und wollen wir auch nicht zurückgreifen. Im Umkehrschluss haben wir aber auch die Chance, große Volumina hinzuzugewinnen, was in der zweiten Jahreshälfte 2014 bereits geschehen ist. Daher bin ich für 2015 sehr zuversichtlichserver-clients/artikel/105310/### /->.

CRN: Im Produkthandel herrscht knallharter Preiswettbewerb. Gilt das in gleicher Intensität auch für Großkunden?

Louis: Ja, aber der Preis allein ist nicht entscheidend. Wir sehen zum einen weiterhin eine deutliche Tendenz, dass die Hersteller dieses Geschäft zunehmend selbst versuchen zu vereinnahmen. Zum anderen wandert Business zu Spezialisten. Zu großen Softwareanbietern, die global aufgestellt sind.

CRN: Beängstigt es Sie nicht, wenn Hersteller das Direktgeschäft am Channel vorbei ausbauen?

Louis: Das macht mir keine Angst. Das ist absolut legitim und begleitet unsere Branche doch schon immer.

CRN: Direktgeschäft ist das eine. Massiven Veränderungen im Portfolio der Hersteller wie bei IBM oder Konzernabspaltungen bei HP und Symantec das andere. Der Channel sucht eigentlich Konstanz und keine Zunahmen von Komplexität im Management der Hersteller. Warum spielen Sie als herstellerübergreifender IT-Dienstleister nicht ihre Position aus? Man könnte Hersteller austauschen, die ihren Partnern durch Strategieschwenks das Leben schwer machen.

Louis: Das ist absolut illusorisch. Im Großkundengeschäft von links nach rechts schieben geht nicht. Wir können in Kundensituationen diese Entscheidungen nur treffen, wenn der Kunde uns diese Aufgabe auch überträgt. In eine Richtung beeinflussen können wir zwar schon, aber letztlich entscheidet der Kunde, welche Herstellerprodukte eingesetzt werden. Für uns sind die von Ihnen skizzierten Entwicklungen schon eine Herausforderung, denn wir haben heute schon allein 50 Kollegen hierzulande, die unsere Partner betreuen. Aber auf die Strategien der Hersteller können wir ebenfalls nur wenig Einfluss nehmen.

CRN: Ist der Handel mit Hard- und Software mit zunehmend sinkenden Margen noch attraktiv?

Louis: Die Margensituation ist in den letzten zehn Jahren kritisch gewesen und das wird in den nächsten zehn Jahren so bleiben. Schon ein Prozentpunkt entscheidet über ein gutes oder schlechtes Ergebnis. Für Computacenter ist das aber ein wertvolles Business, wir verdienen hier schließlich Geld. Wir brauchen den IT-Handel und wir wollen ihn auch.

CRN: Und stärken das wichtige Dienstleistungsgeschäft. Es heißt ja: Hard- und Softwareverkauf sind Türöffner für mehr IT-Dienstleistung.

Louis: Das ist heute kein Automatismus mehr. Vor fünf Jahren hätte ich dieser Gleichung so noch zugestimmt, aber mittlerweile bin ich eher geneigt, das Gegenteil zu behaupten: Wenn sie in der Lage sind, Cloud-Infrastrukturen zu bauen, dann ist auch die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie auch die Hardware liefern können. Umgekehrt ist das nicht der Fall.


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