Gebrauchtsoftware-Streit eskaliert

Maulkorb für Microsoft

28. März 2012, 11:08 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Schweizer Präzisions-Fälscher im Auftrag von HP?

Laut Elmar Ewaldt haben die rufschädigenden Aussagen viele Kunden verunsichert - insbesondere im Business-Umfeld.
Laut Elmar Ewaldt haben die rufschädigenden Aussagen viele Kunden verunsichert - insbesondere im Business-Umfeld.

Doch wer glaubt, damit würde vorerst wieder Ruhe einkehren in den Gebrauchtsoftwaremarkt, der dürfte sich gewaltig geirrt haben. Denn während Microsoft munter weiter Abmahnungen an Händler schickt, die mit gebrauchten Recovery-Datenträgern handeln, spielt sich im Hintergrund ein abstruser Streit um mehrere hunderttausend solcher Windows-Datenträger ab. Ein Grossteil dieser beanstandeten Ware war nach unseren Erkenntnissen ursprünglich vom OEM-Partner HP bei der Schweizer Adcom (nach-)bestellt worden, die sie wiederum bei ihrer gerade erst übernommenen Tochter OMD International pressen ließ. HP lieferte die Scheiben anschließend an den Händler PC4U, der sie zusammen mit gebrauchten Geräten und deren COAs an diverse Gebrauchtsoftwarehändler weiterverkaufte.

Nachdem es einige Jahre lang keine Probleme mit besagten Datenträgern gegeben hatte, wurden in den letzten Monaten immer wieder Datenträger aus dieser Produktion, die von Gebrauchtsoftwarehändlern weiterverkauft worden waren, vom Microsoft-PID-Dienst als Fälschungen identifiziert. Zunächst berief man sich dabei laut den Händlern auf falsche, beziehungsweise fehlende IFPI-Codes. Inzwischen heißt es jedoch, die Recovery-Discs seien nur unter falschem Vorwand als Recovery-Nachbestellungen für gebraucht verkaufte Hardware ohne Datenträger, und nochdazu in einem nicht von Microsoft autorisierten Presswerk, hergestellt worden. Damit hätte auch HP als OEM-Partner und Lizenzgeber nach Microsofts dafürhalten die Datenträger für PC4U wahrscheinlich gar nicht erst produzieren lassen dürfen, geschweige denn bei Adcom. Adcom selbst gibt hingegen auf seiner Internetseite unter anderem Microsoft als Referenzkunden an.

HP wollte sich zu den Datenträgern und ihrer umstrittenen Herkunft bisher gegenüber unserer Redaktion nicht äußern. Uns liegen allerdings mehrere Schriftstücke vor, in denen HP-Mitarbeiter in der Vergangenheit offensichtlich gegenüber den Händlern die Echtheit der CDs bestätigt haben. Wie www.connect-channel.de darüber hinaus erfuhr, befinden sich Microsoft und HP derzeit auf internationaler Ebene in Gesprächen, wie mit dem Fall umgegangen werden soll. Somit zieht der aktuelle Gebrauchtsoftwarestreit immer größere Kreise. Sind die Datenträger keine Fälschungen, muss man sich wundern, wieso Microsoft sie als »eindeutige Fälschungen« identifiziert haben will und beschlagnahmen lässt. Sollte es sich jedoch tatsächlich um Fälschungen handeln, ist wiederum die Frage zu stellen, wie es HP passieren konnte, dass im eigenen Auftrag und Namen mehrere hunderttausend solcher Datenträger produziert wurden.


  1. Maulkorb für Microsoft
  2. Schweizer Präzisions-Fälscher im Auftrag von HP?
  3. David gegen Goliath mit unklarer Rollenverteilung

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