Genau diese Tatsache war für die Richter vom Bundesverfassungsgericht ausschlaggebend, um anders als ihre Kollegen vom Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden. Die Kunstfreiheit sei ihrer Ansicht nach in den bisherigen Verfahren nicht ausreichend berücksichtig worden. »Der Einsatz von Samples ist eines der stilprägenden Elemente des Hip-Hop«, so die Karlsruher Richter. Ohne
das Sampling sei diese Musikrichtung im Grunde nicht vorstellbar. Gleichzeitig stellten die Richter klar: Allein die Möglichkeit, ein Werk zu lizenzieren, garantiert noch lange keine Kunstfreiheit. Der Rechteinhaber könne die Lizenzierung schließlich jederzeit und ohne Angabe von Gründen verweigern.
Auch wenn es aktuell in erster Linie um die Musikrichtung Hip-Hop geht, ist die Bedeutung des Urteils für ähnliche Kunstformen der Netzkultur wie Memes kaum zu unterschätzen. Seit langem ist es notwendig, das überbordende Urheberrecht, das auch viele Onlineshop-Betreiber beispielsweise bei der rechtlich korrekten Verwendung von Artikelbildern vor Probleme stellt, alltagstauglich auszulegen. Allerdings bleibt die Frage, ob der Gesetzgeber – in Form des BGH – den Weg des Verfassungsgerichts mitgeht oder vor dem erwartbar großen Druck der Musiklobby einknickt. Zumindest liegt der Fall nun erneut beim BGH, der nun unter Berücksichtigung aller Punkte neu entscheiden muss.
Wie auch immer endgültig entschieden wird, für Moses Pelham hat sich der zweimalige Gang durch die Instanzen schon jetzt gelohnt. Nicht nur, dass er mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Neuverhandlung erzwungen und damit die gerichtliche Niederlage 2012 vor dem BGH egalisiert hat, für den Rapper dürfte vor allem die mediale Präsenz wegen der Verhandlung Gold wert sein. Schon 1997 stand der Musiker übrigens wegen einer juristischen Auseinandersetzung im Licht der Öffentlichkeit. Damals hatte er im Anschluss an die Echo-Verleihung dem Komiker Stefan Raab das Nasenbein gebrochen. Im Streit ging es um Raabs Viva-Sendungen »Vivasion« und »Ma’ kuck’n« in denen er Pelham auf die Schippe genommen hatte – was ja auch irgendwie eine Form von Sampling ist.