LWL-Verkabelung im RZ

100G-Härtetest mit zehn Steckern

2. Februar 2013, 7:00 Uhr | Pius Albisser, Engineer Data Center Solutions, Dieter Rieken, Leiter Kommunikation, beide bei Dätwyler Cabling Solutions (jos)

Eignet sich eine neue Datacenter-Verkabelung auch für zukünftige Anwendungen wie 40/100G-Ethernet und 120G-Infiniband? Um RZ-Betreibern auf diese Frage eine quali-fizierte Antwort geben zu können, hat Dätwyler sein Glasfasersystem unter erschwerten Bedingungen testen lassen.Dätwyler Cabling Solutions und der Glasfaserhersteller Corning pflegen nach eigenen Angaben seit vielen Jahren eine enge strategische Partnerschaft. Unter anderem setzt Dätwyler seit Anfang 2011 in allen Multimode-Glasfaserkabeln mit den Faserkategorien OM2, OM3 und OM4 nur noch Cornings biegeoptimierten G50/125µm-Fasern (Clear Curve) ein - auch in den Kabeln der neuen "Dätwyler Datacenter Solution". Um die Tauglichkeit der OM3/OM4-Versionen dieses Verkabelungssystems auf 100G-Ethernet- und 120G-Infiniband-Übertragungen zu testen, stellte Corning seine Entwicklungs- und Forschungslabors im Sullivan Park in New York zur Verfügung.   Testbedingungen für 100G Eine geeignete Testmethode, die Leistung eines Systems zu bestimmen, ist die Messung der Bitfehlerrate (Bit Error Rate, BER). Dabei müssen alle installierten Strecken (Links) eine Übertragung mit einer Bitfehlerrate besser als 10?12 erreichen. Diese Testmethode bietet die größtmögliche Sicherheit dafür, dass alle Komponenten des Verkabelungssystems auch in einer "realen" Installation zuverlässig arbeiten und die für 100G vorgegebenen Grenzwerte für die Einfügedämpfung (Insertion Loss, IL) einhalten - und somit, dass auf den Anwender also keine fehlerbedingten zusätzlichen Kosten zukommen. Im Corning-Labor kreierten die Techniker einen Aufbau, der dem Standard IEEE 802.3ba 100GBase-SR10 entspricht. Dieser besteht verkabelungsseitig aus einem 100GBit/s-Übertragungssystem mit Paralleloptik. Die Signale induziert ein VCSEL-basierender 850-Nanometer-Transceiver (12×10 GBit/s). Bei allen für den Testaufbau verwendeten Kabeln, Komponenten, Transceivern und Steckverbindern handelte es sich um normkonforme, aber beliebig ausgewählte Standardprodukte.   Testaufbau Beim Performancetest übernahm ein so genannter PRBS-Datenmuster-Generator (Pseudo-Random Binary Sequence) die Modulation des 850nm-VCSEL-Transmitters und -Receivers. Bei dem VCSEL-Transceiver handelt es sich um ein Gerät von Avago Technologies mit einem 24-faserigen Single-Duplex-MTP-Glasfaseranschluss. Außerdem war ein Messgerät für die Analyse der Bitfehlerrate angeschlossen. Um die Einfügedämpfung aller zwölf Sendekanäle (12×10 GBit/s) im Rahmen der BER-Messung erhöhen zu können, war in den Übertragungskanal ein Gerät zur variablen optischen Dämpfung (Variable Optical Attenuation, VOA) eingefügt. Bei den im Testaufbau verwendeten Kabeln von Dätwyler handelte es sich ausschließlich um solche mit biegeoptimierten OM3-Multimode-Fasern. Im Einzelnen waren dies ein 24-faseriges Y-Patchkabel (1×24F-MTP auf 2×12F-MTP), ein 50 Meter langes 48-faseriges Trunk-Kabel mit vier 12F-MTP-Steckverbindern an beiden Enden und drei 1-Meter-Patch-Kabel, wiederum beidseitig mit 12F-MTP vorkonfektioniert. Für das VOA-Element kamen noch zwei Fanout-Kabel hinzu, die jeweils auf der einen Seite mit einem MTP-Stecker, auf der anderen mit zwölf LC-Steckern vorkonfektioniert waren. Um das Verkabelungssystem tatsächlich zu fordern, waren die Einzelkabel des Trunks mithilfe der Patch-Kabel so miteinander verbunden, dass eine Schleife mit einer Länge von insgesamt 200 Metern entstand - das Zweifache der in der Norm definierten Länge. Dieser Link umfasste außerdem zehn Steckverbindungen, nämlich 9×MTP und 1×LC. Für die Bitfehlermessung wurden zehn Minuten lang 60 TBit Daten über die Kanäle übertragen. Der Datenmustergenerator produzierte ein 231-1-Pseudo-Random-Signal (PRBS31), das gemäß IEEE 802.3ba 86.8.2 das anspruchsvollste Muster darstellt. Die Bitfehlermessung umfasste alle Kanäle der Übertragungsstrecke. Um die Anfälligkeit der Receiver gegenüber zusätzlichen Einfügedämpfungen zu prüfen, fand als Teil der BER-Messung zusätzlich eine Messung der "Wasserfallkurven" (Waterfall Curves) statt. Diese sind das Ergebnis der mittels VOA in 0,5-dB-Schritten eingebrachten zusätzlichen Dämpfung. Der im IEEE-Standard vorgegebene Grenzwert für die BER ist 10?12. Bei der Messung trat jedoch - auch mit künstlich eingebrachter Dämpfung - kein einziger Bitfehler auf.   Testverlauf und Messergebnisse Im Rahmen des BER-Tests diente am Ende der 200-Meter-Übertragungsstrecke ein nachleuchtendes Oszilloskop dazu, so genannte "Augendiagramme" aufzunehmen. Diese Diagramme entstehen durch die wiederholte grafische Überlagerung von mehreren Messungen desselben digitalen Signals zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Ein "offenes Auge" steht dabei für minimale Signalabweichungen durch Störungen. Die beim BER-Test entstandenen Augendiagramme sind für alle zwölf Kanäle weit offen und entsprechen in jeder Hinsicht den Standards IEC 61280-2-2 und IEEE 802.3ba 100GBase-SR10. Zusätzlich fand eine Messung der Laufzeitverzögerungen (Cabling Skew) zwischen den zwölf Glasfaserkanälen der Übertragungsstrecke statt. Der Standard IEEE 802.3ba (100GBase-SR10) erlaubt einen maximalen Laufzeitunterschied zwischen dem schnellsten und dem langsamsten Signal von 79 Nanosekunden auf 100 Metern. Der maximal gemessene Skew betrug bei diesem Test 0,43 ns. Trotz 200 Metern Link-Länge heißt das: Sowohl die 79 ns der IEEE 100G als auch die wesentlich strengeren 0,75 ns der Infiniband-Übertragung hält die Verkabelung problemlos ein. Schließlich stand nach 150 Metern Link-Länge auch eine Messung der Einfügedämpfung (IL) an. Dazu bestand die OM3-Übertragungsstrecke aus: 3×50 m Mini-Trunkkabel MTP-MTP, 1×1 m 24-faseriges Y-Patch-Kabel MTP-MTP, 2×1 m zwölffaseriges Patch-Kabel MTP-MTP und 2×1 m zwölffaseriges Fanout-Kabel MTP-auf-LC. In dem 150-Meter-Link befanden sich insgesamt acht Steckerübergänge: 7×MTP-MTP und 1×LC-LC. Der Standard IEEE 802.3ba für 100GBASE-SR10 definiert für OM3 eine maximale Einfügedämpfung von 1,9 dB pro Kanal. Die Messung des Testaufbaus ergab jedoch Werte zwischen 0,3 und 1,0 dB. Es existieren also hohe Reserven zum definierten Grenzwert.   Bitfehlerrate, Skew und Einfügedämpfung Dank der hohen Qualität der eingesetzten Kabel und Komponenten und der sehr präzisen Steckerkonfiguration sind mit dieser Lösung bis zu zehn Steckübergänge möglich. Die maximale Bitfehlerrate 10?12 war im Test zu 100 Prozent eingehalten und die maximale Einfügedämpfung von 1,9 dB auf allen Fasern deutlich unterschritten. Die Skew-Grenzwerte für 100GbE und 120GIB hält das System selbst bei doppelter Link-Länge problemlos ein.

Augendiagramm: Ein "offenes Auge" steht für minimale Signalabweichungen durch Störungen.

Im Rahmen des BER-Tests diente am Ende der 200-Meter-Übertragungsstrecke ein nachleuchtendes Oszilloskop dazu, so genannte "Augendiagramme" aufzunehmen.

Das Messschema des Tests der Dätwyler-Verkabelung in den Corning-Labors.
LANline.

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