Modulkonzept verändert den RZ-Bau

Bausteine für das Rechenzentrum

24. Juni 2013, 6:00 Uhr | Kerstin Ginsberg und Bernd Hanstein, Hauptabteilungsleiter Produkt-Management IT bei Rittal in Herborn. Kerstin Ginsberg ist dort PR-Referentin IT./jos

Mit seinem modularen und standardisierten Rechenzentrum Rimatrix S will Rittal Akzente beim Rechenzentrumsbau setzen. Vordefinierte Server-Module statt Einzelsysteme, Standardabmessungen statt Maßanfertigung - dieses Konzept soll mehrere Vorteile bringen. Die dynamischen Anforderungsprofile moderner Anwendungen sprechen für die modulare Lösung.Rechenzentren sind traditionell sehr individuelle Lösungen. Doch in der modernen Web-2.0-Gesellschaft sind die Dienste eines Rechenzentrums längst nicht mehr so einzigartig wie noch vor einigen Jahren. Neben den jeweiligen abgerufenen Service-Leistungen, die sich von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden, gibt es einen überwiegenden und noch dazu wachsenden Anteil von "Einheitselementen": Standarddienste, die auf Standardhardware laufen, werden über Standardinfrastruktur mit Strom und Klimatisierung versorgt. Längst ähneln sich viele Rechenzentren in weiten Bereichen. Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern. Das Gegenteil ist richtig: Der Trend bei IT-Anwendungen geht zur Zentralisierung. Daten lagern nicht mehr auf Tablets und Smartphones, sondern wandern zu einem Speicherplatzanbieter im Internet. Viele Apps sind explizit darauf vorbereitet, Daten mit solchen Diensten zu teilen, und die immer höheren verfügbaren Bandbreiten sorgen für einen wahren Boom beim Streaming von Audio- und Videoinhalten. Dieser Bedarf lässt sich nur mit Cloud-Infrastrukturen abdecken, die flexible und skalierbare Rechenzentren voraussetzen. Die Experton Group geht 2013 in Deutschland von einem fünfprozentigen Anteil aller IT-Ausgaben für Cloud-Computing aus. Cloud-Provider stellen weitgehend identische Hard- und Software für die Anwender bereit. Doch bei Entwurf, Umsetzung und Betrieb der Rechenzentren, in denen diese Cloud-Strukturen gehostet sind, dominieren nach wie vor aufwändige Maßkonzepte. Gleiches gilt für kleine und mittlere Unternehmen: Die Errichtung neuer Rechenzentren erfordert mehrmonatige Planungs- und Bauphasen. Dies ist nicht nur langwierig, sondern auch teuer, weil es kaum standardisierte Prozesse und Komponenten gibt, die sich einmal definieren und dann immer wieder abrufen lassen. Rittal adressiert nach eigenen Angaben mit seinem Rimatrix-S-System genau diese aktuellen Anforderungen. Es ergänzt die bestehende Produktlinie um ein Baukastenprinzip mit vordefinierten und standardisierten Modulen aus Server- und Netzwerkgestellen, Klimatisierung und Stromversorgung. Die kleinste Variante (Single 6) besteht aus sechs Gestellen zur Aufnahme von Servern und einem zusätzlichen Gestell für die Netzwerktechnik. Die größere Variante (Single 9) verfügt über acht Server-Gestelle plus ein Gestell für die Netzwerktechnik. Die Module können jeweils Hardware mit einer Verlustleistung von 60 oder 90 kW beherbergen. Mehrere Server-Module lassen sich auch zu größeren Einheiten kombinieren, sodass skalierbare Rechenzentren in einem Leistungsbereich von 20 kW bis 450 kW entstehen.   Standardisierte Module Die Planung bezieht sich auf viele Server-Module, nicht mehr auf einzelne Schränke. Ein Angebot lässt sich so erheblich schneller zusammenstellen. Das Produkt sei so das erste Rechenzentrum, das nur eine einzige Artikelnummer hat. Die Lieferung garantiert der Herborner Hersteller aufgrund der standardisierten Elemente innerhalb von sechs Wochen. Die Montage erfolgt aus demselben Grund erheblich schneller als bei einer individuell geplanten Anlage. Auch Administration, Wartung und Ersatzteillagerung profitieren von den standardisierten Elementen und sparen Zeit und Kosten. Die Absicherung durch eine USV - sofern nicht kundenseitig bereits vorhanden, die Unterverteilung auf die Schrankreihen über Power Distribution Racks und die Verteilung in den Schränken über Steckdosenleisten (Power Distribution Units) gehören zum Lieferumfang und beschleunigen Installation und Anschluss enorm. Die Stromverteilung ist mit redundanten Versorgungspfaden A und B konzipiert, wobei der B-Strang über ein USV-System abgesichert ist. Die USV ist einschubmodular und folgt dem Prinzip der n+1-Redundanz. Flexibilität ist auch innerhalb des Moduls gegeben: So kann bei großen Installationen aus mehreren Server-Modulen beispielsweise eine zentrale Stromabsicherung sinnvoll sein. Die einzelnen USVs in den Modulen fallen dann weg. Zentraler Bestandteil von Rimatrix S ist auch eine neuartige Klimatisierung, die platzsparend im Doppelboden untergebracht ist. Spezielle EC-Ventilatoren im Doppelboden, zusammen mit einer Gangeinhausung, um Warm- und Kaltbereiche zu trennen, und Luft/Wasser-Wärmetauschern, die sich direkt unterhalb der Rahmengestelle befinden, sorgen für eine konsequente Luftführung.   Innovative Klimatisierung Vor jedem Server-Gestell befindet sich ein Gitterrost, aus dem die kalte Luft zur Front der Server ausbläst. Die Server saugen diese an und blasen die warme Abluft auf ihrer Rückseite aus. Diese strömt in den Doppelboden und wird über den Luft/Wasser-Wärmetauscher wieder abgekühlt. Kalt- und Warmbereich sind durch eine Schottung konsequent voneinander getrennt. Mit der Unterbringung im Doppelboden will der Hersteller das platzsparende "Zero-U-Space Cooling-System" (ZUCS) verwirklichen, das keinen Einbauplatz von Servern verschwendet. Ein wesentliches Merkmal der Klimatisierung ist die n+1-Redundanz. Jedes einzelne Klimagerät unter den Server-Rahmengestellen ist für eine Kühlleistung von 12 kW ausgelegt. Obwohl für die 60 kW eines Single-6-Server-Moduls nur fünf Klimageräte nötig sind, gibt es sechs Einheiten. So ist der Betrieb der Hardware auch beim Ausfall eines Klimagerätes sichergestellt. Zudem arbeiten die EC-Ventilatoren effizienter, da sie unterhalb ihres Lastmaximums laufen. Nutzt ein RZ-Betreiber das Rimatrix-S-System zusammen mit einer passenden hauseigenen Kühllösung, garantiert der Hersteller einen PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von bis zu 1,15. Dies bedeutet, dass für jedes Kilowatt Leistung, die die Server aufnehmen, nur 15 Prozent an zusätzlicher Energie nötig sind, beispielsweise für die Klimatisierung und die unterbrechungsfreie Stromversorgung. Auch eine Brandfrühesterkennung ist eingebaut. Optional bietet Rittal passende Löschsysteme an. Für die Module gibt es drei Aufstellvarianten: mit Gangeinhausung im Trockenbau, als Container oder im geprüften, zertifizierten Sicherheitsraum. Damit soll sich das System optimal auf den Einsatzzweck und -ort zuschneiden lassen. Innerhalb eines Server-Moduls gibt es für das Monitoring eine dreistufige Hierarchie. Auf der unteren Ebene befinden sich Sensoren für Stromverbrauch und Temperaturen, die ihre Informationen an den Controller "Computer Multi Control" weitergeben. Eine Computer-Multi-Control-Einheit (CMC III) steuert lokal pro Server-Modul alle relevanten Aktoren und alle Systeme wie unterbrechungsfreie Stromversorgung und Chiller, die über einen eigenen integrierten Controller verfügen. Die gesammelten Daten laufen zudem an eine übergreifende Data Center-Infrastructure-Management-Software (DCIM) weiter, die sie sammelt, aufbereitet und auswertet. Das Ergebnis ist eine Kennlinie pro Server-Modul, die in Abhängigkeit der Last bei gegebenen Vorlauftemperaturen die Verbrauchswerte und damit auch die Effizienz abbildet.   Dreistufiges Monitoring Für den Betreiber ergibt sich so die Möglichkeit, schon in der Planungsphase eine zuverlässige Betriebskosten- und Return-on-Investment-Analyse durchzuführen. Die Betriebskosten eines geplanten Rechenzentrums sind so in Abhängigkeit von Standort und Wetterdaten berechenbar. Rittal bietet dazu auf seiner Website auch ein geeignetes Tool an. Damit das modulare Rechenzentrum optimal mit seiner Umgebung interagieren kann, bindet eine DCIM-Software es an zahlreiche Fremdmodule wie Freikühler, Pumpen und andere Elemente einer erweiterten Klimatisierung an. Auch Schnittstellen zu Building-Management-Systemen (BMS) und zur Gebäudeleittechnik (GLT) sind vorhanden, ebenso Interfaces für IT-Management-Software. Die DCIM-Software ist laut Rittal jedoch für weit mehr verantwortlich als den optimalen Betriebspunkt des Rechenzentrums. So alarmiert sie den Administrator bei Problemen und sorgt dafür, dass Workflows eingehalten bleiben. Damit nur autorisierte Personen Änderungen am System vornehmen dürfen, ist eine komplexe Benutzer- und Rechteverwaltung für alle aktiven Komponenten eingebaut. Ein wesentlicher Aspekt der Lösung ist die Kombinierbarkeit der Server-Module zu größeren Einheiten. Die Module lassen sich hintereinander anordnen, um längere Server-Reihen zu realisieren. Auch eine gespiegelte Anordnung ist möglich. Dann verfügen zwei Module über einen gemeinsamen Kaltbereich, ein drittes Modul würde einen gemeinsamen Warmgang bilden. Ein bereits bestehendes Rechenzentrum ist somit erweiterbar. Der Aufwand für den Anschluss weiterer Module ist verglichen mit dem herkömmlichen Rechenzentrumsbau gering. Im Prinzip geht es nur darum, die beiden Hauptversorgungspfade Klimatisierung und Strom mit den Modulen zu verbinden.   Kombinieren und erweitern Einheitliche Komponenten erleichtern nicht nur den mechanischen Aufbau, sondern bringen auch Vorteile für die Systemverwaltung. Administratoren können bei jedem Modul die gleichen Monitoring- und Kontrollwerkzeuge nutzen, selbst wenn die Module an verschiedenen Standorten aufgebaut sind. Dies reduziert Schulungszeiten, macht die Vertretung einfacher und bindet weniger Ressourcen der Administratoren, die für andere Aufgaben zur Verfügung stehen. Weniger Aufwand für mehr Sicherheit - in die gleiche Richtung geht laut Hersteller die Vorarbeit bei der Zertifizierung: Der Bertreiber erhält ein Rechenzentrum, dessen einzelne Komponenten bereits durch den TÜV Rheinland vorzertifiziert sind. Die Vorzertifizierung einzelner Module erfordert einen stabilen, auditierten Produktionsprozess, der gewährleistet, dass die geforderten Produkteigenschaften hinsichtlich Effizienz, Performance und Sicherheit eingehalten werden. Die Endzertifizierung kann erfolgen, wenn das Rechenzentrum in die Kundeninfrastruktur eingebunden ist. Rittals RZ-Modul verschiebe nicht nur die kleinste Einheit eines Rechenzentrums vom Server-Schrank zum Server-Modul - auch die komplette Prozesskette dahinter sei an das neue Konzept angepasst, so der Hersteller. Er habe alle notwendigen Schritte für optimiert, angefangen von der Beratung über die Angebotserstellung, Auftragsabwicklung, Logistik, Inbetriebnahme, Administration und Wartung bis hin zum Service.   Einbindung von Forschungsergebnissen Für neuen Rechenzentrumskonzept nutzt Rittal Forschungsergebnisse von "AC4DC" (Adaptive Computing for Green Data Centers), einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Forschungsprojekt. Dabei geht es um die Gewerke übergreifende Steuerung von Rechenzentren. Die Vorarbeiten für die zentrale Steuerung der Module, die den optimalen Betriebspunkt hinsicht-lich Klimatisierung, Stromaufnahme und Serverlast wählt, waren direktes Ergebnis der AC4DC-Forschung. Die Idee dahinter ist, über einen Controller alle relevanten Parameter von Stromversorgung, Server-Auslastung und Klimatisierung zu erfassen und von einem Algorithmus verarbeiten zu lassen.   Fazit Von der Planung über die Installation bis hin zum Betrieb: Rimatrix S soll für sehr viele aktuelle Anforderungen der IT-Infrastruktur den passenden Rahmen bilden. Die Lösung ist energieeffizient und flexibel genug für typische Anwendungsfälle sowie in sehr kurzer Zeit einsetzbar. Dennoch sieht der Hersteller das modulare RZ als eine Erweiterung seines etablierten IT-Infrastrukturprogramms. Das kundenindividuell geplante und gebaute Rechenzentrum mit den einzelnen steht weiterhin uneingeschränkt zur Verfügung.

Bei der gespiegelten Anordnung zweier Rimatrix-S-Module entsteht ein gemeinsamer Kaltgang, der sorgfältig abgeschottet ist.
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An der Server-Rückseite gelangt die warme Luft in den Warmgang, strömt in den Doppelboden und kühlt sich über den Luft/Wasser-Wärmetauscher wieder ab.

Rimatrix S ist ein komplettes Rechenzentrum, das sich aus standardisierten Komponenten zusammensetzt: einer definierten Anzahl an TS-IT-Server- und Netzwerkgestellen, der Klimatisierung, der Stromversorgung und -absicherung sowie dem Monitoring. Gemeinsam bilden diese ein komplettes Server-Modul.
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