Abnahmemessungen an Kupferdatenstrecken

Der Messparameter Einfügedämpfung im Detail

14. Dezember 2023, 7:00 Uhr | Autor: Alfred Huber - Redaktion: Jörg Schröper

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Fehlerursachen

Mess-Equipment
Bild 1: Beispiel für Fehlmessung an einer Datenstrecke mit einem zu langen Datenkabel von zu geringer Kategorie
© Softing IT Networks

Fehler im Parameter Einfügedämpfung können verschiedenste Ursachen haben. Die Hauptursache für ein Scheitern dieser Messung sind schlicht zu lange Kabel im Übertragungsweg. Danach kommen als Ursachen Kabel, die keine ausreichende Qualität haben (zu niedrige Leistungskategorie) oder gegen zu hohe Standards vermessen werden oder einfach beim Einbringen überbeansprucht wurden.

Als Beispiel für zwei typische Fehler in einem bei der Einfügedämpfung (siehe Bild 1): Kabel sowohl zu lang (alle Paare unterhalb der roten Grenzwertelinie) und Kabel nicht ausreichend für gewählten Mess-Standard. Konkret: Kategorie-7-Kabel (600 MHz) mit Komponenten der Kategorie 8.2 abgeschlossen vs. ISO/IEC-Klasse-II- Mess-Standard (2.000 MHz).

Zu lang!

Die Faustregel ist, dass die verlegte Strecke eines AWG 22/23-Kabels bis minimal 90 Meter immer genügend Reserve hat, um Datensignale problemlos übertragen zu können. Längen darüber hinaus können, müssen jedoch nicht mehr funktionieren. Sind bereits die Anschlussschnüre der aktiven Komponenten mit in der Strecke, dürfen 100 Meter Gesamtlänge nicht überschritten werden, wenn man auf Nummer sicher gehen will. Allerdings entstehen immer wieder Irritationen, wenn Längen von verlegten Strecken gemessen werden, die eigentlich kleiner als die magischen 90 Meter sind, und dennoch die Messung der Einfügedämpfung schiefgeht. Was nämlich leidenschaftlich gerne falsch läuft, ist die Vorgabe des sogenannten NVP-Wertes oder auch Verkürzungsfaktors des verbauten Kabels. Dieser Wert gibt an, um wieviel langsamer als Lichtgeschwindigkeit die Signale durch das Kabel laufen.

Er ist nötig, um die Längenmessung mittels Laufzeitbestimmung bei reflektierten Signalen möglichst präzise zu machen. Dieser Korrekturwert ist direkt proportional mit dem Messwert. Ist er zu niedrig vorgegeben, erscheinen alle Längen kürzer als in der Realität und umgekehrt. Dann ergeben sich die Fragen danach, wie es sein kann, dass die Einfügedämpfung durchfällt, obwohl das Kabel doch vermeintlich kürzer als die 90 Meter ist. Wäre allerdings der NVP-Wert richtig gesetzt gewesen, also nicht zu klein, hätte man sofort gesehen, dass die Länge die 90 Meter weit überschritten hat und somit die Ursache fürs Scheitern der Einfügedämpfung offensichtlich ist.

Zu dünn!

Neuerdings häufen sich jedoch auch die Anfragen wegen Dämpfungsfehlern bei Kabelstrecken, die Längen zwischen 60 und 90 Metern aufweisen. Diese Längen sind auch richtig ermittelt, dennoch scheitern beim Messen die Werte für die Einfügedämpfung. Ursache sind vermehrt moderne Datenkabel, die einst speziell für Rechenzentren entwickelt wurden und nun mit neuen Bezeichnungen primär für den Home-Bereich vermarktet werden. Charakteristikum dieser Kabel ist ein kleinerer Querschnitt, typischerweise feste Ader mit AWG 26 Durchmesser. Der verringerte Durchmesser erzeugt höhere Dämpfungswerte und ermöglicht nur noch Streckenlängen bis etwa 60 Meter. Dies ist ausreichend für Rechenzentren und Einfamilienhäuschen, aber oft zu kurz für Büroumgebungen. Da diese Kabel aber auch bis Kategorie 7 geeignet sind, wandern sie immer wieder einmal auch in Büroumgebungen – bei Unkenntnis ihrer Limitierungen.

Für kurzzeitige oder mobile Verkabelungen kommen auch oft flexible Kabel zum Einsatz. Sie haben eine ähnliche Dämpfungscharakteristik wie die oben beschriebenen Kabel und sollten nur innerhalb ihrer Längenrestriktionen verwendet werden, andernfalls entstehen dieselben Probleme wie zuvor beschrieben.

Zu schlecht!

Wie alle Komponenten in einer passiven Verkabelung sind auch die Datenkabel in Leistungskategorien eingeteilt (Tabelle 1). Diese sind definiert durch die mögliche erzielbare Hochfrequenzbandbreite. Die gängigen Kategorien reichen von „Cat.5“ mit einer Bandbreite von 100 MHz bis hoch zu Kategorie 8 mit 2.000 MHz Bandbreite. Diese Einteilung gilt auch für die Anschlusskomponenten, und somit ergibt sich die Regel: Will man zum Beispiel eine Verkabelungsstrecke mit einer Bandbreite von 500 MHz aufbauen, um bis zu 10 Gbit/s Ethernet zu übertragen, müssen mindestens Komponenten der Kategorie 6A verwendet werden.

Wird nun ein Kabel von geringerer Kategorie, etwa Kategorie 5 (100MHz) in diesem Aufbau verwendet, besteht die große Gefahr beim Messen durchzufallen, nicht nur bei der Einfügedämpfung, sondern auch beim Übersprechen (NEXT) und der Reflexion (Rückflussdämpfung).

Übertragungsstrecken sind wie die berühmte Kette, die nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied. Eine Komponente zu geringer Kategorie zieht die Leistung der gesamten Strecke nach unten. Selten, aber doch von Zeit zu Zeit, erwischt der Installateur auch Verlegekabel, die schon defekt das Werk verlassen und die dortige Qualitätskontrolle dennoch irgendwie überstanden haben. Ein typischer Fehler kommt immer einmal wieder bei den bei uns üblicherweise verwendeten doppelt geschirmten S/FTP-Kabeln vor. Hier passiert es, dass beim Fertigungsschritt des Umwickelns der Aderpaare mit der inneren Folie diese sich nicht um das Aderpaar herum legt, sondern nach rückwärts umschlägt und somit dieses Signalpaar über eine gewisse Strecke ohne Abschirmung auf der Trommel landet. Verbaut man nun dieses Kabelstück wird man beim Messen feststellen, dass nicht alle vier Aderpaare – wie üblich und wünschenswert – annähernd dieselbe Dämpfungskurve ergeben, sondern ein Aderpaar ausreißt und entweder dadurch bei längeren Strecken den Parameter der Einfügedämpfung scheitern lässt oder den Parameter ACR-F zu Fall bringt, der eben diesen Gleichlauf der Dämpfungen auswertet.

Zerstört!

Bekanntlich reagieren Datenkabel sehr allergisch auf Verlegefehler. Da die Geometrie eines Datenkabels maßgeblich für die Hochfrequenzeigenschaften verantwortlich ist, führen Verlegefehler, die den mechanischen Aufbau des Kabels verändern (etwa Überziehen, Knicken, Quetschen oder ähnliche Misshandlungen) sofort zu Änderungen in den elektrischen Grundeigenschaften. Dazu gehört zum Beispiel die Paarkapazität und somit die Kabelimpedanz und weitere assoziierten Parameter. Derart beschädigte Kabel sind auch oft an ihrem Reflexionsverhalten zu erkennen. Auch können Fehler beim Auflegen der Kabel auf die Abschlusskomponenten ähnliche Effekte erzeugen und Messungen scheitern lassen.

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