Kritische Infrastrukturen

Eine Frage der richtigen Risikoeinschätzung

26. Juni 2019, 11:00 Uhr | Autor: Reinhard Purzer / Redaktion: Axel Pomper

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Branchen, die besonders gefährdet sind

Wie kritisch sind Unternehmen oder Organisationen verschiedener Branchen anhand dieser Kriterien generell einzuschätzen? Dazu haben Experten bei Vertiv insgesamt 22 Branchen bewertet. Folgende fünf Branchen belegen die Plätze eins bis fünf in Bezug auf die Folgenschwere eines Ausfalls und sollten sich daher besonders gut vor Ausfällen schützen.

Versorgungswesen 
Vom Versorgungswesen hängt alles ab. Die Stromerzeugung und Energieverteilung sind für die meisten anderen Branchen und das tägliche Leben aller unerlässlich. Atomkraftwerke sind als Teil der Branche gesondert zu sehen: Fallen dort die Kontroll- oder Kühlsysteme aus, wissen wir von Tschernobyl und Fukushima nur allzu gut, mit welchen verheerenden und weitreichenden Folgen zu rechnen ist. Wasser wird dringend benötigt – angefangen von Trinkwasser über die Toilettenspülung bis hin zu ganzen Branchen, die ohne Wasser nicht produzieren können wie beispielsweise die Landwirtschaft oder Lebensmittelindustrie. 

Verkehrswesen 
Welches Chaos Ausfälle im Luftverkehr verursachen können, zeigte sich beim Vulkanausbruch in Island 2010, als hunderte Flüge in ganz Nordeuropa nicht starten konnten. Passagiere saßen tagelang fest. Beim Bahn- oder öffentlichen Nahverkehr ist es ähnlich, doch diese Ausfälle sind örtlich begrenzter und unmittelbarer. Im Straßenverkehr kann es beim Ausfall von Ampeln und Verkehrsleitsystemen schnell zu Verkehrschaos und Unfällen kommen. Wichtige Güter wie Lebensmittel oder Kraftstoffe werden nicht mehr verteilt. Das öffentliche Leben gerät aus den Fugen. 

Telekommunikation
Die Branche ist hinsichtlich der finanziellen Folgen, der Bedeutung für die gesellschaftliche Ordnung sowie der Unmittelbarkeit der Auswirkung von Ausfällen und des damit verbundenen Imageschadens als sehr kritisch einzustufen. Die Branche spielt aber nicht nur im Alltag eine zentrale Rolle. Die Kommunikationsfähigkeit ist entscheidend, gerade bei Notfällen wie Naturkatastrophen oder Unfällen.

Öl- und Gasförderung
Ausfälle in der Öl- und Gasförderung sind potenziell immer als katastrophal einzustufen. Back-up-Systeme allein reichen dafür  nicht. Solche Technologien müssen durch ausgeklügelte Notfallpläne und eine disziplinierte Herangehensweise inklusive Schulungen und Tests ergänzt werden.

Cloud- und Colocation-Anbieter
Sie entwickeln sich im Zuge der Digitalisierung zum Dreh- und Angelpunkt der Wirtschaft. Ausfälle können daher weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen, da viele andere Branchen von ihrem Funktionieren abhängig sind.

Sollten Unternehmen zunächst zur eigenen Risikoeinschätzung den oben genannten Kriterienkatalog anwenden, sind sie mit folgendem Rat gut bedient: Aktuelle Standards müssen in die Risikobewertung einbezogen werden, insbesondere die EN 50600, der BSI IT-Grundschutzkatalog oder der European Code of Conduct for Data Centres. Gegebenenfalls ist es ratsam, sich qualifizierte Unterstützung von 
externen Experten zu holen. Denn nur wer das Risiko von Ausfällen richtig einschätzt, kann die passenden Vorkehrungsmaßnahmen treffen. Dafür sollten weder Zeit noch Kosten gescheut werden. 

Reinhard Purzer ist Vice President & Managing Director DACH bei Vertiv    

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Eine Frage der richtigen Risikoeinschätzung
  2. Branchen, die besonders gefährdet sind

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu connect professional

Weitere Artikel zu Viren-/Malware-Schutz

Matchmaker+