Das Thema Energiesparen hat den unangenehmen Beigeschmack des Verzichts: Häufig soll man, um die Umwelt zu schonen, auf etwas verzichten - auf Flugreisen, auf Bequemlichkeit, auf den 90-Grad-Waschgang - und zur Minderung des Klimawandels Zeitaufwand, Mühen und Umwege in Kauf nehmen. Weil im Menschen aber ein kleiner Egoist wohnt, macht er so etwas nicht gern. Dann kommt der kleine Egoist - erfindungs- und fintenreich, wie er ist - auf allerlei Ideen: Verschieben ("Ich kann ja nächste Woche noch…"), Vergessen ("Was wollte ich gleich nächste Woche noch…?"), Verniedlichen ("Das mit dem Klimawandel ist doch nur halb so schlimm. Lasst Palmen wachsen!") oder auch Leugnen ("Das mit dem Klimawandel - da kann doch der Mensch gar nicht dran schuld sein!").
Deshalb habe ich es in meinen Green-IT-Artikeln in der LANline immer befürwortet, wenn die
Verfechter umweltfreundlicher Technik eifrig mit der Finanzkeule zugeschlagen haben: „Stromsparen
ist nicht nur gut für die Umwelt, es senkt auch die Energiekosten.“ Man muss die Zielgruppe eben da
packen, wo man sie erwischt, und das ist oft genug am Geldbeutel – insbesondere wenn man den Blick
auf die Betriebs- und Klimatisierungskosten eines ausgewachsenen Rechenzentrums richtet, denn da
kommt ganz schön was zusammen.
Wie erreicht man nun IT-Anwender, die für das Kostenargument nicht zugänglich sind? Zum Beispiel
Anwender in Unternehmen, die ihren Strombedarf schließlich nicht selbst bezahlen müssen? Hier
helfen, wie ich in zahlreichen Gesprächen mit IT-Anbietern und IT-Verantwortlichen gelernt habe,
keine allgemeinen Appelle, sondern erstens technische Maßnahmen wie zentral vorgegebene
Power-Settings sowie zweitens gezielte Awareness- und Motivationsaktionen. Denn auch ökologisch
uninteressierte Mitarbeiter muss man da packen, wo man sie erwischt: Und das ist oft genug bei der
Gier (nach Lob, Anerkennung, Incentives, Gratifikationen etc.). Erst wenn der richtige Weg einmal
eingeschlagen ist, kann man sich auf den psychologischen Mechanismus der Konsistenz verlassen:
Nimmt sich der Mensch einmal als ökologisch denkendes und handelndes Individuum wahr, neigt er
dazu, dieser Selbstdefinition auch weiterhin treu zu bleiben.
Wie aber geht man mit Privatanwendern um, denen die paar Euro Stromkosten egal sind, und an
denen auch die Green-IT-Debatte spurlos vorübergegangen ist? Mit dieser Frage haben sich der
LANline-Cartoonist
Wolfgang Traub und ich befasst. Das
Ergebnis dieser Überlegungen ist eine Comic-Geschichte, die wir als PowerPoint-Präsentation auf
Slideshare öffentlich zugänglich gemacht haben.
Das Comic zielt auf ökologisch eher uninteressierte Consumer. Es handelt von einer genervten
PC-Benutzerin, die ein paar recht drastisch überzeichnete Stromkonzern-Bonzen dabei belauscht, wie
sie über die dummen PC-User herziehen, die vorhandene Energiesparoptionen nicht nutzen.
Denn wenn bei manchen Anwendern schon das ökologische Gewissen nicht genug Antrieb zum
Energiesparen liefert, dann vielleicht wenigstens der Gedanke: „Diesen Leuten will ich mein Geld
aber nun nicht hinterherschmeißen!“
Das Energiespar-Comic „7 Klicks und 1 OK“ finden Sie
hier. Viel Spaß beim Lesen! Ich freue
mich wie imer über Kommentare und Anregungen.
LANline/
Dr. Wilhelm Greiner