Vor 20 Jahren hat sich die Facility Network Technology, kurz FNT, in Ellwangen (Jagst) gegründet und agiert heute als Anbieter von Softwareprodukten für die Dokumentation und das Management von IT- und TK-Lösungen. Dabei hat sich das rund 220 Mitarbeiter starke und inhabergeführte Unternehmen auf die Industrialisierung von IT-Serviceprozessen und die Bereitstellungsprozesse der dafür notwendigen Ressourcen spezialisiert. funkschau sprach mit Nikolaus Albrecht, dem Geschäftsführer von FNT, über die Industrialisierung sämtlicher IT-Prozesse und die Umsetzung zur IT-Fabrik.
funkschau: Herr Albrecht, Sie haben gerade in Leipzig mit der Network´14 eine große Konferenz unter dem Motto „Die IT-Fabrik – Industrialisierung der IT“ veranstaltet. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Nikolaus Albrecht: Das Schlagwort beschreibt die Automatisierung der IT-Infrastruktur, wobei es vorrangig um die Übertragung der Konzepte und Methoden aus der industriellen Fertigung auf die IT geht. Im Mittelpunkt der Umsetzung einer IT-Fabrik stehen dabei die vier Grundprinzipien der Industrialisierung, also Standardisierung und Automatisierung, kontinuierliche Verbesserung, Modularisierung sowie die Konzentration auf die Kernkompetenzen zur Verringerung der Fertigungstiefe.
funkschau: Wie weit ist die IT-Industrialisierung aus Ihrer Sicht bereits vorangeschritten?
Albrecht: Wir bemerken bei zahlreichen Unternehmen noch einen enormen Nachholbedarf. Denn über viele Jahre hinweg ging es allein darum, dass ihre Unternehmens-IT funktionierte. In diesem Sinne verfolgten die meisten IT-Organisationen einen projektbezogenen Build-to-Order-Ansatz. Dabei wird trotz einer nach außen gelebten Service-Orientierung hinter den Kulissen noch nach dem Manufakturprinzip gearbeitet.
Während einer Diskussion zur IT-Fabrik äußerte sich ein IT-Service-Verantwortlicher aus der Telekommunikationsindustrie folgendermaßen: „Wir betreiben im Geschäftskundenbereich 1.000 Services für genau 1.000 Kunden. Kommt morgen der 1.001 Kunde, wird der 1.001 Service in Betrieb genommen. Jeder Service wird individuell für einen Kunden entworfen. So können wir in Zukunft nicht mehr arbeiten.“
Was nützt also eine definierte IT-Dienstleistung, wenn sie jedes Mal individuell auf die Anforderungen eines Einzelnen entwickelt werden muss? Der Wandel von der Projekt- zur Produktorientierung ist die Grundlage der IT-Industrialisierung. Ohne diesen Wandel bleibt die Umsetzung der IT-Fabrik ein frommer Wunsch.
funkschau: Wie sieht aus Ihrer Sicht der Lösungsansatz für dieses Problem aus?
Albrecht: Vor allem in Bezug auf die Standardisierung der Prozesse wurden in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen und demzufolge konnten dadurch zum Teil deutliche Einsparungen erzielt werden. Insbesondere die Weiterentwicklung und Anwendung von ITIL hat bei der Umsetzung des IT-Service-Managements und der Straffung der IT-Geschäftsprozesse Wirkung gezeigt. Allerdings lag der Fokus dabei vor allem auf den Prozessen, wie Incident-Management, Problem-Management und Change-Management. Der reine Fokus auf die Prozesse ist aber wie ein Gefäß ohne Inhalt. Um das Gefäß optimal zu füllen, müssen auch die angebotenen IT-Produkte klar definiert und standardisiert sein, um sie den Kunden und Endanwendern schnell sowie in großer und wiederholbarer Menge bereitstellen zu können. Standardisierung bedeutet eben nicht nur die Standardisierung der Fertigungsprozesse, sondern auch die Standardisierung der Produkte beziehungsweise des Produkt-Portfolios.
Allerdings stellt dies nur die eine Seite der Medaille dar, denn geliefert und „produziert“ werden die Services auf Basis der zugrundeliegenden Infrastruktur. Die IT-Organisation kann an dieser Stelle nur flexibel reagieren, wenn sie sämtliche verfügbaren Assets genau kennt. Von daher ist eine transparente Sicht auf alle Ebenen der Infrastruktur notwendig – und zwar vom Rechenzentrum inklusive Server und Racks, über die Netzwerke und Verkabelung bis hin zu virtuellen Systemen sowie den klassischen Geschäftsanwendungen. Nur wer alle Informationen in einem zentralen Planungs- und Managementtool vorliegen hat, ist dazu in der Lage, eine IT-Fabrik zu realisieren und die automatisierte Bereitstellung von IT-Services voranzutreiben.
Im Grunde ist es der gleiche Prozess, wie schon lange in der Automobilindustrie bekannt: die Fertigung und die Modell- und Marktplanung von Autos müssen genau aufeinander abgestimmt sein, um effizient, modular und trotzdem flexibel produzieren zu können.