Die Länge der Übertragungsstecke (Channel) ist dabei deutlich kleiner und beträgt je nach Übertragungsklasse nur wenige Meter. In Server-Räumen und Rechenzentren könnten solche Kabellängen innerhalb einer kurzen Schrankreihe ausreichen. Bereits 2018 veröffentlichte ISO/IEC den Anwendungsbericht ISO/IEC TR 11801-9905 als Richtlinie, mit der vorhandene Verkabelungen auf 25-Gigabit-Ethernet-Tauglichkeit überprüft werden können. Der Bericht spezifiziert Formeln zur Berechnung der übertragungstechnischen Parameter und enthält eine Risikobewertung für den Betrieb von 25GBase-T mit Komponenten der Kategorien 6A, 7 und 7A. Während bei Kategorie 7A das Risiko generell als niedrig eingestuft wird, gilt das Risiko bei Komponenten der Kategorie 6A und 7 bereits bei einer Übertragungsstreckenlänge von mehr als zehn Metern als hoch.
Immer wieder dient der Anwendungsbericht als Basis, um neue Verkabelungen mit Komponenten der Kategorie 6A als „25-Gigabit-Ethernet-tauglich“ zu planen und zu installieren. Dabei übersehen die Beteiligten allerdings, dass TR 11801-9905 nur für die Überprüfung einer vorhandenen Verkabelung anzuwenden ist, nicht für eine Neuverkabelung. Für eine Neuverkabelung empfiehlt TR 11081-9905 ausdrücklich Übertragungsstrecken der Klasse I oder II bis 2.000 MHz.
Messtechnische Überprüfung vorhandener Verkabelungsstrecken
Die ISO/IEC TR 11801-9905 spezifiziert die zu prüfenden Parameter der Übertragungsstrecke (Channel) und gibt eine maximale Streckenlänge an, bis zu der 25GBase-T „wahrscheinlich übertragen werden“ kann. Diese sind
bis zu 30 Meter inklusive Patch-Kabel mit Komponenten der Kategorie 7A,
bis zu zwölf Meter inklusive Patch-Kabel mit Komponenten der Kategorie 7 sowie
bis zu zwölf Meter inklusive Patch-Kabel mit Komponenten der Kategorie 6A.
Dabei ist zu beachten, dass ISO/IEC TR 11801-9905 lediglich Spezifikationen für die Übertragungsstrecke (Channel) enthält, nicht für die Installationsstrecke (Permanent Link), was weitreichende Auswirkungen auf die Messung der Verkabelung hat. Messungen auf der Grundlage von TR 11801-9905 müssen als Channel-Messung und somit inklusive Patch-Kabel (Patch Cords) erfolgen. In der Praxis bedeutet dies, dass die Patch-Kabel, mit denen man die Übertragungsstrecke gemessen hat, nach der Messung nicht entfernt werden dürfen, sondern für den Betrieb der Übertragungsstrecke an Ort und Stelle verbleiben müssen. Werden die Patch-Kabel ersetzt, ist neu zu messen werden, da sonst keine verlässliche Aussage nach TR 11801-9905 über die Eignung der Strecke für 25 Gigabit Ethernet möglich ist.
Die Messung der installierten Strecke vom Verteilfeld bis zur Anschlussdose (Permanent Link), wie dies nach Abschluss der Installationsarbeiten allgemein üblich ist, ist nach TR 11801-9905 nicht möglich, da der Anwendungsbericht keine Spezifikationen für die Installationsstrecke enthält.
25 Gigabit Ethernet über mehr als 30 Meter
Übertragungsstrecken, die aus Komponenten der Kategorie 8.1 oder 8.2 (nicht Kategorie 6A!) bestehen und die die Anforderungen der Verkabelungsnormen übertreffen, können 25GBase-T auch über mehr als 30 Meter übertragen, solange die in IEEE 802.3 festgelegten Parameter eingehalten sind. Der Anwendungsbericht ISO/IEC TR 11801-9909:2020 stellt entsprechende Untersuchungsergebnisse vor. Er enthält grundsätzliche Empfehlungen für Stecken von 40 Meter, 50 Meter, 67 Meter und 100 Meter Länge.
Davon entfallen je zwei Meter auf die Patch-Kabel an beiden Enden. Darüber hinaus spezifiziert der Anwendungsbericht die Berechnungsformeln für die Parameter einer Übertragungsstrecke von 50 Meter Länge und einem Frequenzbereich bis 2,000 MHz (nicht nur bis 1.250 MHz!). Der Anwendungsbericht und die darin enthaltenen Spezifikationen sind jedoch nur informativ, nicht normativ.
Zusammenfassung
Normkonforme Verkabelungen basieren auf den Vorgaben der einschlägigen Normen, allen voran ISO/IEC 11801, DIN EN 50173 und ANSI/TIA-568. Alle drei fordern für 25 Gigabit Ethernet 25GBase-T eine Verkabelung mit Komponenten der Kategorie 8/8.1/8.2, die die spezifizierten Parameter über den vollen Frequenzbereich bis einschließlich 2.000 MHz erfüllen.
Der Anwendungsbericht ISO/IEC TR 11801-9905 aus dem Jahr 2018 enthält Richtlinien, mit denen eine Prüfung daraufhin möglich ist, ob eine vorhandene Verkabelung aus Komponenten der Kategorien 6A, 7 oder 7A 25GBase-T mit Einschränkungen übertragen kann. Bei Komponenten der Kategorie 6A ist die Länge der Übertragungsstrecke inklusive Patch-Kabel dabei auf maximal zwölf Meter begrenzt.
Bei Neuverkabelungen empfiehlt ISO/IEC TR 11801-9905 ausdrücklich Übertragungsstrecken der Klasse I oder II bis 2.000 MHz und damit Komponenten der Kategorie 8.1 oder 8.2. Da Klasse II nicht das RJ45-Steckgesicht verwendet und Stecker der Kategorie 8.2 nicht steckkompatibel zu RJ45-Buchsen sind, sind Verkabelungen der Klasse II in der Praxis jedoch äußerst selten.
Dirk Traeger ist Technical Solutions Manager DataVoice bei Telegärtner Karl Gärtner.