Der IT-Dienstleister Noris Network unterhält in Nürnberg eines der modernsten Hochsicherheitsrechenzentren Europas. Die Klimatisierung erfolgt durch die neuartige Kyoto-Cooling-Technik. Neben der hohen Energieeffizienz und den positiven Effekten für die Umwelt ergeben sich daraus aber auch neue Herausforderungen für den Brandschutz.Die Schwerpunkte der 1993 gegründeten Noris Network AG liegen auf Outtasking- und Outsourcing-Dienstleistungen. So übernimmt das Unternehmen für seine Kunden sowohl einzelne IT-Dienstleistungen als auch den Betrieb der kompletten EDV. Gefordert sind daher hundertprozentige Verlässlichkeit und eine besondere Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der IT-Infrastruktur. Für die Klimatisierung des im Jahr 2012 in Betrieb genommenen Rechenzentrums kommt ein Kühlsystem mit Rotationswärmetauscher zur indirekten freien Kühlung durch Außenluft, das so genannte "Kyoto Cooling", zum Einsatz. Das niederländische Unternehmen Kyoto Cooling wurde im Jahr 2006 gegründet. Nach einer umfangreichen Testphase in einem eigens errichteten Versuchsrechenzentrum ist dieses Kühlkonzept seit 2011 auf dem Markt. Beim Kyoto Cooling saugen die Systeme die bis auf 36 °C erwärmte Luft aus dem Rechenzentrum an, und die Luft fließt dann durch ein Wärmerad, in dessen Inneren sich Aluminiumlamellen befinden. Das Aluminium speichert die Abwärme und kühlt die Luft auf etwa 22 °C herunter, die dann wieder in das Rechenzentrum zurückgelangt. Kühle Außenluft fließt im Gegenstrom durch die andere Rotorhälfte, erwärmt sich und gelangt dann wieder nach außen. Kyoto Cooling ist frei skalierbar und dadurch modular einsetzbar. Durch das hohe Maß an Flexibilität kann das leistungsstarke System so besonders energieeffizient und kostensensibel arbeiten. Mittels Kyoto-Kühlung lässt sich der Energieverbrauch für die Kühlung gegenüber konventionellen Systemen nach Angaben des Herstellers um bis zu 85 Prozent verringern. Aufgrund seiner technischen Besonderheiten benötigt das innovative Kühlsystem allerdings eine speziell auf diese Technik zugeschnittene Brandschutzlösung. Kein konventioneller Brandschutz In IT-Zentren kommen standardmäßig zumeist Gaslöschsysteme zum Einsatz. Im Fall des neuen Rechenzentrums von Noris Network stellte die verbaute Kyoto-Kühlung die Planer allerdings vor eine besondere Herausforderung: Während des Betriebs der Anlage bewegen sich riesige Luftmengen durch das Rechenzentrum. Im Fall einer Löschung muss das Kühlrad angehalten und die Kühlung durch ein Ersatzsystem übernommen werden, da sich andernfalls keine löschfähige Konzentration aufbauen lässt. Da durch Abströmverluste am Rotationswärmetauscher das Löschmittel aus dem Rechenzentrum entweicht, sind Verluste durch diese Undichtigkeit zusätzlich auszugleichen, um die erforderliche Löschgaskonzentration oder die notwendige Haltezeit (VdS hat diese Zeit auf zehn Minuten festgesetzt) gewährleisten zu können. Um eine Rückzündung nach der Löschung zu vermeiden, erfordert der Einsatz von Gaslöschsystemen im Brandfall ein Stromlosschalten der betroffenen IT-Infrastruktur. Das oberste Ziel des Brandschutzkonzepts war in dieser Hinsicht hingegen klar definiert: Bei einem Brandfall im IT-Zentrum sollte die Verfügbarkeit der Anlagen weiterhin gewährleistet sein und der Betrieb weiter erfolgen. Zudem sollten die Investition selbst sowie die Server und die auf ihnen gespeicherten Daten bestmöglich vor Brandschäden geschützt sein. Da eine konventionelle Gaslöschanlage den unterbrechungsfreien Betrieb des Rechenzentrums nicht hätte sicherstellen können, war ein alternatives Brandschutzkonzept gefragt. Das Brandschutzkonzept für das neue Rechenzentrum legten die Planer daher für zwei Schutzbereiche mit einem Volumen von insgesamt 16.000 m³ aus. Die Basis bildet dabei ein Titanus-Ansaugrauchmelder zur Brandfrühesterkennung des deutschen Herstellers Wagner. Bereits in der Schwelbrandphase ist durch die Ansaugrauchmelder dieser Gerätefamilie ein Brand detektierbar. Die hauseigene Logic-Sens-Technik unterscheidet dabei Rauchaerosole besonders zuverlässig von Zigarettenqualm, Staub und anderen Fremdpartikeln und ermöglicht so eine fehlalarmsichere Brandfrühesterkennung. Lediglich zwei Gramm stoffliche Brandumsetzung führen selbst bei hohen Luftgeschwindigkeiten - etwa durch eine Klimatisierung - dazu, dass ein Hauptalarm und somit die erste Alarmstufe ausgelöst wird. In diesem Fall ist das Wärmerad des Kyoto-Kühlsystems anzuhalten und ein geschlossenes Ersatzkühlsystem in Betrieb zu nehmen. Im Anschluss senkt die Anlage per Schnellabsenkung durch die Einleitung von Stickstoff aus 70 Gasflaschen innerhalb von rund fünf Minuten den Sauerstoffgehalt des Schutzbereichs von den üblichen 20,9 Volumenprozent auf ein reduziertes Niveau von 16,0 Volumenprozent ab. Das Brandvermeidungssystem Oxyreduct vom selben Hersteller sorgt in der Folge durch weitere kontrollierte Zufuhr von Stickstoff dafür, dass sämtliche Abströmverluste am Rotationswärmetauscher ausgeglichen werden. Die verminderte Sauerstoffkonzentration lässt sich so beliebig lange aufrecht halten. Bereits bei diesem reduzierten Sauerstoffgehalt sprechen Experten von einem deutlich reduzierten Brandverhalten, sodass die meisten in Rechenzentren vorhandenen Feststoffe nicht mehr brennen können. Der besondere Vorteil: Sowohl während der Schnellabsenkung als auch in der nachfolgenden Haltezeit beim Betrieb der Oxyreduct-Anlage ist es nicht erforderlich, die IT stromlos zu schalten. Der Betrieb lässt sich folglich auch im Brandfall aufrecht halten. Zweite Alarmstufe Sollten die Ansaugrauchmeldern nach dem Auslösen der ersten Alarmstufe weiteren Rauch detektieren, löst das System die zweite Alarmstufe aus. Dabei reduziert es die Sauerstoffkonzentration innerhalb des Rechenzentrums durch Einleitung zusätzlichen Stickstoffs aus Flaschen weiter bis auf 13,5 Volumenprozent. Auch dieses Schutzniveau lässt sich durch die Oxyreduct-Brandvermeidungsanlage beliebig lange halten. Die Ausbreitung eines Brandes ist in der so geschaffenen Schutzatmosphäre sicher unter-bunden. Funktionserhalt im Brandfall Die Kombination von Titanus-Ansaugrauchmeldern mit dem eingesetzten Brandvermeidungssystem sowie einer Schnellabsenkung mittels Stickstoff aus Flaschen bietet besonders beim Einsatz in IT-Bereichen deutliche Vorteile gegenüber konventionellen Brandschutzlösungen. Um ein Rückzünden nach einer erfolgreichen Löschung zu vermeiden, ist bei herkömmlichen Brandschutzsystemen in der Regel während der nachfolgenden Haltezeit die IT stromlos zu schalten. Die Verfügbarkeit der IT-Infrastruktur ist somit unabhängig von entstandenen Brandschäden in jedem Fall für einen längeren Zeitraum unterbrochen. Vorteil durch Schnellabsenkung Der Einsatz der Oxyreduct-Technik soll in diesem Punkt einen deutlichen Vorteil verbuchen: Durch die Schnellabsenkung des Sauerstoffgehalts mittels Stickstoff und das beliebige Halten der reduzierten Konzentration ist ein Stromlosschalten der IT nicht notwendig. Damit ist der Weiterbetrieb und damit der Erhalt der Daten und die Verfügbarkeit der IT-Infrastruktur auch bei Aktivierung der Brandschutzanlage im Ereignisfall sichergestellt, und Reputationsschäden durch Ausfälle bleiben aus.
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