IDTechEx: Ändert Flüssigkeitskühlung das Wärme-Management im RZ?

Luft- vs. Flüssigkeitskühlung

28. Juni 2023, 7:00 Uhr | Yulin Wang/jos
© Wolfgang Traub

In den letzten 16 Jahren hat sich die thermische Entwurfsleistung (TDP) von GPUs vervierfacht. Mit der steigenden Nachfrage nach KI, Cloud Computing und Krypto-Mining erwartet IDTechEx, dass der Stromverbrauch von Server-Platinen und Rechenzentren weiter steigen wird. Da sich das Leben nach dem Ende der COVID-Pandemie allmählich wieder normalisiert, hat IDTechEx eine erhebliche Expansion in der Rechenzentrumsbranche beobachtet.

Der Finanzbericht von AMD für das vierte Quartal 2022 zeigt beispielsweise einen Anstieg des Umsatzes in seinem Rechenzentrumssegment um 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was auf ein schnelles Marktwachstum hindeutet. In dem Maße, wie die Rechenzentrumsbranche floriert, erwarten Fachleute auch für den Bereich Wärme-Management für Rechenzentren ein erhebliches Wachstum. IDTechEx prognostiziert, dass bis zum Jahr 2033 der weltweite Jahresumsatz mit Flüssigkeitskühlungshardware für Rechenzentren 900 Millionen Dollar übersteigen wird, was eine große Chance für Unternehmen darstellt.

IDTechEx hat vor Kurzem einen Bericht mit dem Titel „Wärme-Management für Rechenzentren 2023-2033“ veröffentlicht, der sich mit der Einführung von Flüssigkeitskühlungstechnologien befasst, darunter Direct-to-Chip-Kühlung, Immersionskühlung, Einphasen- und Zweiphasenkühlung, Kühlmittel, Vorschriften, Kühlmittelverteilungseinheiten (Coolant Distribution Units, CDUs) und viele andere Schlüsseltechniken. 

Das Wärme-Management in Rechenzentren lässt sich grob in zwei Typen einteilen, die auf dem Kühlmedium basieren: Flüssigkeitskühlung und Luftkühlung. Während die Flüssigkeitskühlung in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen hat, ist die Luftkühlung nach wie vor die traditionelle und am weitesten verbreitete Methode, die mehrere Vorteile bietet:

  • Benutzerfreundlichkeit: Luftkühlungslösungen sind relativ einfach zu installieren und zu bedienen. Sie erfordern in der Regel den Einsatz von Lüftern oder Kühlkörpern, um die Wärme von den Komponenten abzuleiten, was sie leicht zugänglich und benutzerfreundlich macht. Die Vertrautheit und Einfachheit von Luftkühlungssystemen machen sie für die Betreiber von Rechenzentren bequem.
  • Bewährter Erfolg: Die Luftkühlung kann auf eine lange Erfolgsgeschichte im Wärme-Management von Rechenzentren zurückblicken. Viele Endnutzer von Rechenzentren haben erhebliche Ressourcen in den Aufbau und die Optimierung von luftgekühlten Infrastrukturen investiert. 
  • Flüssigkeitsfreier Betrieb: Im Gegensatz zu Lösungen, die auf Kühlmittel und Flüssigkeitszirkulation beruhen, sind bei der Luftkühlung keine flüssigkeitsbezogenen Komponenten und Infrastrukturen erforderlich. Dadurch werden Risiken wie Leckagen, Pumpenausfälle oder Kühlmittelverdampfung vermieden. Das Fehlen von Flüssigkeiten in Luftkühlsystemen vereinfacht die Wartung und verringert die Wahrscheinlichkeit von Fehlfunktionen oder Betriebsunterbrechungen.

Trotz der Vorteile der Luftkühlung ist diese aufgrund ihrer geringen spezifischen Wärmekapazität nur bedingt geeignet, den wachsenden Kühlbedarf moderner Rechenzentren zu decken. Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat sich die Flüssigkeitskühlung als praktikable Lösung erwiesen. Die Flüssigkeitskühlung macht sich die höhere spezifische Wärmekapazität von Flüssigkeiten zunutze, wodurch sie die Wärme effizienter ableiten kann. Es gibt zwei gängige Arten der Flüssigkeitskühlung: Kühlung direkt auf dem Chip (Cold Plate) und Tauchkühlung.

Bei der Kühlplattenkühlung wird eine Kühlplatte direkt auf Wärmequellen wie CPUs und GPUs mit einer Schicht aus thermischem Schnittstellenmaterial (TIM) dazwischen montiert. Das Kühlmittel in der Kühlplattenkammer absorbiert und leitet die Wärme von den Komponenten ab. Bei der Tauchkühlung hingegen werden die Wärmequellen in eine Kühlflüssigkeit getaucht, was einen direkten Kontakt und eine effiziente Wärmeableitung ermöglicht.

Die Zusammenarbeit zwischen Server-Lieferanten und Kühlplattenherstellern hat die Einführung der Kühlplattenkühlung beschleunigt. Integrierte Lösungen (Server mit eingebauten Kühlplatten) werden den Endnutzern direkt angeboten. Obwohl die direkte Kühlung von Chips eine hervorragende Leistung gezeigt hat, war die begrenzte Erfahrung der Endbenutzer bei der Integration von Kühlplatten in ihre Standard-Server ein Faktor, der die Akzeptanz einschränkte.

Ein Beispiel für eine solche Zusammenarbeit ist die Partnerschaft zwischen CoolIT Systems und Intel zur Entwicklung von Direct-to-Chip-Kühllösungen, die speziell auf die Intel-Xeon-Scalable-CPUs zugeschnitten sind. Durch die Nutzung von Kooperationen und integrierten Lösungen profitieren Endanwender von der Kühlung durch Kühlplatten, einschließlich verbesserter Effizienz und geringerer Teilleistungseffizienz (pPUE), ohne dass die Integration kompliziert ist. 

Eine weitere aufkommende Technik zur Flüssigkeitskühlung ist die Tauchkühlung, die eine hervorragende Wärmeableitung bietet und pPUEs von nur 1,01 aufweist. Es gibt jedoch einige Bedenken, die die breite Einführung der Tauchkühlung eingeschränkt haben:

  • Komplexität: Die Eintauchkühlung erfordert erhebliche Änderungen an bestehenden Serverplatinen. Da die Server direkt in die Kühlflüssigkeit eingetaucht werden, müssen Faktoren wie die Materialverträglichkeit zwischen den Servern und den Kühlflüssigkeiten berücksichtigt werden, was den Implementierungsprozess komplexer macht und zusätzliche Kosten verursacht.
  • Mangelndes Fachwissen: Die Immersionskühlung steckt noch in den Kinderschuhen, und dem Markt fehlt es an ausreichendem Fachwissen und Erfahrung bei der Einführung und Verwaltung dieser Technologie.
  • Hohe Anschaffungs- und Wartungskosten: Die Umrüstung bestehender luftgekühlter Rechenzentren auf Immersionskühlung kann teuer sein. Die Immersionskühlung hat auch die höchsten Anfangsinvestitionen (CAPEX) in Bezug auf die Kosten pro Watt. Darüber hinaus können auch die laufenden Wartungs- und Betriebskosten im Vergleich zu anderen Kühlmethoden höher sein. Aufgrund der effizienten Wärmeableitung und der langfristigen Energieeinsparungen ist die Tauchkühlung für die Benutzer von Rechenzentren jedoch kosteneffektiv. 
  • Begrenzte Nachfrage: Obwohl der Energiebedarf von Rechenzentren gestiegen ist, ist IDTechEx der Ansicht, dass eine Kombination aus Luftkühlung und direkter Chipkühlung kurz- bis mittelfristig den Kühlungsbedarf für die wichtigsten Anwendungen ausreichend decken kann. Der dringende Bedarf an Eintauchkühlung ist derzeit auf dem Markt nicht vorherrschend.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Nachfrage nach höheren Kühlkapazitäten das schnelle Wachstum der Flüssigkeitskühlung vorantreibt, insbesondere in Form von Direct-to-Chip-/Kühlplattenkühlung. Dieses Wachstum bietet zahlreiche Möglichkeiten für Server-Hersteller, Betreiber von Rechenzentren, Lieferanten von Kühlflüssigkeiten und Lieferanten von Kühlmittelverteilungseinheiten (CDU)/Pumpen. Andererseits wird erwartet, dass die Immersionskühlung zunächst von großen Unternehmen wie Microsoft und Meta übernommen wird. Aufgrund von Faktoren wie hohen Kosten, begrenztem Fachwissen und Wartungsanforderungen kann die breite Einführung jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen in der Lieferkette für Immersionskühlung in Rechenzentren wird für eine breitere Einführung entscheidend sein. Dennoch bietet die Immersionskühlung bedeutende Möglichkeiten für verschiedene Unternehmen, wie etwa Kühlmittellieferanten.

Yulin Wang ist Technologie-Analyst bei IDTechEx.

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