HPC, Abwärme und KI

„Liquid Cooling wird unumgänglich werden“

9. August 2023, 10:23 Uhr | Interview: Lukas Steiglechner
Georg Klauser, Geschäftsführer von Boston Server & Storage Solutions: „Bei der Abwärmenutzung entstehen neue Aufgaben. Die Betreiber haben plötzlich noch ein weiteres Geschäftsfeld: Energie. Sie werden Energieproduzent.“
© Boston Server & Storage Solutions GmbH

Künstliche Intelligenz, Abwärmenutzung oder neue Kühlungsmethoden verändern die Anforderungen an Rechenzentren. Im Interview mit connect professional gibt Georg Klauser, unter anderem einen Einblick, warum Liquid Cooling im Rechenzentrum die Zukunft ist.

connect professional: Künstliche Intelligenz entwickelt sich aktuell rasant. Die neue Technologie wird voraussichtlich jede Branche verändern. Wie macht sich das bei Boston bemerkbar?

Georg Klauser: Wir merken das stark in der Art der Anfragen und im Endeffekt auch durch ganz neue Kunden. Es gibt neue Felder mit neuen Systemanforderungen. Und je nach Spektrum sind die Anforderungen extrem.

connect professional: Inwiefern extrem?

Klauser: Die Hardware muss außerordentlich leistungsfähig sein, um bestimmte Workloads und Prozesse durchzuführen. Das hat wiederum eine neue Art der Kühlung zur Folge. Luftkühlung wird künftig nicht mehr ausreichen. Stattdessen werden wir Flüssigkeitskühlung benötigen. Auch die erhöhte Energieanforderung bemerken wir, gemeinsam mit der steigenden Gesamtkomplexität in den Systemen. Wir arbeiten mit wesentlich mehr Level-12-Integrationen – also komplette Racks, bestückt, betankt, verkabelt. Gerade weil viele neue Player auf den Markt kommen. Viele Start-ups. Die wollen mit der Infrastruktur gar nicht so viel zu tun haben, sondern wollen nur, dass es weit weg im Datacenter funktioniert.

connect professional: Durch Künstliche Intelligenz wachsen aber auch Datenmassen rapide an. Rechenleistung steigt ebenso. Wie lässt sich das mit den neuen Anforderungen an die Nachhaltigkeit vereinbaren?

Klauser: Es ist natürlich kontrovers. Immer schnellere Plattformen, mehr Energieverbrauch, und gleichzeitig spricht man von besserer Energieeffizienz. Nur: Diesen Prozess, dass alles immer schneller wird, werden wir nicht mehr aufhalten können.

connect professional: Wieso nicht?

Klauser: Eben weil wir in diesem Prozess der Digitalisierung sind. Es werden konstant neue Bereiche weiter digitalisiert und das können wir nicht vermeiden. Wir können allerdings versuchen, den Prozess so energiesparend wie möglich zu gestalten.

connect professional: Was sind hierfür die besten Stellschrauben?

Klauser: Einer der größten Hebel ist die Abwärme. Darin steckt ein Riesenpotenzial, da nach wie vor der allergrößte Teil der Abwärme in die Luft verschwindet. Das ist die maximal ineffektivste Nutzung. Denn es gibt zahlreiche Verwendungszwecke: von Warmwasseraufbereitung bis Fernwärmenetze. Auch die Versorgung öffentlicher Einrichtungen ist hierbei sinnvoll. Krankenhäuser haben einen immensen Verbrauch von Warmwasser. Die Abwärme hierfür zu nutzen – wo ansonsten auch wieder Energie investiert werden müsste –, ist ein gigantisches Optimierungspotenzial.

connect professional: Arbeiten Sie bei Boston denn schon aktiv mit Technologie zur Abwärmenutzung? Oder befinden Sie sich noch in der Findungsphase?

Klauser: Es gibt schon erste Projekte und Referenzen. Das befindet sich aber noch am Anfang. Das Ziel der Reise ist, dass aus der Abwärme wieder neue Energie produziert wird. Beispielsweise Abwärmenutzung für die Produktion von grünem Wasserstoff, der wiederum in anderen Industriezweigen zum Einsatz kommt. Das ist unsere Vision für die nächsten zehn bis 15 Jahre.

connect professional: Was könnte hier zur Hürde für die Betreiber werden?

Klauser: Bei der Abwärmenutzung entstehen plötzlich neue Aufgaben. Die Betreiber haben neben ihrer herkömmlichen Tätigkeit – technische Rechenzentrumsfläche oder Cloud Services oder Managed Services zur Verfügung stellen – noch ein weiteres Geschäftsfeld: Energie. Sie sind plötzlich Energieproduzent und müssen sich entweder selbst oder mit einem Partner um diesen Bereich kümmern. Das muss man allerdings zunächst aufbauen

connect professional: Zu Beginn des Gesprächs meinten Sie, Flüssigkeitskühlung würde die Luftkühlung ablösen? Wie sieht das konkret bei Boston aus?

Klauser: Wir beschäftigen uns bereits seit zwölf Jahren mit dem Thema Liquid Cooling. Dieses Thema läuft allerdings gerade erst an und erste Projekte entstehen. Ein Showstopper ist einfach, dass die meisten Rechenzentren noch nicht darauf vorbereitet sind. Wir versuchen da Eigenleistung reinzubringen. Unser Partner 2CRSi hat ein Unternehmen namens Green Data, das technische Rechenzentrumsfläche explizit für Liquid Cooling optimiert hat. Es ist also vorbereitet auf Wasserkühlung, Direct Contact Liquid Cooling und auch auf Immersion Cooling.

connect professional: Immersion Cooling ist zwar oft im Gespräch, aber in der Praxis kaum verbreitet. Schließlich ist es in der Umsetzung wesentlich komplexer, oder?

Klauser: Es ist nicht einfach, aber wir müssen uns darauf vorbereiten, weil es unumgänglich wird.

connect professional: Und wann wird Immersion Cooling dann die anderen Liquid-Cooling-Methoden ablösen?

Klauser: Nie. Die eine Technologie ersetzt nicht die andere. Aus unserer Sicht sind sie vielmehr parallel zu betrachten. Wir bauen passgenaue Lösungen und arbeiten deshalb je nach Anwendungsfall. Dabei braucht es andere Technologien je nach Bedarf.

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