Microsofts Bemühungen, das bereits von der Ecma standardisierte Dokumenten-Format Open XML (OXML) zur ISO-Norm zu erheben scheinen jetzt doch noch Erfolg zu haben. Mit einem 2300-Seiten-Papier, sowie weiteren Änderungen und Garantien konnte die Softwareschmiede die Bedenken vieler Länder und sogar die der Konkurrenz aus dem Weg räumen.
Ende März ist die Stunde der Wahrheit für Microsofts Anstrengungen, OXML zum ISO-Standard zu
machen. Nach dem der erste Versuch im September vergangenen Jahres gescheitert ist, soll in einem
zweiten Anlauf die erforderliche Dreiviertel-Mehrheit erreicht werden.
Über 3000 Kommentare, Bedenken und Fragen sind seit der letzten Abstimmung bei dem zuständigen
JTC1-Kommitee eingegangen, und für deren Beantwortung hatte Microsoft bis zum vergangenen Sonntag
Zeit. Diese Antwort ist termingerecht eingereicht und umfasst stolze 2300 Seiten. Darin erläutern
die Redmonder welche Änderungen sie aufgrund der Bedenken vorgenommen haben oder erklären sehr
detailliert, warum ein bestimmter Einwand unzutreffend ist. Die meisten Bedenken bezogen sich auf
das Datumsformat, auf Ländernamen, Passwort-Hashing, Kompatibilität und Accessibility. "Wir sind
Niemandem eine Antwort schuldig geblieben", sagt Jean Paoli, der Microsoft in der Ecma vertritt,
die das OXML-Format bereits mit der TC45 standardisiert hat.
– Windows IT Pro:
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/wip/article.html?thes=&art=/aktuell/050907-Open_XML.html">Nach
ISO-Schlappe muss Microsoft um Vertrauen werben
–
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/article.html?thes=&art=/articles/2007028/31144749_ha_CZ.html">Massachusetts
erklärt Open XML zum "offenen Standard"
Microsoft bemüht sich bereits seit Jahren, für OXML die ISO-Standard-Zertifizierung zu erhalten.
Hintergrund dafür ist vor allem, dass viele US-Staaten und nationale Regierungen Microsoft zu
diesem Schritt aufgefordert haben. "Regierungen und die damit verbundenen Einrichtungen machen
einen großen Anteil bei den IT-Ausgaben eines Landes aus. Eine Entscheidung für oder gegen ein
Format kann erhebliche Auswirkungen auf die Lieferantensituation haben", sagt Tom Robertson,
verantwortlich bei Microsoft für Interoperabilität und Standards.
Das konkurrierende Format zu Microsofts OXML ist das Open-Document-Format (ODF), das besonders
von IBM unterstützt wird. "ODF leistet bei weitem nicht so viel, wie OXML. Doch was noch wesentlich
gravierender ist, ist die Tatsache, dass es keine Rücksicht auf die Kompatibilität zu früheren
Office-Formaten nimmt", sagt Gray Knowlton, Chef der Office-Produkte. Gerade die Kompatibilität zu
allen Word-, Excel- und Powerpoint-Dateien sei ein weiterer Grund, warum viele Office-Kunden ein
anderes XML-Format fordern als ODF.
Einer der vielen Kritikpunkte an OXML besagt, dass Produkte, die diesen Standard benutzen, auf
Microsoft-Patente zugreifen müssen, doch dem widerspricht Microsoft aufs Schärfste. So habe man
schon beim Antrag auf die Standardisierung bei den entsprechenden Fragen klar gesagt, dass die
Nutzung von OXML frei von jeglichen Lizenzgebühren sei, und diese Zusicherung sei fest mit der
Gültigkeit der Zertifizierung verknüpft.
Darüber hinaus habe man ein "Open Specification Promise" und eine verbindliche "Not to Sue"
(NTS) Deklaration abgegeben. "Ich bin kein Anwalt, doch weder Ecma, noch ISO, noch die Partner, die
inzwischen das OXML-Format nutzen, haben hierzu Bedenken vorgetragen", meint Paoli.
Unter den Partnern, die bereits OXML bei ihren Produkten als Standard einsetzen, befinden sich
auch viele Microsoft-Konkurrenten, wie beispielsweise Apple (Mac OS X Leopard), Adobe (Indesign),
Novell (Suse Open-Office), Google (Search) und Corel (Word-Perfect). "Alle modernen
Mobil-Plattformen setzen ebenfalls OXML als Standard ein", ergänzt Paoli und verweist dabei stolz
auf Apples Iphone, Palm, Symbian und natürlich Windows Mobile.
Die meisten Analysten haben gegenüber einer ISO-Zertifizierung von OXML keine Bedenken mehr – im
Gegenteil. "Vom technologischen Standpunkt aus gesehen, gibt es derzeit nichts besseres und
offeneres als das OXML-Format", sagt Peter O?Kelly von der Burton Group. Seiner Ansicht nach hat
IBM den politischen Streit um OXML nur deshalb vom Zaun gebrochen, um selbst Exklusivlieferant von
Behörden und Ministerien zu werden. "Es gibt vielleicht Ausnahmen, wo ODF sinnvoller ist, aber im
Gegensatz zu IBM fordert Microsoft ja keine Exklusivität, sondern nur einen Gleichstand zum bereits
ISO-zertifizierten ODF. Damit kann dann jeder Anwender selbst entscheiden welches Format er wann
nutzen will", lautet seine Zusammenfassung der Situation.
O?Kelly geht in seinem Bericht auch auf die Vorfälle im Vorfeld der letzten Abstimmung ein.
Schweden hatte damals seine Stimme wieder zurück gezogen, nach dem es zuvor zu Bestechungen
gekommen war. "Wo Microsoft-Mitarbeiter die Grundsätze der Firmenpolitik verstoßen haben, wurden
harte Konsequenzen gezogen. Solche Ausnahmen lassen sich nicht als Regelfall einstufen", sagt er
über diese Vorfälle.
Harald Weiss/CZ/pk