Optische Messtechnik für LAN-Verkabelungen
Ob und wie gut ein Glasfasernetz funktioniert und ob die Verkabelung auch den hohen Bandbreiten in der Praxis gewachsen ist, kann nur spezielle Messtechnik zeigen und nachweisen. Am Beispiel eines Multifunktions-OTDRs lassen sich die relevanten Details gut verdeutlichen.
In Unternehmensnetzen werden Glasfaserkabel aus vielerlei Gründen vermehrt eingesetzt: In erster
Linie natürlich dann, wenn hohe Datenraten oder große Bandbreiten benötigt werden. Darüber hinaus
entfallen die bei Kupferverkabelungen stets vorhandenen Isolations- und Erdungsprobleme, die sich
beispielsweise in hohen Mantelströmen auf den Abschirmungen äußern können. Nicht zuletzt liegen
Glasfaserverkabelungen auch im Trend der "Green IT", da sich wegen des geringeren Stromverbrauchs
der Komponenten eine deutlich verbesserte Energiebilanz der Systeme erreichen lässt. Ob und wie gut
das Glasfasernetz funktioniert und ob die Verkabelung auch den hohen Bandbreiten in der Praxis
gewachsen ist, kann nur spezielle Messtechnik zeigen und nachweisen. Dies sprach bisher aber auch
gegen den Einsatz von Glasfasern, da die Messgeräte für Kupferverkabelungen für den Installateur
einfacher zu verstehen und zu bedienen sowie preislich attraktiver waren.
Mittlerweile stehen jedoch eine Reihe von handlichen und preisgünstigen Messgeräten für den
Feldeinsatz bei Glasfaserstrecken zur Verfügung: Sie reichen vom einfachen "Visual Fault Locator"
(VFL) - einer sichtbaren Lichtquelle zum visuellen Aufspüren grober Verkabelungsfehler - über
Dämpfungsmesskits und Zertifizierer bis hin zur "Königsklasse", den OTDRs (Optische
Reflektometer).
Daneben sind Durchsicht- oder besser Videomikroskope nötig, um die empfindlichen Faserenden bei
Steckverbindungen auf Staubpartikel und andere Verschmutzungen zu untersuchen. Bild 1 zeigt
exemplarisch das AXS-110 Multifunktions-OTDR der Firma Exfo (Vertrieb über Psiber Data), das ein
OTDR, einen Dämpfungsmesser, die visuelle Fehlerortung sowie ein Videomikroskop in einem Gerät
vereint. Der folgende Text fasst die grundlegenden Anforderungen an eine LAN-Glasfaser-Verkabelung
zusammen und erklärt anschließend die dazu erforderliche Messtechnik näher.
Wie eine strukturierte Gebäudeverkabelung und somit auch die Glasfaserstrecken auszusehen haben,
ist in der europäischen Verkabelungsnorm EN 50173 und dem internationalen Pendant ISO/IEC 11801
geregelt. Diese Standards teilen die Verkabelung in drei Bereiche auf (Bild 2): den Campus-Backbone
für die Anbindung von Gebäuden, den Building-Backbone für die Verbindung einzelner Etagen in einem
Gebäude und die Tertiärverkabelung für die Anbindung der eigentlichen Arbeitsstationen.
Strukturierte Gebäudeverkabelung
Während die Tertiärverkabelung in der Regel mit Kupferkabeln realisiert ist, kommen im Building-
und Campus-Backbone heute meist Glasfaserkabel zum Einsatz. Zur Auswahl stehen grundsätzlich
Multimode- und Singlemode-Glasfaserkabel. Beide Faserarten haben einen Außendurchmesser von 125 µm,
unterscheiden sich jedoch grundlegend im Licht leitenden Faserkern. Der Innendurchmesser einer
Singlemode-Faser liegt bei 8 bis 9 µm - also in der Größenordnung einer Lichtwellenlänge (rund 1µm)
- während die Multimode-Fasern einen Kerndurchmesser von 50 µm in Europa und von 62,5 µm in USA
haben.
Da aktive Multimode-Komponenten deutlich preisgünstiger sind, kommen für eine Gebäudeverkabelung
vorzugsweise Multimode-Glasfaserkabel zum Einsatz. Singlemode-Kabel werden hingegen für lange
Strecken wie beispielsweise bei Telekom- oder auch Transatlantikübertragungen verwendet. Der
Nachteil von Multimode-Kabeln ist, dass sie im Vergleich zu den Singlemode-Kabeln hinsichtlich der
maximalen Länge und der zu erzielenden Bandbreite eingeschränkt sind.
Dies liegt nicht wie vielleicht zu erwarten an der höheren Dämpfung, sondern in der Natur der
Übertragung des Lichts innerhalb dieser Fasern. Anders als in Singlemode-Fasern breitet sich das
Licht in einer Multimode-Faser auf mehreren Wegen (Moden) aus. Da nicht alle Wege gleich lang sind,
kommen Teile eines Lichtpulses zeitlich versetzt am anderen Ende an. Den dadurch hervorgerufenen
Signalverschliff nennt man Dispersion, in diesem Fall speziell Modendispersion. Die Dispersion ist
abhängig von der Güte der Faser und von der Streckenlänge: Je länger die Strecke, desto höher die
Dispersion und desto geringer die zu erreichende Bandbreite.
Im Standard EN 50173 sind drei verschiedene Faserarten für Multimode spezifiziert (OM1 bis OM3).
Die modernere OM3-Faser bietet speziell im Bereich von 850 nm Lichtwellenlänge die höchste
Bandbreite. In der Praxis bedeutet dies, dass 10-GBit/s-Netzwerke über OM3-Fasern bis zu einer
Entfernung von 200 m realisiert werden können. 40 Gbit/s-Strecken sind entsprechend kürzer.
Während die Dispersion weniger von der Installation der Glasfaser, sondern vielmehr von der
Fertigung beeinflusst wird, hat die Verlegung der Glasfaser einen direkten Einfluss auf die
Dämpfung der Strecke und somit deren Qualität. Grundsätzlich ergibt sich die Streckendämpfung aus
der Dämpfung der eigentlichen Faser (dB/km), der Anzahl der Spleiße und der Steckverbinder. Dazu
sind Grenzwerte definiert, die es einzuhalten gilt.
Wird eine Glasfaser zu stark gebogen, führt diese Biegung zu einer zusätzlichen Dämpfung oder
gar zu einer Beschädigung der Faser. Daher ist es unerlässlich, die vorgeschriebenen Biegeradien
bei der Installation der Glasfaser einzuhalten und nicht zu unterschreiten. Eine weitere Ursache
von hohen Dämpfungen können aber auch schlechte sowie verschmutzte Steckverbinder sein. Dort können
unter anderem auch starke Reflexionen des Lichts entstehen, die später die Datenübertragung
stören.
Nach jeder Installation, aber auch im Fehlerfall empfiehlt es sich, eine Messung mittels OTDR
(Optical Time Domain Reflectometer, optisches Zeitbereichsreflektometer) durchzuführen. Der Aufbau
eines solchen Geräts, die praktische Messung sowie die Darstellung der Messergebnisse sind in Bild
3 schematisch gezeigt. Dabei wird ein Laserpuls von typisch wenigen Nanosekunden Dauer in die
Glasfaser eingekoppelt und die Intensität des zurückgestreuten Lichts über der jeweiligen Laufzeit
des Lichtes mit dem optischen Detektor aufgenommen. Ein OTDR funktioniert somit ganz analog einem
Radargerät - mit dem Unterschied, dass man keine Flugzeuge ortet, sondern aus der
Rückstreuintensität den Ort und Verlust von Störungen (Ereignisse) auf der Strecke bestimmt. Aus
der Intensität des diffus rückgestreuten Lichtes lässt sich auch die Dämpfung der Glasfaser selbst
bestimmen.
Das bereits erwähnte Multifunktions-OTDR AXS-110 ist beispielsweise sowohl für Multimode- als
auch für Singlemode-Glasfaserkabel einsetzbar. Dabei werden für Multimode die Wellenlängen 850/1300
nm und für Singlemode die Wellenlängen 1310/1550 nm verwendet. Eine typische Messung dauert etwa
zehn bis 30 Sekunden, abhängig davon, ob bei mehreren Wellenlängen zu messen ist und welche
Mittelungsverfahren gelten. Anschließend erkennt das Gerät dann selbstständig alle Ereignisse auf
der Glasfaserstrecke.
Schlechte Steckverbinder, zu kleine Biegeradien treten somit automatisch hervor und lassen sich
kennzeichnen. Durch die Verwendung eines sehr kurzen Laserpulses arbeitet das Gerät mit einer
besonders kleinen Totzone, was die Auflösung selbst kurz aufeinander folgender Ereignisse - also
direkt benachbarter Störungen - ermöglicht.
Zusätzlich verfügt es über einen Pegelmesser, mit dem Dämpfungen noch genauer bestimmt werden
können.
Sollte die Glasfaser gar gebrochen sein, lässt sich bei Bedarf mithilfe des eingebauten "Visual
Fault Locators" die Bruchstelle durch einfache visuelle Beobachtung entdecken. Dabei sendet das
Gerät einen mit dem Auge sichtbaren Laserstrahl mit 630 nm Wellenlänge (tiefrot) in das Kabel, das
an Störstellen auch durch den Mantel gut sichtbar ist.
Faserenden sind empfindlich gegenüber Verschmutzung
Schließlich sind die Faserenden bei Steckverbindungen empfindlich gegenüber Verschmutzung und
sollten daher vor jedem Steckvorgang überprüft werden. Das AXS-110 verfügt dazu über einen
Anschluss für optische Videomikroskope, mit dem sich die Faseroberflächen von Patch-Kabeln und in
Patch-Panels direkt auf dem Bildschirm des Geräts betrachten und inspizieren lassen. Die
Mikroskopbilder können zur Dokumentation zusammen mit allen anderen Messwerten abgespeichert
werden. Die mitgelieferte Auswertesoftware erstellt aus diesen Daten schließlich aussagekräftige
Berichte, die der Systemabnahme und als Basis für die Gewährleistung dienen können.
Fazit: OTDR-Messung liefert umfassendes Bild
Glasfaserverkabelungen bilden das Rückgrat unternehmensweiter Vernetzung und müssen daher vor
ihrer Inbetriebnahme ausreichend geprüft werden. Dafür stehen heute preisgünstige Handmessgeräte
zur Verfügung, die alle notwendigen Feldmessungen unterstützen.
Weiterhin gilt: Erst die OTDR-Messung zusammen mit der Messung der Dämpfung und einer Kontrolle
der Steckeroberflächen geben dem Betreiber ein umfassendes Bild über die Qualität seiner
Glasfaserinstallation.
Info: Psiber Data Tel.: 089/89136060 Web: www.psiber-data.com