Schon vor zwei Jahren standen Software Defined Networks angeblich vor dem Durchbruch. Doch von dem ursprünglichen Openflow-basierten Ansatz ist in der Praxis wenig zu sehen. Dabei hat sich das Konzept schon jetzt deutlich weiterentwickelt: SDN ist out, SDx ist in.
In den vergangenen beiden Jahren stand der Ansatz SDN (Software Defined Networks) im viel zitierten Gartner-Hype-Cycle ganz oben. Doch nun folgt der Realitätscheck. Schließlich sind seit einem Jahr die ersten einsatzfähigen Produkte am Markt erhältlich. Entsprechend überprüfen verschiedene Unternehmen die Technologie anhand von Test-Installationen auf ihre Funktionalität.
Die nächste Stufe der Evaluierung, die Proof of Concept-Phase, ist dagegen noch selten anzutreffen. Hier sollen konkrete Einsatzszenarien den Nutzen der Technologie aufzeigen. Dieser Ansatz ist vor allem bei der Automatisierung von Rechenzentren anzutreffen. Dabei stehen Netzwerkservices wie Routing, Loadbalancing oder Firewalling im Vordergrund. Diese sollen per SDN in die bestehenden Automatisierungs- und Virtualisierungsarchitekturen integriert werden. Hierfür stehen verschiedene Lösungen zur Verfügung, etwa von Cisco, HP, Microsoft, Vmware sowie auf Openstack basierende Ansätze der Community, die etwa von Red Hat oder IBM für den Unternehmenseinsatz optimiert wurden.
Bei den Proof of Concepts werden in der Regel zwei bis drei Lösungen verschiedener Hersteller anhand eines spezifischen Ziel-Szenarios in einer eigenen Umgebung getestet. Dabei leisten meist externe Dienstleister Hilfestellung. Dies erfolgt über Beratung, Konzeption oder praktische Produkt-Demonstrationen in einem Solu-tion-Center bis hin zur Entwicklung und Installation der Testumgebung beim Kunden. Damit werden vor allem die Schnittstellen und Technologien sowie der konkrete Geschäftsnutzen geprüft. Die größte Herausforderung liegt hier in der oftmals sehr heterogenen Herstellerlandschaft der installierten Infrastruktur. So können Unternehmen nur mit hohem Aufwand herausfinden, welche SDN-Lösung im Einzelfall für sie optimal ist.
Komplexe Einsatzszenarien von SDN im Campus
Während im Rechenzentrum die SDN-Technologie zumindest langsam Fuß fasst, sieht es im Campus aktuell noch dürftig aus. Die Szenarien sind hier deutlich komplexer, so dass nach der ersten Ankündigung von Anwendungen auf SDN-Controllern in der Praxis noch wenig zu sehen ist. Die Einsatzszenarien konzentrieren sich hier meist auf das Konfigurations-, Installations- und Change Management. So kann eine SDN-Lösung für Unternehmen ein Zero-Touch-Deployment unterstützen. Dies funktioniert zum Beispiel im praktischen Einsatz bei einem Kunden aus der öffent-lichen Verwaltung mit einer Applikation auf Basis von Cisco-APIC-EM. Damit lassen sich weitgehend automatisch die Konfigurationen von bis zu 2.500 Switches zentral steuern und ändern.
Ein vielversprechendes Einsatzgebiet für eine SDN-App scheint die dynamische und anwendungsbezogene Konfigurationsanpassung im Campusnetzwerk zu sein. Beim Thema Quality of Service hat HP zwar bereits frühzeitig Microsoft-Lync unterstützt und auch Cisco liefert eine SDN-App beispielsweise für die Optimierung von Citrix-ICA-Datenströme. Doch bislang zögern viele Unternehmen beim Einsatz von SDN-Lösungen zur automatisierten und dynamischen Konfiguration für Switches. Dieses mag zum einen daran liegen, dass QoS ein komplexes Thema ist und zum anderen die zur Verfügung stehende LAN-Bandbreite oftmals als ausreichend hoch angesehen wird. Damit stehen der Bedarf und der erwartete Nutzen durch SDN derzeit noch nicht im richtigen Verhältnis zu dem erwarteten Aufwand und den Kosten. In Zukunft dürfte sich das durch die Zunahme weiterer SDN-Anwendungen zwar ändern, dabei ist aber zu prüfen, wie sich mehrere Applikationen verhalten, die gleichzeitig auf einem SDN-Controller laufen. Bislang werden nämlich meist nur einzelne Anwendungen auf einem SDN-Controller betrieben.
Dagegen befinden sich bei vielen Service-Providern SDN-Ansätze schon im Einsatz. Ein vielversprechendes Einsatzgebiet ist vor allem das Service-Chaining, das als eine Kombination von SDN mit NFV (Network Function Virtualisation) realisiert wird. Dies trägt durch eine deutliche Effizienzsteigerung und Dynamisierung der Ressourcennutzung dazu bei, Kosten zu sparen. Aber für welche Applikation ist welcher Grad an Virtualisierung sinnvoll und wo ist stattdessen mehr Hardware nötig? Hier stellt die noch höhere Komplexität der Infrastruktur im Vergleich zu Unternehmen anderer Branchen eine große Herausforderung dar. Schließlich müssen zahlreiche Anwendungen und Services unter einen Hut gebracht werden. Entsprechend setzen Servicepro-vider zur Steuerung der Infrastruktur stark auf Open Source-Lösungen auf Basis von Openstack sowie KVM-Hypervisor. Diese werden von den Unternehmen selbst sowie spezialisierten Dienstleistern an die spezi-fischen Bedürfnisse angepasst. Der hohe Aufwand lohnt sich aufgrund der dadurch erreichten Einsparungen in den hochskalierten Strukturen.