SyncE und IEEE 1588 (PTP)

Synchronisation im Ethernet

14. August 2014, 6:00 Uhr | Oliver Otto ist bei Opternus Networks tätig, www.opternus.com./jos

In der Vergangenheit nannten Insider das Thema Taktsynchronisation für gewöhnlich im Zusammenhang mit alteingesessenen Telekommunikationsprotokollen aus dem Bereich SDH oder PDH. Doch mit steigenden Datenraten im Mobilfunk und zunehmendem Kostendruck wird Ethernet als Übertragungsprotokoll gerade für das Mobile Backhaul immer interessanter und macht die präzise Übertragung von Takt- und Zeitinformationen notwendig.Zwei Standards haben sich für Ethernet als Übertragungsprotokoll für das Mobile Backhaul durchgesetzt, die verschiedene Vorzüge und Nachteile aufweisen und die Betreiber auch gerne gemeinsam einsetzen. Es lohnt sich also, die Anforderungen hinsichtlich der Synchronisation in modernen Netzwerken und dem Einzug von SyncE und IEEE 1588 (PTP) ins Transport Ethernet genauer unter die Lupe zu nehmen. Wer sich in der Telekommunikationstechnik mit plesiochronen und synchronen digitalen Hierarchien (PDH/SDH) befasst, muss sich seither auch mit dem Thema Taktübertragung und Ableitung beschäftigen, da diese Systeme mit Rahmen arbeiten, in denen die Informationen in Zeitschlitzen verschachtelt sind. Gerade wenn Datenströme unterschiedlicher Herkunft aufeinander gebracht, also "gemultiplext" werden sollen, kommt es dabei auf eine besondere zeitliche Genauigkeit an. Die physische Kodierung ist jeweils so ausgelegt, dass auch dann, wenn keine Datenübertragung stattfindet, zu jeder Zeit eine Taktableitung aus dem Nutzsignal möglich ist. Geringer Overhead und kurze Laufzeiten zeichnen diese Systeme aus. Mit der Einführung von paketvermittelten Transportprotokollen wie Ethernet geriet die Notwendigkeit der Taktübertragung in den Hintergrund. Jedes Paket bekommt eine Sender- und Empfängeradresse, und die Aufsynchronisation des jeweiligen Empfängers auf das Paket erfolgt individuell über eine kurze Bitfolge (Präambel), die jedem Paket vorausgeht. Selbst Pakete, die unterschiedliche Routen zwischen Sender und Empfänger nehmen und in unterschiedlicher Reihenfolge eintreffen, lassen sich so speichern und zuordnen. Mehr Overhead, verhältnismäßig lange Laufzeiten, und oft auch starke Laufzeitunterschiede sind der Preis für die einfachere und kostengünstigere Paketvermittlung. Während die Betreiber immer mehr Netze auf Grund von Kostendruck und steigenden Datenraten auf kostengünstigere paketvermittelte Systeme - heute vor allem Ethernet - umgestellt haben, hielt sich in der Mobilfunktechnik noch lange die SDH-Technik. Um unterbrechungsfreie Handover von Mobilfunkgeräten zu gewährleisten, müssen alle Funkzellen synchron zueinander sein. Kommt im Backbone Ethernet als Transporttechnik zum Einsatz, kann dieses leicht zum Problem werden. Da ältere Basisstationen für GSM und UMTS noch mit PDH/SDH-Schnittstellen ausgestattet sind, nutzt man beim Einsatz von Ethernet im Backbone so genannte Pseudowire-Verbindungen, bei denen PSH- oder SDH-Verbindungen über Ethernet oder ein anderes paketorientiertes Protokoll "tunneln". Dabei erfolgt die eigentliche Synchronisation über den Tunnel, und das paketorientierte Backbone selbst muss nicht zwingend synchron arbeiten. Lediglich hinsichtlich Laufzeit und Jitter sind gewisse Grenzwerte einzuhalten. Doch der Siegeszug von Ethernet setzt sich weiter fort, und moderne LTE-Basisstationen sind heute direkt mit Ethernet-Schnittstellen versehen. Durch den Einsatz von neuen Standards im Metro Ethernet, das das MEF (Metro Ethernet Forum) definiert hat, finden sich in diesem immer mehr Funktionen, die ursprünglich aus der PDH- und SDH-Welt stammen, zum Beispiel Quality-of-Service-Funktionen (QoS) oder Testfunktionen gemäß OAM (Operation, Administration and Maintenance). Mit den Synchronisationsstandards SyncE und IEEE 1588 (PTP) hält nun auch die Takt-Synchronisation Einzug ins Ethernet. Welches von beiden zum Einsatz kommt, und wann es sinnvoll ist, beide Standards zusammen zu betreiben, hängt von verschiedenen Parametern ab. PTP oder das Pecision Time Protocol, das auch oft unter seinem Standard IEEE 1588 erscheint, hat seinen Ursprung im NTP (Network Time Protocol), das Betreiber bis heute für den Zeitabgleich verwenden. Allerdings lassen sich mit PTP nicht nur Genauigkeiten im Millisekundenbereich erreichen - so wie bei NTP, sondern bei entsprechender Netzarchitektur sogar Genauigkeiten im Nanosekundenbereich, wie sie in modernen Mobilfunknetzten nötig sind. Als Mitglied der Internet-Protokollfamilie und durch die Verwendung von UDP zur Übertragung eignet sich PTP sehr gut zur Migration in bestehende Netzwerke. Dieses resultiert daraus, dass sich PTP über jeden Standard-Router und -Switch hinweg übertragen lässt, auch wenn dieser selbst kein PTP unterstützt. Grundsätzlich unterscheidet PTP vier unterschiedliche Arten von Uhren ("Clocks"). Die Einspeisung des Takts erfolgt durch einen Grand Master (GM), der gewöhnlich mit einem Rubidium-Oszillator ausgestattet ist und über ein GPS-Signal synchronisiert wird. Als Boundary Clock (BC) bezeichnen die Techniker einen Client, der sowohl Slave wie auch Master sein kann. Er erhält seinen Takt von einem GM oder einer anderen BC und stellt selbst für weitere Geräte einen Master-Takt bereit. Ein Client, der das PTP-Signal überträgt, ohne dieses zu beeinflussen oder selbst zu verwenden, heißt im Jargon "Transfer Clock" (TC). Am Ende der Kette befindet sich die Ordinary Clock (OC), die nur im Slave-Modus arbeitet, zum Beispiel eine LTE-Basisstation. Zwischen Slave- und Master-Ports sowie umgekehrt erfolgen die Messung der Laufzeiten und daraus die Ermittlung der durchschnittliche Verzögerung (Delay). Aus den einzelnen Verzögerungswerten ergibt sich der Zeitversatz (Offset) zwischen GM und OC. Daher ist es beim PTP nicht nur möglich, eine Frequenzgenauigkeit zu erreichen, sonder durch den bekannten Offset zum Ursprungstakt lässt sich auch die Phase korrigieren, die innere Uhr der OC also exakt auf die selbe Zeit einstellen wie die des Grand Masters. Da es sich dabei um eine Übertragung echter Zeitinformation handelt, erhält ein PTP-Client von seinem Master ebenfalls Datum und Uhrzeit, also eine so genannte TOD-Information (Time of Day). Empfindlich reagiert PTP auf zu stark schwankende, oder zu unterschiedliche Delay-Werte zwischen Hin- und Rückweg (Jitter/Asynchron Delay). SyncE (Synchronous Ethernet) lehnt sich vom Prinzip her an die althergebrachte Taktübertagung von PDH- und SDH-Protokollen an. Es ist in keinem einzelnen Standard beschrieben, sonder setzt sich aus verschiedenen zusammen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um das Papier ITU-T Rec. G.8261, das sich mit der Architektur von SyncE-Netzen befasst, oder auch ITU-T Rec. G.8262, das die Uhren ("Clocks") im SyncE definiert. SyncE selbst ist so gesehen kein Protokoll. SyncE leitet den Takt direkt aus dem Nutzsignal ab. Dies ist möglich, da bei Ethernet Füllbits eingefügt werden, um lange Null- oder Eins-Folgen zu vermeiden. So verwendet etwa Gigabit Ethernet eine 8B/10B-Kodierung, fügt also all acht Bits zwei weitere Bits ein. Daher beträgt die physische Übertragungsrate eines Gigabit-Ethernet-Transceivers auch real 1,25 GBit/s. Zur Übertragung von Informationen zur Taktqualität erfolgt ähnlich wie bei der im SDH verwendeten Synchronization Status Message (SSM) die Übertragung eines so genannten ESMCs (Ethernet Synchronization Messaging Channel). Hinsichtlich der Taktgenauigkeit ist SyncE gegenüber PTP das präzisere Verfahren. Es weist jedoch auch einige wichtige Nachteile auf. Da der Takt direkt aus dem Nutzsignal abgeleitet ist, müssen alle Netzelemente SyncE unterstützen. Eine Übertragung über nicht SyncE-fähige Router oder Switches ist nicht möglich. Zudem überträgt SyncE in der aktuellen Fassung kein Datum und keine Uhrzeit, was oft den Einsatz eines Zeitprotokolls wie NTP oder auch einen Parallelbetrieb von PTP notwendig macht. Allgemein eignet sich SyncE gut für neu geplante Netzte, etwa um den Kern zu synchronisieren. Im Zugangsbereich, gerade wenn nicht alle Netzelemente eines der Synchronisationsverfahren unterstützen, bietet sich folglich eher PTP an.

Grundsätzlich unterscheidet PTP vier unterschiedliche Arten von Uhren. Die Einspeisung des Takts erfolgt durch einen Grand Master (GM), der gewöhnlich mit einem Rubidium-Oszillator ausgestattet ist und über ein GPS-Signal synchronisiert wird.

Zur Überwachung der Taktgenauigkeit oder zur Ermittlung der Möglichkeit der Taktübertragung in existierenden Netzwerken haben auch die Hersteller von Messgeräten entsprechende Verfahren in ihre Geräte implementiert.

Ein Client, der das PTP-Signal überträgt, ohne dieses zu beeinflussen oder selbst zu verwenden, heißt im Jargon "Transfer Clock" (TC). Am Ende der Kette befindet sich die Ordinary Clock (OC), die nur im Slave-Modus arbeitet, zum Beispiel eine LTE-Basisstation.

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