Uwe Bernd-Striebeck, Partner im Bereich Consulting bei KPMG: "Die Digitalisierung des Geschäfts ist für die Unternehmen Chance und Fluch zugleich. Einerseits bieten das digitale Zeitalter mit seinen Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle, Produkt- und Dienstleistungsportfolios innovativen Unternehmen riesige Marktchancen. Andererseits lädt die zunehmende Vernetzung von Systemen und Daten nicht nur die Geheimdienste förmlich zu Ausspähungen ein. Wobei die Tatsache, dass die in den Unternehmen installierten Software- und Datenbank-Architekturen fast ausschließlich aus den USA stammen, speziell der NSA zusätzlich entgegen kommt.
Was also tun angesichts dieser zwiespältigen Ausgangslage zwischen notwendiger Digitalisierung und Vernetzung des Geschäfts und den wachsenden Risiken, Opfer von Ausspähungen zu werden? Es wird in nächster Zeit darauf ankommen, dass Politik, Gesellschaft und Unternehmen den Druck gegenüber Staaten und deren Geheimdiensten hoch halten, so dass Ausspähungen zurückgefahren und bestimmte Regeln nachweislich eingehalten werden. Damit die Medien auch weiterhin an diesem Thema dranbleiben, ist ein permanenter gesellschaftlicher Dialog unverzichtbar. Zumal nicht nur Firmengeheimnisse auf dem Spiel stehen. Großangelegte Ausspähungen, wie sie von vielen Geheimdiensten exerziert werden, verletzen fundamentale Rechte, so Freiheits- und Menschenrechte, das Recht auf Selbstbestimmung sowie nationale Telekommunikationsgesetze. Großflächige Ausspähungen sind somit weder mit einer Demokratie noch mit einem freien Markt vereinbar.
Allerdings sind auch die Unternehmen gefordert, künftig mehr Elan in Richtung Datenschutz und -sicherheit an den Tag zu legen. Auch bei ihren Geschäftspartnern sollen sie darauf achten, dass dort der Schutz persönlicher und Kundendaten ernst genommen wird. Nur wenn die Privatsphäre der Konsumenten gewahrt wird, wird in den Unternehmen Big-Data und damit das digitale Geschäft nachhaltig mit Datenleben erfüllt werden können. Hoffnung machen in diesem Zusammenhang verschiedene Internet-Größen aus den USA. Sie wenden sich gerade explizit an die US-Regierung, ihrerseits nicht länger von der NSA unter Druck gesetzt und ausgespäht zu werden.
Dennoch ist abzusehen, dass sowohl Geheimdienste als auch Unternehmen weiterhin Industriespionage im großen Maßstab betreiben werden. Deshalb ist es dringender denn je, für Datenübertragungen jeglicher Art nicht nur in Deutschland, sondern innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, einen rechtsverbindlichen Raum zu schaffen, in dem Datenschutzregeln für die Wahrung der Privatsphäre von europäischen Konsumenten und Unternehmen eingehalten werden. Unternehmen besonders gefährdeter Branchen wie der Automobil- und Maschinenbauindustrie sollten darüber hinaus weitere Schutzvorkehrungen für ihr Intellectual-Property in Betracht ziehen: Je nach Kritikalität von Datenbeständen und Systeme bedeutet dies eine Kapselung in Teilnetze mit mehr oder weniger starken Abwehrmechanismen nach Innen und Außen."