Um exakt zu messen, welche Applikationsleistung beim Endanwender ankommt, ist eine ganzheitliche Sicht auf das IT-System nötig. Die Möglichkeit, Probleme auf diese Weise schneller zu lösen, erhöht die Produktivität und kann zudem bares Geld sparen. Voraussetzung ist ein umfassendes Monitoring des Netzwerks.
Wenn Anwendungen nicht in dem Maße funktionieren wie vorgesehen, führt dies naturgemäß zu Frust
bei den Anwendern. Damit aber nicht genug: Sind geschäftskritische Applikationen betroffen, hat
mangelnde Performance unmittelbar negative Auswirkungen auf den Kundenservice und damit letztlich
den Umsatz. Letzteres bestätigt eine aktuelle Umfrage von Forrester Research unter knapp 400
IT-Managern im Auftrag von Compuware. 64 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass mangelnde
Anwendungs-Performance zu finanziellen Einbußen führt.
Gleichzeitig besteht ein Missverhältnis zwischen dem Vorhandensein von Tools zum Monitoring
der IT-Systeme und dem Prozess, wie Anwendungsprobleme erkannt und gelöst werden. Neun von zehn
IT-Managern nutzen zwar Monitoring-Systeme, die Rückschlüsse auf die Anwendungs-Performance
erlauben, gleichzeitig gilt aber immer noch, dass die Mehrzahl der Probleme von Anwendern selbst
erkannt wird. Laut Forrester gilt dies für fast zwei Drittel der Fälle.
Zieht man nun noch eine weitere Zahl einer anderen Studie von Gartner in Betracht, so ergibt
sich ein insgesamt düsteres Bild. Dieser Studie zufolge beschweren sich nur zwei Prozent der
Anwender tatsächlich, wenn sie Schwierigkeiten mit der Anwendungsleistung haben.
Als Antwort auf die Frage nach der Ursache erhalten die Anwender meist die wenig überzeugende
Antwort: "Es sind keine Störungen in den Subsystemen gemeldet. Bitte starten Sie Ihren Rechner
erneut!" Die Folge ist offensichtlich: Bei dieser Art von Antwort hilft sich der Anwender bei
ähnlichen gelagerten Situationen zukünftig selbst und startet seinen Rechner erneut. Gravierender
als der Neustart des Anwenderrechners ist jedoch, dass das Problem nicht gelöst wird und auch nicht
gelöst werden kann, da das Management keine korrekten Informationen über Umfang und Fachlichkeit
dieser Vorkommnisse erhält. So gerät die Sicht des Anwenders auf die IT als Service in eine
bedenkliche Schieflage und Rufe nach externen Dienstleistern werden laut.
Unter dem Strich heißt dies, dass die IT es trotz des Einsatzes von Monitoring-Tools nur in
den seltensten Fällen überhaupt erfährt, wenn es Schwierigkeiten mit geschäftskritischer Software
gibt. Die eingeführten Tools und Prozesse sind offenbar kaum geeignet, einen reibungslosen Betrieb
der Applikationen aus Anwendersicht zu gewährleisten. Die große Mehrheit der Organisationen verfügt
zwar über effektive Monitoring-Lösungen für die IT-Systeme, etwa für Server, Storage, Netzwerk etc.
Diese Werkzeuge sind notwendig für einen ordnungsgemäßen Betrieb des jeweiligen Systems. Für das
Management der eigentlichen Anwendungsleistung sind sie aber weder von ihrer Aufgabenstellung noch
von ihrem technischen Monitoring-Ansatz geeignet.
So können die im Betrieb aktiven Monitoring-Subsysteme keine ganzheitliche Betrachtung
durchführen, die neben der reinen Überwachung verschiedener Infrastrukturkomponenten auch das
Monitoring der aktiven Anwendungen und der von ihnen ausgelösten Transaktionen und Lastspitzen im
Netzwerk umfasst. Dies wäre aber die Voraussetzung dafür, Fehler proaktiv zu erkennen und zu
beheben, noch bevor sie wirtschaftlichen Schaden anrichten.
Neuer Blickwinkel
Was ist zu tun? Zunächst geht es – gänzlich untechnisch – um einen Perspektivwechsel in der
IT. Nicht mehr die Systeme dürfen im Zentrum der Betrachtung stehen, sondern das, was als Service
beim Anwender ankommt. Technisch bedeutet dies nichts anderes, als Tools einzusetzen, die
unmittelbar auf den Rechnern der Anwender überprüfen, ob alle notwendigen Anwendungen die
geforderte Reaktionszeit aufweisen und welche Anwendungen wie viel Bandbreite beanspruchen. Als
Grundlage dafür dienen Performance-Benchmarks für jede Anwendung und ein Prioritätenkatalog, in dem
festgelegt ist, welche Anwendung in jedem Fall reibungslos funktionieren muss und daher
gegebenenfalls zuerst die nötige Bandbreite zur Verfügung gestellt bekommt. Ein Beispiel: Es kann
nicht sein, dass das Herunterladen einer Präsentation über das Internet die Ausführung eines
Rechnungslaufs in SAP beeinträchtigt.
Voraussetzung dafür wiederum ist es, in einer Gesamtansicht des Netzwerks sehen zu können,
welche und wie viele Nutzer gerade eine als geschäftskritisch klassifizierte Anwendung ausführen
und wie viele Nutzer insgesamt davon betroffen sein könnten, wenn die Performance dieser Anwendung
von den Sollwerten abweicht – beispielsweise wegen Überlastsituationen auf den physischen
Netzwerkschnittstellen von Blade-Systemen, auf denen die virtuelle Server-Landschaft ihren
produktiven Dienst verrichtet. Die klassischen Monitoring-Werkzeuge für Server, Netzwerk- und
virtuelle Infrastruktur können bei diesen und ähnlichen Szenarien keine Störungen oder Fehler
melden.
Konventionelle Systeme, die auch die meisten befragten Unternehmen der Forrester-Studie
verwenden, sind in der Lage zu warnen, wenn ein Problem auftritt oder ein Service Level Agreement
verletzt wird. Die Warnung, die diese Systeme ausgeben, ist allerdings in der Regel auf die
jeweilige Situation beschränkt. Die Suche nach der eigentlichen Ursache des Problems gestaltet sich
sehr viel schwieriger, weil ein Problem aus mehreren kleineren Problemen bestehen oder durch einen
anderen Bereich des Systems verursacht sein kann.
Der größte "Zeitfresser" bei der Lösung vieler Probleme ist oft die Suche nach der Antwort
auf die Frage, was exakt schief gelaufen ist, weil die Probleme nicht detailliert genug beschrieben
sind. Der Ansatz des End-User Experience Monitorings (EUE) geht einen anderen Weg. Im EUE wird die
Anwendungs-Performance von Nutzern überwacht, die mit mehreren Anwendungen von verschiedenen
Standorten über das Intranet oder sogar das Internet interagieren. Die erlebte Performance der
Nutzer kann also sehr unterschiedlich sein und die Isolierung eines Problems sich mitunter als sehr
schwierig erweisen. Dort wäre eine Übersicht der betroffenen Anwendungen und Standorte sehr
hilfreich. Auch der Zugriff auf Client, Netzwerk- und Server-Ressourcen durch eine Anwendung kann
ein ausgezeichneter Ausgangspunkt für die Suche nach der Ursache eines Problems sein.
End-User Experience Monitoring
Die Messung der Anwendungsleistung wird allerdings meist noch reaktiv im Sinne einer "
Performance-Feuerwehr" betrieben. Dies ist im Grunde für Unternehmen zu teuer. Laut der
Forrester-Studie beschäftigen sich in 55 Prozent der Organisationen sechs oder mehr Mitarbeiter mit
dem Erkennen und Beheben der Fehler, auch und gerade, nachdem die Performance-Probleme erkannt
sind. Um die für das Troubleshooting benötigten Informationen zu erhalten, haben in der
Vergangenheit IT-Abteilungen auf System-Management- und Monitoring-Lösungen zurückgegriffen. Für
die optimale Administration von Systemen brauchen IT-Abteilungen allerdings andere, detailliertere
Daten auf Anwendungsebene. Ein Werkzeug für das EUE Monitoring kann diese Daten liefern, da es die
einzelnen Transaktionen innerhalb der verschiedenen Business-Services verfolgt. Laut Definition von
Gartner messen Response-Time-Monitoring-Tools die Antwortzeiten über verschiedene Verfahren, zum
Beispiel synthetische Transaktionen und Netzwerk-Probes. Eine Messung über Netzwerk-Probes, auch
als agentenlose Überwachung bezeichnet, ermittelt die Antwortzeiten von Anwendungen aller internen
und externen Anwender über alle Standorte und Provider hinweg. Die andere Form des EUE-Monitorings
ist die aktive Überwachung. Dazu werden auf dedizierten Maschinen, die in der Regel in den
Rechenzentren und an den Hauptstandorten stehen, zuvor aufgezeichnete Transaktionen in bestimmten
Intervallen ausgeführt und stellen auf diese Weise repräsentative Werte zur Verfügung.
Beide Methoden sind komplementär und kommen typischerweise in Kombination zum Einsatz. Die
Vorteile für die IT-Services sind enorm: Die IT-Mitarbeiter erhalten eine vollständige Ansicht
ihrer Betriebsinfrastruktur, können genau sehen, wann, warum eine Anwendung langsamer wird, wie
viele Anwender an welchen Standorten davon betroffen sind und so gezielte Gegenmaßnahmen ergreifen.
Viele Organisationen haben bereits so genannte Applikations- oder Service-Verantwortliche
etabliert. Diese verbessern die Transparenz des Wertbeitrages der IT und fördern das Verständnis
zwischen der IT und den Fachabteilungen. Zu ihrem Verantwortungsbereich gehören unter anderem die
permanente Überwachung und Kontrolle der geschäftskritischen Anwendungen des Unternehmens aus einer
ganzheitlichen Betrachtung: Die Verantwortlichen erhalten umfassend Informationen über den Zustand
von kritischen Geschäftsprozessen und betroffene Transaktionen, Kosten einer schlechten Qualität,
Umsatz, eine geografische Betrachtung aller – oder nur der betroffenen – Standorte und Einheiten
des Unternehmens, Produktivitätsrückgang, kritische Anwendungen sowie Anzahl von Benutzern und
Kunden.
Doch nicht nur Applikations- oder Serviceverantwortliche erhalten durch die holistische
Betrachtung und Bewertung wichtige Informationen, sondern auch CIOs und IT-Führungskräfte wissen zu
jedem Zeitpunkt über die Geschäftsauswirkungen der Qualität ihrer IT-Services Bescheid. Sie können
fundierte Entscheidungen treffen und schneller auf zusätzliche Geschäftsanforderungen eingehen. Die
Visualisierung dieser Informationen sollte einfach erfolgen und Reports und Dashboards in einer
Informationsdichte und -tiefe den jeweils Aufgabenstellungen entsprechend zur Verfügung stellen.
Fazit
Durch die Transparenz des End-User Experience Monitorings können IT-Abteilungen schneller auf
Probleme reagieren und sich zuerst auf die Probleme konzentrieren, die sich am negativsten auf das
Geschäft auswirken. Unter dem Strich sind so bereits in der Rollout-Phase Interdependenzmessungen
bezüglich des Verhaltens einer Anwendung möglich, sodass Performance-Probleme gar nicht erst
entstehen können. Während des laufenden Betriebs sorgt das Konzept dafür, dass Probleme bereits
adressiert werden können, bevor sie den Endanwender spürbar in seiner Arbeit behindern. Damit
lassen sich die in der eingangs zitierten Studie benannten Engpässe beim Erkennen und Beheben von
Performance-Problemen von Grund auf vermeiden.
Lutz Lübeck ist bei Compuware tätig.