Software-as-a-Service-Angebote, Digital Marketing, mobile Applikationen, Cloud Development: Die Anwendungen im Internet nehmen ständig an Komplexität zu. Unternehmens- und Privatnutzerdaten lösen eine Flut an Datenströmen aus, die in immer leistungsfähigeren und vor allem effizienteren Rechenzentren zu verarbeiten sind. Neben Servern, Storage- und Netzwerkgeräten verschlingt vor allem die Kühlung von Rechenzentren enorme Ressourcen.
Mittlerweile verbraucht die Kühlung die Hälfte der für den Betrieb notwendigen Rechenzentrumsenergie. Wegen weiter steigender Energiekosten entsteht zunehmend finanzieller Druck bei den Unternehmen. Hinzu kommen vermehrt Forderungen der Bundespolitik, die aufgrund des hohen CO2-Ausstoßes und Energieverbrauchs der Rechenzentren einen nachhaltigeren Betrieb fordert. Viele der großen Web- und Cloud-Dienstleister wie Google, Microsoft oder IBM investieren daher bereits in neuartige Bauweisen mit passender Kühltechnik, die Bau- und Betriebskosten deutlich senkt und gleichzeitig eine höhere Flexibilität bietet als die meisten arrivierten Systeme.
Rack-Kühlung auf Wasserbasis
Aus der Praxis wissen die IT-Experten: Je näher die Kühlung an die Wärmequelle kommt, desto effektiver ist die Wärmeabfuhr. Allerdings steigen auch Aufwand und Kosten, je näher die Systeme am Prozessor installiert sind. Der beste Kompromiss zwischen Effizienz und Effektivität ist für Rechenzentrumsplaner und Betreiber derzeit die wasserbasierende Kühltechnik über spezielle Wärmetauschertüren direkt an der Rack-Rückseite.
Ohne weitere Kühlgeräte oder spezielle Gehäuse gelangt die Raumluft durch die Racks. Auf ihrem Weg nimmt die Luft die Abwärme des Rechners auf und gibt sie an der Rückseite an das in der Wärmetauschertür fließende Wasser ab. Das Wasser mit seiner 4.000-fach höheren Kühlungsfähigkeit gegenüber Luft transportiert die Wärme ab, und die Luft, die aus dem Rack austritt, hat wieder die gleiche Temperatur wie die umgebende Raumluft.
Die Wärmertauschertüren haben so wenig Luftwiderstand, dass außer den Server-eigenen Ventilatoren keine weiteren Transportelemente nötig sind. Der Energieverbrauch der Server selbst steigt dabei kaum messbar an. Dadurch ist es möglich, eine Wärmeleistungsdichte zwischen 1 und 35 kW pro Rack im gleichen Kreislauf abzuspeisen. Über einen Wärmetauscher geht die Wärme dann an einen primären Kühlkreislauf über. Durch die Kühlung direkt am Rack kann der Betreiber im Gegensatz zu konventionellen Rechenzentren auf raumfüllende Elemente wie doppelte Böden verzichten. Die Rack-Kühlung bietet so neben deutlicher Platzersparnis auch höhere Leistungsdichten.
Da der Betreiber auf eine komplexe Infrastruktur verzichten kann, sind Verkleinerungen der Grundstücksfläche (um mehr als 30 Prozent) und des Gebäudevolumens von bis zu 50 Prozent möglich. Dies reduziert die Kosten für Errichtung und den Unterhaltung deutlich, und auch die Errichtungszeiten sind kürzer. "Das zukunftsfähige Rechenzentrum ist wassergekühlt, kompakt und standardisiert gebaut - im Vordergrund für Planer und Betreiber stehen niedrige Bau- und Betriebskosten", erklärt dazu Professor Dr. Volker Lindenstruth, Vorstandsvorsitzender des Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) und Lehrstuhlinhaber an der Frankfurter Goethe-Universität für die Architektur von Hochleistungsrechnern. Lindenstruth betreibt am GSI-Helmholtz-Zentrum für Schwerionenforschung ein so genanntes E-Cube-Rechenzentrum. Unter seiner Führung wird momentan ein 12-MW-Rechenzentrum für das neue internationale Beschleunigerzentrum FAIR gebaut, eines der größten Forschungsprojekte weltweit.
Wichtiger Unterschied: Kälteerzeugung und Kühlung
Grundsätzlich unterscheiden die Experten bei allen Kühlungstechniken zwischen Kälteerzeugung und Kühlung. Die Kälteerzeugung außerhalb des Whitespaces geschieht auch bei der klassischen Raumluftkühlung meist durch den Einsatz von Wasser oder anderen Kühlflüssigkeiten. Dagegen bezieht sich der Begriff Wasserkühlung bei der folgenden Betrachtung auf die Kühlung der Server im Whitespace. Bezüglich der Energieeffizienz ist die Entfernung der kühlenden Elemente vom Server dabei ein wesentlicher Faktor. Technisch gesehen ist die Kühlung dann am effektivsten, wenn sie möglichst nah an der Wärmequelle im Inneren des Servers ansetzt. Aus Sicht einer effizienten Bauweise kommen natürlich andere schwergewichtige Faktoren ins Spiel, die zur Entwicklung einer Vielzahl von Konzepten geführt haben. Lange Zeit galt der Einsatz von Wasserkühlung im Whitespace vielen Rechenzentrums-Managern als zu risikoreich in Bezug auf mögliche Wasserschäden an der IT. Die technische Weiterentwicklung und der wirtschaftliche Druck haben in diesem Punkt zu einem Umdenken geführt. "Die Vorteile wasserbasierender Kühlung sind so groß, dass kein Verantwortlicher mehr daran vorbeikommt. Sie ermöglicht kompakte Infrastrukturen und signifikante Kostensenkungen in Bau und Betrieb", so Spyridon Linardakis, Chief Strategy and Business Development von E3 Computing. Das Unternehmen beschäftigt sich nach der Ausgründung aus dem wissenschaftlichen Umfeld mit der effizienten E-Cube-Kühltechnik und der extrem kompakten Bauweise von Rechenzentren.
Test neuer Konzepte
Neben den klassischen Optionen wie Nass- oder Trockenkühler und Hybridlösungen testen insbesondere internationale Konzerne derzeit verstärkt neue Systeme zur effizienten Nutzung erneuerbarer Energien für die Kühlung ihrer Rechenzentren. Microsoft setzt beispielsweise auf eine freie Luftkühlung in Verbindung mit der frischen Landluft Irlands. Zwar muss die Außenluft zunächst auf unterschiedliche Weise gereinigt werden, aber nicht gekühlt, bevor sie an die Server gelangt. An besonders heißen Tagen im Sommer lässt sich allerdings eine Wasser-Verdampferkühlung zuschalten - für den Notfall. Auch Google setzt bei seinem Standort in Finnland auf kalte Außentemperaturen. Kombiniert mit der Lage direkt am Finnischen Meerbusen ist es möglich, das Kühlwasser direkt aus dem Meer zu pumpen und damit die Wärmetauscher des Rechenzentrums zu speisen. Ein weiterer Trend ist die Nutzung von Abwärme für die Heizung anderer Gebäude, etwa Büroräume oder sogar ganze Wohnsiedlungen. Die Einspeisung der Abwärme ins Fernwärmenetz arbeitet nicht nur gegen die Verschwendung von Wärme, für Unternehmen ist sogar ein zusätzliches Geschäft zu machen. Derartige Konzepte werden wohl in den nächsten Jahren weiter zunehmen.
Die Coolwall-Variante bildet eine Art eigene Wand des Raums, die die komplette Höhe und Breite des Whitespaces zur Kühlung nutzen kann. Die Kälte des Kühlmediums geht auch in diesem Fall wieder an die Luft über. Ein mithilfe von Ventilatoren erzeugter Luftstrom verteilt sie. Die Warmluft gelangt durch die Kühlwand und als Kaltluft direkt oder durch einen Doppelboden wieder zurück zu den Racks. Die große Wärmetauscherfläche ermöglicht eine höhere Temperatur des Kühlwassers und eine längere Nutzung der Außenluft als Kältequelle.
Praktische Lösung: In-Row-Cooling
Eine Option der Wasserkühlung stellt die Reihen-Kühlung mit separaten Kühlmodulen in den einzelnen Rack-Reihen dar. Die Nähe zu den Servern ermöglicht eine erhöhte Leistungsdichte und reduziert zusätzlich die Stromaufnahme der Lüfter um bis zu 50 Prozent. In Verbindung mit dem Kalt- und Warmgang-Prinzip sind mehr als 20 kW Wärmeleistung pro Rack zu bewältigen.