Datenanalyse

Zeitreihendaten in der vernetzten Industrie

6. Oktober 2020, 10:06 Uhr | Autor: Michael Breidenbrücker / Redaktion: Diana Künstler
© Karsten Neglia-123rf

In kaum einer Branche werden minütlich so viele Daten, meist Zeitreihendaten, eingesammelt wie in der Industrie 4.0. Im besten Fall nutzen Maschinen- und Anlagenbau diese effizient und zur Verbesserung von Abläufen. Das kann jedoch besonders im Mittelstand mit einigen Herausforderungen einhergehen.

Wenn es um die Überwachung von Maschinen und Anlagen geht, ähneln viele Unternehmen aus dem industriellen Mittelstand vielfach noch jungen Schäfern: Es geht darum, jederzeit zu wissen, wo sich die einzelnen Schafe der Herde befinden und wie es ihnen aktuell geht. Sind alle Tiere wohlauf? Gibt es Verletzungen oder Krankheitsfälle? Wie steht es um die Sicherheit der Herde? Um das zu prüfen, werden die einzelnen Tiere in regelmäßigen Abständen untersucht und die Bestände kontrolliert. Im industriellen Kontext bedeutet das die Nachverfolgung von Maschinen in der Lieferkette und die turnusmäßige Kontrolle und Wartung von ausgelieferten Maschinen. Ersteres erfolgt bei vielen Unternehmen bereits standardmäßig digital – wenn auch unpräzise – über ein entsprechendes CRM oder ERP-System. Die Kontrolle hingegen ist ein stark analoger Prozess und erfordert die Präsenz von Servicemitarbeitern vor Ort. Das ist in vielen Fällen auch unumgänglich und per se kein Problem. Allerdings basieren die Intervalle für Kontrollen oft auf bisherigen Erfahrungswerten und groben Schätzungen. Das ist zum einen ineffizient, wenn man bedenkt, dass Mitarbeiter quasi blind ausrücken, obwohl es vielleicht gar nicht nötig ist. Zum anderen ist es hoch problematisch und zwar genau dann, wenn eine Maschine verschleiß- oder störungsbedingt ausfällt und das Wartungsteam nicht zur Stelle ist. Daten über den genauen Zustand von Maschinen und Anlagen zu erheben und zu analysieren, bewahrt Unternehmen vor bösen Überraschungen. Besonders Zeitreihendaten sind hier nützlich.

Kontinuierliche Datenerfassung

Die zunehmende Vernetzung in der Industrie geht mit massiven Datenmengen einher. Werden diese Daten in regelmäßigen Intervallen erhoben, handelt es sich dabei in der Regel um sogenannte SCADA-Daten (Supervisory Control and Data Acquisition), auch Zeitreihendaten genannt. Unternehmen nutzen diese SCADA-Systeme, um in Echtzeit Daten über den aktuellen Betrieb zu sammeln und aufzuzeichnen. Im Prinzip können Zeitreihendaten entweder als stationäre oder instationäre Zeitreihen definiert werden. Zeigt der Datenverlauf Trends oder zyklische Wiederholungen ohne konstantes Niveau, spricht man von instationären Zeitreihendaten. Im Maschinen- und Anlagenbau hingegen handelt es sich meist um stationäre Zeitreihendaten. Diese Art der Zeitreihendaten schwanken stets um einen konstanten Mittelwert und bleiben daher auf dem gleichen Niveau. Der Vorteil: Zu starke Veränderungen lassen sich wesentlich leichter erkennen. Erfassen die Sensoren Werte wie mechanische Spannungsschwingungen, Temperatur, Verschleiß oder Innendruck, ist es von größter Bedeutung, dass sich diese stets im Normalbereich befinden und keine großen Amplituden entstehen. Durch die ständig steigende Anzahl an Sensoren können die eingehenden Daten aus einer Vielzahl von Quellen stammen und fließen meist zu Beginn als unstrukturierte Rohdaten in das System ein.

Datenmengen zum Vorteil nutzen

Der Vorteil von Zeitreihendaten liegt darin, dass die Annahme gilt, dass Beobachtungen jeweils nicht voneinander unabhängig sind. Daten die um 12:00 Uhr aufgenommen wurden, können demnach in einen direkten Zusammenhang zu Daten, die um 11:00 Uhr eingegangen sind, gestellt werden. Veränderungen lassen sich dadurch eindeutig und im zeitlichen Verlauf überwachen und erlaubt so das Condition Monitoring (CM). Unternehmen haben bei korrekter Nutzung damit die Chance, eigene Predictive Maintenance Modelle zu entwickeln. Die dadurch ermöglichte bedarfsgerechte Wartung kann Ausfallzeiten deutlich mindern und Kosten einsparen. Wartungstechniker können bereits einberufen werden, bevor das eigentliche Problem und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Schäden entstehen. Um diese Methode am effizientesten umzusetzen, ist es ratsam neben den nackten Sensordaten ebenfalls ERP-Daten, Qualitätsdaten oder Logistikdaten zu überwachen. So besteht die Chance, Produktionsanomalien sogar bis zu spezifischen Aufträgen oder den Rohstoffen einzelner Lieferanten zurückzuverfolgen. Zeitreihendaten können in den seltensten Fällen im Nachhinein erhoben werden, es ist also besonders wichtig, dass das System von Beginn an richtig aufgesetzt ist und alle notwendigen Eingangsquellen der Daten berücksichtigt.


  1. Zeitreihendaten in der vernetzten Industrie
  2. Herausforderung für den Mittelstand

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