Zwei Seiten einer Medaille
Gebäudeautomation und Informationstechnik setzen traditionell auf völlig unterschiedliche Infrastrukturen. Doch diese strikte Trennung weicht einer zunehmenden Konvergenz beider Bereiche und einer Integration der Haus- und Sicherheitstechnik in IP-basierende Gesamtlösungen. Für Unternehmen bedeutet diese Konvergenz klassischer IT mit Systemen für Zutrittskontrolle, automatisierte Gebäudetechnik oder Energie-Management zahlreiche Chancen, aber auch einige Probleme und Risiken.Seit in der Gebäudesteuerung und -überwachung neben den etablierten Bussystemen (KNX - vormals EIB, LON und CAN) immer mehr IP-fähige Geräte - insbesondere bei den Videosystemen - zum Einsatz kommen, wächst auch die Nachfrage nach zentral organisierten und über eine einheitliche Infrastruktur geführten Systemen. In großen Installationen stoßen die Bussysteme an ihre Grenzen, sodass vermehrt abgesetzte Steuergeräte, aber auch Sensoren und Aktoren direkt über IP ansprechbar sind. Hinzu kommt die weite Verbreitung einfacher Web-Interfaces für die Konfiguration und Fernüberwachung bei nahezu allen Modulen und Produkten für Gebäudeleittechnik und Steuerungsanlagen. Der Trend hin zur Informationstechnik ist nicht zu übersehen, wirft aber auch eine Reihe von (Sicherheits-)Problemen auf. Das Zusammenwachsen von Gebäudetechnik und IT folgt dem Streben nach geringeren Installations?, Wartungs- und Instandhaltungskosten, wie dies schon beim Verschmelzen von Telefonie- und Datennetzen zu beobachten war. Damals wie heute wird erst auf den zweiten Blick deutlich, dass eine parallele, abgeschottete Infrastruktur, wie sie bei Telefon?, Brand- und Einbruchmeldeanlagen üblich ist, durchaus ihre Vorteile hat: Störungen lassen sich verhältnismäßig schnell eingrenzen, da die Anzahl möglicher Störquellen überschaubar ist. In heterogenen Netzen mit Voice?, Video- und nun auch Gebäudetechnik "over IP" sind die wechselseitigen Abhängigkeiten schwerer zu erkennen, und manche Integration scheitert schon in der Planungsph

Glossar
BMA Brandmeldeanlage
CAFM Computer Aided Facility Management
CAN Feldbussystem mit Fokus auf Automatisierungstechnik und Fahrzeugbau
EIB Europäischer Installationsbus (alte Bezeichnung/Vorgänger des KNX)
KNX Flexibles Feldbussystem zur Gebäudeautomation
LON Feldbus für Steuerung der Gebäudetechnik (USA)
ONVIF Open Network Video Interface Forum - Standard zur Interoperabilität von Video-over-IP-Komponenten (Kameras, Recorder etc.)
PACS Physical Access Control System (Zutrittskontrolle)
RFID Radio Frequency Identification - aktive/passive kontaktlose Technik für die Identifikation von Waren oder Personen
TGA Technische Gebäudeausstattung, hier besonders Elektrotechnik (ELT) sowie Wärmeversorgungs- und Raumlufttechnik (WBR)
Risiko Stuxnet
Die Verbindung und gemeinsame Nutzung zuvor getrennter Infrastrukturen kann auch zu Problemen führen, wie die kürzlich aufgetretene Bedrohung durch den Stuxnet-Wurm zeigt. Bei allem Enthusiasmus ob der neuen Möglichkeiten und der potenziellen Kostenersparnis muss den Planern klar sein, dass ihre Steuerungsanlagen und Panels den Gefahren des Internets nahezu schutzlos ausgesetzt sind, falls der Anwender nicht entsprechende Vorsichtsmaßnahmen trifft. Schnellere Aktualisierung der Betriebssysteme von Steuerungsrechnern sowie Schutz durch Antivirus und Personal Firewall sind wünschenswert, aber mit den Vorgaben der Hersteller nicht immer vereinbar. Ein besonderer Gateway-Schutz am streng geregelten Übergang zwischen Office-IT und Steuerungsnetz sowie eine sehr sorgfältige Planung und Konfiguration der gemeinsam genutzten Netzarchitektur sind deshalb essentiell für den langfristig erfolgreichen Ansatz einer konvergenten Netznutzung.

