Die Generation der Bio-Kunden ist gerne bereit, für Werkstücke aus »Manufakturen« astronomische Preise zu bezahlen. Doch die IT-Industrie verschläft den Trend und lässt sich so die satten Gewinne bei handassemblierten Öko-PCs im geschnitzten Holztower mit mundgeblasenen LEDs entgehen.
Als ich neulich durch die Fußgängerzone schlenderte, begegnete ich einer alten Bekannten, die mit einem Teppich um die Schultern betreten drein blickend vor einem Retail-Markt stand. Voller Sorge fragte ich nach, ob sie etwa auf Anraten ihres Arbeitgebers beruflich auf der Suche nach neuen Herausforderungen sei und die übliche Neuorientierungsphase, neudeutsch auch gerne als Sabbatical bezeichnet, dazu nutze, dem Publikum ihre Panflötenkünste darzubieten. Doch als ich gerade schon dabei war, meinen Geldbeutel zu zücken, um ihren mutigen Weg mit ein wenig schnödem Mammon zu unterstützen, wurde ich erbost angegiftet, wie ich denn auf diese absurde Idee komme. Nicht minder barsch wurde daraufhin mein Hinweis auf die etwas außergewöhnliche Bekleidung für eine gestandene Managerin abgebürstet. Meine Ignoranz gegenüber ihrem handgeklöppelten Poncho aus dem Fair-Trade-Laden, der einer guatemaltekischen Kleinbauernfamilie ein halbes Jahresgehalt eingebracht hat, zeige nur wieder deutlich das Problem unserer heutigen Welt voller kurzsichtiger Egomanie. Sie jedenfalls habe diesem turbokapitalistischen System – zumindest im privaten Bereich – abgeschworen und warte nur auf ihren Mann, der ihr noch schnell ein neues Smartphone in besagtem Geschäft besorgen solle, da sie diese Konsumtempel nicht mehr reinen Gewissens betreten könne.
Solche Begebenheiten häufen sich in letzter Zeit in meinem Bekanntenkreis auffällig. Solange es nur ihren Komfort nicht stört und das Gewisse reinigt, werden immer mehr Leute zu einer speziellen Art der Gutmenschen, deren 18 Liter Sprit fressende Stadt-Panzer plötzlich bevorzugt vor dem Bioladen zu finden sind. Neben Fair-Trade und Bio ist eines der wichtigsten Wörter in ihren Tiraden die gute alte »Manufaktur«. Für sie ist jeder simple Holzkochlöffel ein kleines Meisterwerk der traditionellen Schnitzkunst aus dem bayerischen Wald, ungeachtet der Tatsache, dass er per Werkvertrag, der offenbar schöneren Variante der Akkord-Arbeit, an einer Maschine gedrechselt wurde. Selbst für so schmucklose Dinge wie Aufzüge gibt es deshalb inzwischen Manufakturen. Das faire Versprechen dahinter lassen sich die Hersteller fürstlich entlohnen.
Einzig die IT-Industrie hat diesen Trend bislang völlig verschlafen. Dabei könnte gerade hier die Rettung für darbende Bereiche wie die Assemblierung liegen. Ein in der lokalen PC-Manufaktur zusammengeschraubtes Desktop-Kleinod mit handgewickelten Spulen aus traditionell bei Vollmond geschöpftem Kupfer, mundgeblasenen LED-Birnchen und ressourcenschonendem Kurbelantrieb in einem Gehäuse aus ökologisch korrektem Treibholz würde völlig neue und solvente Käuferschichten erschließen und den oft beweinten Absturz des PC-Marktes schnell beenden - mit Margen, von denen selbst Apple nur träumen kann. Dabei hat doch gerade Apple bereits in der Vergangenheit gezeigt, wie gut das aussehen und funktionieren kann: