Viele Administratoren kleinerer Unternehmen versuchen, die Investition für einen Bandroboter zu umgehen, und suchen nach einer schnellen und modernen Alternative. Möglicherweise werden diese Interessenten bei der jüngsten RDX Quikstation von Tandberg Data fündig.
Tandberg Data positioniert seine RDX Quikstation 8 als Wechselplatten-Array speziell für kleinere und mittlere Unternehmen. Wer jedoch nun ein eher leistungsschwaches System erwartet, wird positiv überrascht, denn der Hersteller hat die an sich recht einfach aufgebaute Station pfiffig und flexibel aufgebaut. Die Acht im Namen steht für die Anzahl von RDX-Laufwerken, die der Administrator über die Frontseite mit RDX-Medien aller Größen befüllt.
Mit einer theoretischen Datenrate mit bis zu 3,6 TByte/s und einer maximalen Datenkapazität von 24 TByte bei Verwendung von 3-TByte-Medien eignet sich die Quikstation auch für den Austausch eines bisherigen Autoloader-Roboters. Unter iSCSI kommt das System wahlweise mit einer 10GbE- und bis zu vier 1GbE-Ports daher und bietet mit NIC Bonding, Load Balancing, redundanter Stromversorgung und einer Web-basierenden Management-Oberfläche vieles von dem, was sich der Administrator für die Datenspeicherung, Archivierung und Rücksicherung für kleinere und mittlere Unternehmen im Server-Raum oder Rechenzentrum wünscht.
Die Quikstation ist als 19-Zoll-Gerät mit 2HE für den Rack-Einsatz konzipiert und wird mit Schienen und allen erforderlichen Anschlusskabeln geliefert. Im Geräteinneren arbeitet ein Workstation/High-end-Desktop-PC-Board von Asus vom Typ P9DWS auf Basis eines Intel-C226-Chipsatzes. Als CPU verwendet Tandberg Data einen Intel Core i3 vom Typ 4160 mit 3,6 GHz Taktfrequenz und 3 MByte Level 3 Cache, dem 16 GByte Arbeitsspeicher zur Verfügung stehen. Eine klassische Festplatte hat die Station nicht, intern steht ein 8 GByte Solid State Drive von King Spec am SATA-Port für das Betriebssystem zur Verfügung.
Auf der Frontseite sind neben dem Ein/Aus-Schalter lediglich die acht RDX-Schächte mit jeweils einem Auswurfknopf angebracht. Rückseitig zeigt sich die typische Rückwand eines kleinen Servers mit USB-2.0- und -3.0-, VGA- und PS/2-Anschlüssen sowie einer einfachen oder redundanten Stromversorgung und bis zu fünf Netzwerk-Interfaces. Die Onboard-NIC bleibt stets deaktiviert. Zur Verbindung nach außen dient ein 4-Gigabit- oder optional ein 10-Gigabit-Interface.
Die Inbetriebnahme gestaltet sich grundsätzlich recht einfach, gleichzeitig jedoch fürchterlich altbacken: das Gerät in das Rack einbauen, Netzwerkkabel verbinden und über ein VGA-Display die vom DHCP-Server ermittelte IP-Adresse ablesen und die Konfiguration über das Web-Interface fortsetzen. Wer keinen VGA-Adapter mehr zur Hand hat, kann auch einen USB-Stick mit einer leeren Textdatei mit Namen network.info beim Einschalten einstecken, die Datei wird dann vom Betriebssystem mit der IP-Adresse beschrieben. In einem Szenario ohne DHCP-Server ist über diesen Weg auch eine Zuweisung einer IP-Adresse möglich.
Bei unserem Test zeigte das VGA-Display leider überhaupt keinen brauchbaren IP-Wert an, und wir ermittelten die Adresse über den DHCP-Server selbst. Diese kleine Unstimmigkeit war im ganzen Test aber auch schon der einzige Fehltritt der Quikstation. Warum es jedoch keine Software gibt, über die der Administrator Tandberg-Geräte im Netzwerk findet, bleibt uns schleierhaft.
Die komplette Konfiguration übernimmt der Administrator über die Web-Oberfläche, die sich einfach und klar gegliedert präsentiert. Das Benutzer-Management kennt nur drei fest definierte Rollen: "User" mit ausschließlicher Lesefunktion, "Manager" mit der Möglichkeit, auch in iSCSI- und Verbindungsdaten vorzudringen, und "Administrator", mit den Rechten zur Änderung der Systemkonfiguration, Firmware-Updates, Änderungen der logischen Laufwerke und Formatieren und Kopieren von RDX-Cartridges. Alle Benutzer müssen Mitglied einer Gruppe sein - eine feste Verbindung von Laufwerk zu Benutzer gibt es dabei nicht.
Über das Netzwerk angesteuert, stellen sich die acht Laufwerke zunächst als acht vollkommen unabhängige RDX-Targets dar. Erst über die Konfiguration wechselt die Quikstation in einen der möglichen Betriebsmodi. Im einfachsten Fall steuert der Administrator die einzelnen Laufwerke wahlweise als Wechseldatenträger oder als Festplatte per iSCSI an. In einer anderen Betriebsart fungiert die Station als zwei logische Datenträger, die zwei Host-Systeme mit bis zu vier RDX-Laufwerken als zwei Datenträger ansprechen. Alternativ mutiert die Station zu einem großen Verbund, der bis zu acht RDX-Laufwerke als ein logisches Laufwerk gegenüber einem Host präsentiert. Diese Betriebsarten erlauben eine äußerst flexible Nutzung der Station, da die primäre Zuordnung über das Host-System geschieht. Insbesondere für Backup-Szenarien mit etablierten Programmen sind allerdings die emulierten Betriebsvarianten spannend: ein Storage Loader mit acht Slots und einem LTO3-Laufwerk, ein emulierter Storage-Library-T24-Betrieb mit acht Slots und zwei virtuellen LTO3-Laufwerken oder die Emulation eines Festplatten-Autoloaders mit acht Schächten in einem Laufwerk. Der Kombinationsbetrieb mit einem emulierten LTO-Autoloader und vier freien RDX-Targets ist eine weitere Darstellungsform.
Alle weitreichenden Systemkonfigurationen erfordern einen Neustart der Station, etwa die Änderung einer IP-Adresse oder des Betriebsmodus. Glücklicherweise ist die Zuordnung dieser grundlegenden Betriebseinstellung üblicherweise nur einmalig erforderlich. Wir wählten für den LANline-Test die gemischte Einteilung in vier RDX in der LTO-Emulation und vier freie RDX-Ziele.
Im Test arbeitete die Quikstation im Zusammenspiel mit der aktuellen Backup-Software von Veeam, der Availability-Suite Version 9.0.0.9, auf einem physischen Windows Server 2012R2 auf einer Dell-T310-Hardware. Sowohl die Einbindung des einfachen iSCSI-Fixed Disk-Devices als auch die des emulierten LTO-Loaders verliefen ohne jedes Problem. Veeam arbeitet üblicherweise "inkrementell forever" und nutzt die Quikstation als Wechseldatenträger im Repository, sichert anschließend auf die RDX-Tapes im LTO-Modus.
Unter Nutzung einer gewöhnlichen Gigabit-NIC erzielt ein RDX-Laufwerk als iSCSI-Device an einem Windows-10-Computer im Crystal Disk Mark 5.1.2 sequenzielle Schreibwerte von rund 52,45 bis 63,33 MByte/s. Die Leseleistung liegt mit 54,42 bis 55,15 MByte/s ein wenig darunter. Die Messwerte blieben weitgehend stabil, unabhängig von der Größe der Testdateien. Dieselbe 750-GByte-Cartridge, eingesteckt in ein lokales USB-2.0-RDX-Laufwerk, erzielte an derselben Testmaschine mit rund 23 MByte/s Lese/Schreibleistung deutlich schwächere Ergebnisse. Ein 1-TByte-Medium der aktuellen Generation erzielt im iSCSI-Betrieb in etwa vergleichbare Werte, wobei die Schreibleistung mit knapp 65 MByte/s besser ausfiel. Die im Backup tatsächlich erreichten Geschwindigkeiten lagen, zumindest in unserem Test, mit 25 MByte/s bei zwei gleichzeitigen Backup-Strömen im einfachen Gigabit-Betrieb, wie er in den meisten KMU-Umgebungen vorkommen dürfte. Bei einem Engpass während des Backups zeigt die Veeam-Lösung mitunter an, dass die Quelle die Informationen nicht schnell genug bereitstellen konnte. Die zu sichernden virtuellen Maschinen aus einer VMware-Vsphere-Umgebung mit einem ESX-Host und einer VM aus einer Hyper-V-Installation kamen wohl der Backup-Lösung nicht schnell genug nach.
Um die Medien an ihre Leistungsgrenzen zu treiben, nutzten wir in einem zweiten Szenario die 10-GbE-Anbindung eines Windows-10-x64-Systems in einer Dell Precision Workstation der T3500-Bauart und erzielten überaus überzeugende Leistungswerte. Die Schreibleistung verdoppelte sich im Wechseldatenträgerbetrieb und stieg noch einmal um zehn Prozent, sofern Windows das iSCSI-Target im "Fixed Mode" wie eine herkömmliche Festplatte ansprach. In der Maximalvariante mit acht RDX-Laufwerken im Festplattenbetrieb, zusammengefasst zu einem großen RAID 0 Striping Device, stieg die Benchmark-Leseleistung auf bis zu 741,7 MByte/s und im Schreibbetrieb auf knapp unter 800 MByte/s.
Besonders kleinere Unternehmen profitieren von der guten Leistung, dem einfachen Konzept und der Robustheit der RDX-Technik. Im Gegensatz zum ähnlich aufgebauten REV-Format von Iomega, das nach kurzer Zeit wieder vom Markt verschwand, gelingt es Tandberg Data, die RDX-Technik dauerhaft und zuverlässig anzubieten. Laut Hersteller sind bis dato über 2,9 Millionen Cartridges ausgeliefert und mit Dell, HP, Lenovo, Fujitsu, Maxwell, Quantum und Hitachi einige starke Partner an Bord. Beim Thema Zukunftssicherung punktete RDX über die Jahre immer wieder, denn die Auf- und Abwärtskompatibilität der Laufwerke konnte der Hersteller stets garantieren. Die aktuelle Roadmap sieht einige Verbesserungen für die Quikstation-Geräte vor: bessere Performance, ein "Active Cloning" von Cartridges, die volle Unterstützung für IPv6 und das Auto-Mounting. Insbesondere die letztgenannte Funktion bedarf einiger Erklärung: Bisher gibt es ein Handicap bei der Umsetzung der Medienrotation, denn das Einlegen von Medien erfordert in der aktuell getesteten Fassung eine Bestätigung über das Web-Interface der Quikstation. Da dieses Web-Interface eigentlich nur vom IT-Personal bedient wird, ist ein Medienwechsel stets von einer administrativ tätigen Person zu bestätigen. Im künftigen Release erkennt die Station die ihr bereits zugeordneten Medien automatisch und kann sie entsprechend mounten. Die Reihenfolge in den Einschüben sei dabei unerheblich - der Benutzer darf nur kein bisher unbekanntes Medium einfügen.
Die Quikstation 8 ist so etwas wie die Luxusvariante eines RDX-Laufwerks und bietet mit insgesamt 32 TByte Bruttokapazität ausreichend Platz für Daten. Sollte es künftig Medien mit mehr als 4 TByte pro Cartridge geben, erhöht sich dieser Wert ebenfalls, was für den Anwender praktisch ist. Äußerst flexibel bindet der Administrator die Station in seine Sicherungsstrategie ein und erzielt zuverlässig gute Leistungsdaten.
Die RDX-Technik ist ein medienbasierendes Wechselplattensystem mit einem minimal modifizierten SATA-Anschluss. Das System geht bereits auf das Jahr 2004 zurück und wurde von Prostor System Incorporated als Nachfolgeverfahren für Magnetbänder entwickelt und auf Markt durchaus erfolgreich positioniert. Es besteht aus einem Laufwerk und einem herausnehmbaren stabilen Medium und bietet eine vollständige Kompatibilität über alle Medien- und Laufwerksgenerationen, und zwar ohne bekannte Einschränkungen. Medien gibt es in der HDD-Variante mit Kapazitäten von 500 GByte bis zu 4 TByte, SDD-basierend in 128/256 GByte oder als WORM-Medium mit 500 GByte bis 1 TByte. Insgesamt ist der Nutzen von SSD-Cartridges limitiert, da kein SSD-Plattenhersteller die uneingeschränkte Lesbarkeit von Daten garantiert, sofern die Platte nicht mindestens alle zwölf Monate mit Strom versorgt wird.
Im Vergleich zu Bändern bieten Wechselplattensysteme prinzipiell einige Vorteile: kein Medien- oder Laufwerksverschleiß, Spurausrichtungsfehler beim Schreib/Lese-Kopf sind unbekannt. Im geschlossenen System können sich keine Ablagerungen bilden, und elektrostatische Entladungen treten nicht auf. Da kein "Einfädeln" des Bands erforderlich ist, sind Wechselplatten haltbarer bei Lade- und Entladezyklen. Eine Hardwareverschlüsselung ist für eine kommende Firmware für alle Gerätetypen geplant.
Das RDX-Loblied wird erst beim Medienpreis durch Misstöne gestört, denn Letzterer hat es in sich. Zur Erinnerung: Ein 1,5-TByte-LTO5-Band mit einer komprimierten Kapazität von bis zu 3 TByte kostet rund 20 Euro. Für ein RDX-Medium mit 3 TByte Speicherplatz darf der Administrator dagegen rund 370 Euro investieren. Eine 3-TByte-2,5-Zoll-SATA-Festplatte für den USB-3.0-Einsatz ist mit rund 100 Euro im Vergleich dazu richtig billig. RDX-Laufwerke sind günstig, praktisch und sehr schnell - Medien waren und bleiben jedoch eher teuer. Die Quikstation in der einfachen Gigabit-Ausführung ist für rund 3.000 Euro im Fachhandel erhältlich.