Entsprechend baut der Münchner Broadliner diese Bereiche aus, personell sowie durch neue Herstellerverträge. Mit Unify (früher Siemens Enterprise Communications) konnte einer der führenden UCC-Hersteller als neuer Partner gewonnen werden. Ingram-Kunden können ab dem dritten Quartal die Lösungen des UCC-Spezialisten über Ingram beziehen. Auch im Storage-Bereich hat Ingram sich mit Netapp einen bekannten Hersteller neu ins Boot geholt. Im LED-Bereich der Sparte New Energy wurde die Kooperation mit Toshiba um die B2C- und B2B-Produkte des Herstellers erweitert. Zudem soll ein neues Expertenteam Powermanagement-Lösungen, insbesondere für Datencenter, fester im Portfolio des Broadliners verankern. Herstellerpartner APC by Schneider Electric, Eaton, Emerson und Online USV arbeiten am Ausbau von Themen wie Energiemanagement und Stromkosteneinsparungen tatkräftig mit. Ein zukunftsweisendes, gleichwohl im Channel noch nicht in der Breite etabliertes Geschäft.
Ausgebaut hat Ingram Micro auch sein Service-Angebot in der TK-Sparte IM.Mobility, wo Adä für sein Unternehmen reklamiert, klar der größte TK-Distributor zu sein. Die Übernahme des Flensburger Reparatur- und Logistik-Spezialisten Datrepair mit rund 300 Mitarbeitern unterstreicht die Akquisitionsfreude des Broadliners.
Überhaupt demonstrierte Marcus Adä, der erstmals in seiner neuen Spitzen-Funktion als Vorsitzender der Geschäftsführung in Deutschland, eine IM.Top eröffnete, Selbstbewusstsein. In Richtung der anderen Seite der bayerischen Landeshauptstadt, im Münchner Süd-Westen, wo Tech Data/Azlan beheimatet sind, bekräftigte Adä den Führungsanspruch in der Broadline-Distribution. »Wir sind ganz klar die Nummer Eins in der Volumendistribution und wollen es auch im Value-Bereich werden«. Bis 2016 will Adä ein Umsatzvolumen von fünf Milliarden Euro schaffen und sich weiter vom Wettbewerb absetzen.
Ein Ziel, dass aber nicht nur auf Wachstum um jeden Preis basiert. Schließlich hat Adä auch einen Sparauftrag im Rahmen der in den USA angekündigten Kostensenkung von jährlich 80 Millionen Euro über alle Landesgesellschaften der Ingram Micro hinweg und muss auf die Profitabilität achten. Kosten senken und dennoch investieren in bestehende und aussichtsreiche neue Zukunftsfelder ist für Adä kein Widerspruch. »Wir können durch weitere Automatisierung und Umverteilungen von Aufgaben unsere Effizienz verbessern«, sagt der Manager. Lagerzusammenlegungen, wie die Kapazitäten in Trier mit Straubing, und Auslagerung einfacher Tätigkeiten wie Belegerfassung im Auftragseingang ins europäische Shared-Service-Center in Bulgariens Hauptstadt Sofia zählt Adä zu den Spareffekten.
Wenig Kopfzerbrechen bereitet dem Manager der Strukturwandel in der IT-Branche. Von einem immer wieder auftauchenden Schreckgespenst, das da Händlersterben im ITK-Channel heißt, will der Ingram Micro-Chef nicht sprechen. »Wir haben seit vielen Jahren eine konstante Basis von 35.000 Kunden«, berichtet Adä. Aber es würden jährlich etwa 1.000 Kunden wegfallen, auf der anderen Seite käme in etwas die gleiche Zahl neuer Kunden hinzu – »hauptsächlich aus anderen Kanälen wie dem Elektrohandwerk und Kunden aus den klassischen Errichtermärkten«, differenziert Adä. Dies hänge damit zusammen, dass Ingram Micro neue Geschäftefelder und somit neue Kundengruppen außerhalb des klassischen ITK-Fachhandels erschieße. Ein Wandel, dem der Broadliner durch seine strategische Ausrichtung – und hier ist er wieder, der VVV-Ansatz – Rechnung trägt.