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Droege Capital kauft Broadliner

Actebis-Gruppe gelingt der Absprung

Die Arques AG steht nach dem umstrittenen Tiscon-Verkauf und einer turbulenten Hauptversammlung vor einem Scherbenhaufen. Deren Beteiligung Actebis aber findet gerade noch rechtzeitig einen neuen Besitzer: Die Droege Capital GmbH plant langfristig mit dem Broadline-Distributor und will seine Marktposition weiter stärken.

Autor:Martin Fryba • 11.8.2009 • ca. 3:00 Min

In aller Eile trennte sich die Beteiligungsfirma Arques Industries AG noch vor der Hauptversammlung am vergangenen Mittwoch von seinen zwei IT-Distributionstöchtern Tiscon (mit COS, Chikara, Avitos und Topedo) und der Actebis-Gruppe. Geholfen hat es nichts: In einer turbulenten Hauptversammlung fiel bei den Neuwahlen fast der komplette Aufsichtsrat durch. Der zur Hauptversammlung neu bestellte CEO Gisbert Ulmke, zuvor für Finanzen bei Arques zuständig, räumte in seiner Antrittsrede Fehler des Managements ein. Man habe zu teuer und zu riskant eingekauft und Vertrauen bei Aktionären und der Öffentlichkeit verloren. »Da hat Arques in den vergangenen Monaten und Jahren viel Porzellan zerschlagen«, sagte Ulmke.

»Strohfrauen« beim Tiscon-Verkauf

Beispiel Tiscon: Die Firma und ihre Tochtergesellschaften, unter anderem Distributor COS, mussten wenige Tage nach dem Verkauf an den russischen Investor KCK Insolvenz anmelden. Seitdem herrscht Chaos in Linden: die Eigentümer-Verhältnisse sind undurchsichtig, keiner will zum Vorstand berufen worden sein (CRN berichtete). Laut Stimmrechtsmitteilungen der Tiscon erschließt sich, dass KCK kein Interesse an einer vollständigen Übernahme der Tiscon AG hatte. Um eine Bestimmung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes zu umgehen, die bei einer Überschreitung von 30 Prozent an einer Erwerbergesellschaft die Abgabe eines öffentlichen Übernahmeangebots vorsieht, wurde der Deal in drei Tranchen abgeschlossen. 20 Prozent erwarb die KCK Ökologie GmbH, 19,6 Prozent gingen an Julija Komarovic, weitere 19,467 Prozent an Natallia Tsimashkova. Arques meldete am 29. Juli 2009, keine Stimmrechte mehr an der Tiscon AG zu halten. Gut ein Drittel der Tiscon-Aktien befindet sich im Streubesitz. Mit der Übernahme vertraute Kreise sprechen gegenüber CRN von einem »ab- gekarteten Spiel«. Die neuen Großaktionärinnen bei Tiscon sind »Strohfrauen« von KCK. Ein einmaliger skandalöser Vorgang, der auch einen Schatten auf Arques wirft. Doch klärende Worte zu den dubiosen Umständen des Verkaufs blieb Arques schuldig.

Unter diesen Voraussetzungen ist es verständlich, dass man sich bei Actebis nach dem Verkauf der Gruppe an die Düsseldorfer Unternehmensberatung und Beteiligungsfirma Droege glücklich über das rechtzeitige Ausscheiden aus dem Arques-Beteiligungsportfolio zeigt. Klaus Hellmich, Vorstandsvorsitzender der Actebis-Gruppe, freut sich dementsprechend über den Gesellschafterwechsel und die künftige Zusammenarbeit mit einem »bodenständigen Familienunternehmen«: »Die Actebis-Geschäftsführung steht voll hinter diesem Wechsel.« Die Droege Capital GmbH (siehe Kasten) verteilt Komplimente in die Gegenrichtung: »Wir sehen in Actebis den Kostenführer, der sich mit einem marktorientierten Sortiment gut aufgestellt hat und mit einem attraktiven Leistungsportfolio eine vorausschauende Strategie verfolgt«, sagt Frank Tanski, Geschäftsführer Droege Capital. »Das verspricht weiterhin eine erfolgreiche Zukunft«, ergänzt der Manager.

Droege-Sprecher Peter Steinke betont gegenüber CRN: »Wir verstehen uns nicht als klassischer Private Equity Investor, wir sind bei der Actebis-Gruppe an einem langfristigen Investment interessiert.« Demnach sei auch nicht geplant, das Distributionsunternehmen »als Braut aufzuhübschen und wieder zu verkaufen«. Auch Restrukturierungsmaßnahmen bei der Distributionsgruppe seien nicht nötig: Unter klassischen Bewertungsmaßstäben stünde Actebis sehr gut da, verweist Sprecher Steinke auf die jüngst kommunizierten Halbjahreszahlen des Distributors. Die Actebis-Gruppe, zu der in Deutschland neben Broadliner Actebis Peacock auch TK-Distributor NT plus gehört, setzte im ersten Halbjahr 2009 mit 1,6 Milliarden Euro zwar fünf Prozent weniger um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Dafür stieg der Ebitda-Gewinn um fünf Prozent auf 23,1 Millionen. Auch beim Gewinn nach Steuern verzeichnete Actebis nach eigener Aussage eine deutliche Steigerung. Bei Droege ist man überzeugt: »Actebis kann seine Marktposition ausbauen – aus eigener Kraft und mit uns als Investor.« Die Düsseldorfer Firma geht von einem weiteren Wachstum aus. Dieses könne auch über Übernahmen erfolgen, sofern sich passende Gelegenheiten bieten. Konkrete Pläne gebe es derzeit aber noch nicht.

Unklar blieben auf der Arques-Hauptversammlung jedoch auch einige Details zum Actebis-Verkauf. Laut »Financial Times Deutschland« soll Arques eine zweite Rate aus dem Actebis-Kauf 2007 von der Otto-Gruppe in Höhe von 37,5 Millionen Euro einschließlich Zinsen noch schuldig sein. Der neue Käufer Droege soll laut CEO Ulmke Arques von dieser Verpflichtung freigestellt haben, was Otto so nicht bestätigt habe, berichtet die Zeitung. Außerdem müsse Arques nun nach der Weiterveräußerung von Actebis einen Kredit von über 30 Millionen Euro tilgen, den das Unternehmen für den Kauf von Actebis aufgenommen hatte. Droege wolle für diesen Kredit nicht geradestehen.