Intel droht wegen unlauterer Handelspraktiken eine Geldstrafe in Milliardenhöhe. Die EU-Kommission drängt zudem darauf, dass der Chiphersteller grundsätzliche Änderungen bei seiner Rabattvergabe vornimmt.
Den Chiphersteller Intel erwartet im Laufe diese Woche voraussichtlich die höchste Strafe, die jemals in Europa wegen kartellrechtlicher Verstöße von der EU-Kommisssion verhängt worden ist. Medienberichten zufolge hält die EU-Kommission das Unternehmen in zwei Fällen für schuldig.
Der Chipgigant soll Computer-Herstellern Rabatte und andere Anreize geboten haben, damit diese Intel-Chips verbauen und nicht auf Prozessoren des Konkurrenten AMD setzen. Zudem hat Intel nach Ansicht der Wettbewerbshüter sogar dafür gezahlt haben, dass die Einführung AMD-basierter Rechner verschoben oder storniert wurde.
Die Missbrauchsfälle sollen sich über einen Zeitraum von acht Jahren erstreckt haben. Unter anderem hat Intel laut der EU-Kommission den Herstellern prozentuale Vorgaben gemacht haben, zu welchem Grad Rechner mit Intel- oder AMD-Prozessoren ausgestattet sein durften.
Bei NEC habe die Quote beispielsweise bei 20 Prozent AMD-Systemen gelegen, während Lenovo überhaupt keine AMD-CPUs verbauen »durfte«. Die EU wird voraussichtlich noch im Laufe dieser Woche ihr Urteil verkünden.
Zusätzlich wird Intel nach dem Willen der Wettbewerbshüter auch seine Rabattpolitik ändern müssen. Intel hat in der Vergangenheit ein komplexes System aus Anreizen und Preisnachlässen geschaffen, das nun wie ein Kartenhaus zusammenstürzen könnte.
Im Rahmen des »Intel-inside«-Programms erhalten PC-Hersteller je nach Menge der gekauften CPUs Gutschriften, die in Form von Werbekostenzuschüssen wieder an die Hersteller zurückgehen. Die Höhe der Zuschüsse ist zum Beispiel bei einer Printanzeige für einen PC von der Größe des Intel-Logos sowie der Anzahl weiterer in der Anzeige präsenter Firmen abhängig.
Ein weiteres Beispiel für die Monopolstellung von Intel ist die Tatsache, dass in ganz Europa seit mehreren Jahren ausschließlich Intel-basierte PCs in den Filialen der Media-Saturn-Gruppe angeboten werden, und das, obwohl die Endkunden durchaus auch Interesse an AMD-basierten Rechnern äußerten. Die EU-Wettbewerbshüter haben aus diesem Grund auch die MSH-Gruppe im Visier.
Falls Intel seine Handelspraktiken wirklich grundlegend ändern muss, dürfte dies dem Erzrivalen AMD, der seit der ATI-Übernahme verzweifelt versucht, aus den roten Zahlen herauszukommen, leichten Auftrieb geben. Die Gefahr, dass Intel durch das EU-Urteil seine beherrschende Marktposition bei x86-Prozessoren verlieren könnte, dürfte jedoch selbst bei der Verhängung einer drakonischen Geldstrafe und dem Ende der bisherigen Handelspraktiken kaum bestehen.
Nach Angaben der amerikanischen Marktforschungsfirma iSuppli betrug der Marktanteil von Intel bei Prozessoren im vierten Quartal 2008 rund 81,8 Prozent. Das waren 0,88 Prozent mehr als im dritten Quartal.
Im Vergleich zum Q.4/2007 stieg der Anteil von Intel sogar um 3,4 Prozent. Zur Dominanz des Herstellers bei Desktop- und Server-CPUs kommt dank des Erfolgs der »Atom«-Prozessoren eine starke Position bei Netbooks.
AMDs Marktanteil bei CPUs sank dagegen im vierten Quartal 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent auf 10,6 Prozent.