Behörden sparen durch IT-Investitionen

25. März 2004, 0:00 Uhr | Markus Bereszewski

Behörden sparen durch IT-Investitionen. Die Aufgaben der öffentlichen Hand sind klar: Kosten sparen und Bürgernähe erhöhen. Ein Problem dabei sind die fehlenden bundesweit einheitlichen Standards.

Behörden sparen durch IT-Investitionen

Die öffentliche Verwaltung steht unter enormen Kostendruck. Häufig soll ein umfangreiches Dienstleistungsangebot mit geringen Budgets realisiert werden. Mögliche Lösung: Investitionen in die Informationstechnologie (IT), denn mit ihr lassen sich für Behörden mittel- und langfristig deutliche Kosteneinsparungen realisieren. Möglicher Zusatzeffekt: Nicht nur Effizienz und Produktivität werden damit deutlich erhöht, sondern auch die Service-Qualität für die Bürger verbessert sich erheblich. Doch auch an der IT wird gespart: 85 Prozent der IT-Verantwortlichen in den Ämtern sehen fehlende Haushaltsmittel als größte Herausforderung an, so die Studie "Public Trend" von Mummert Consulting.

Dabei können durch gezielten IT-Einsatz erhebliche Kosten gesenkt werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die "Trans European Services for Telematics between Administrations (TESTA)". Dahinter verbirgt sich ein privates europäisches Netz, das alle Intranetze der teilnehmenden nationalen Regierungsbehörden verknüpft. Mit diesem Netz kann neben der Datenübertragung auf Groupware-Anwendungen zugegriffen werden. Es wurde im Rahmen des Programms "Elektronischer Datenaustausch zwischen Verwaltungen (IDA)" von der Europäischen Kommission initiiert. Inzwischen sind nahezu alle EU-Mitglieder sowie Norwegen und Island über TESTA vernetzt. Die jährlichen Kosten werden auf 4,8 Millionen Euro veranschlagt, die Einsparungen auf 8,6 Millionen Euro pro Jahr. Das ergibt einen Return on Investment von rund 180 Prozent, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der europäischen Kommission.

Welches Problem stellt die Verwaltung in den nächsten 12 Monaten vor die größte Herausforderung?

Quelle: Mummert Consulting AG

Elektronischer Flickenteppich

Anders in Deutschland: Es fehlen bundeseinheitliche Standards für die Modernisierung. Bei den E-Government-Systemen gibt es beispielsweise zahlreiche unterschiedliche Varianten, die nach Angaben des Branchenverbandes BITKOM in Deutschland zu einem elektronischen Flickenteppich geführt haben. Dieses Problem wird nun in dem Aktionsprogramm "Informationsgesellschaft Deutschland 2006" der Bundesregierung aufgegriffen. Ziel ist es, sich gemeinsam mit der Wirtschaft auf einheitliche Standards für E-Government zu einigen. So sollen beispielsweise alle öffentlichen Aufträge künftig elektronisch vergeben werden. Eine Erleichterung für Bund und Wirtschaft. Ähnliche Ziele verfolgte auch schon die im Jahre 2000 vorgestellte Initiative Bund Online 2005. Diese sah vor, dass bis zum nächsten Jahr alle onlinefähigen Leistungen der Bundesverwaltung über das Internet bereitgestellt werden. Über die Bedeutung dieser Initiative ist die Meinung der IT-Entscheider in den Behörden allerdings geteilt. In einer Skala von 1 bis 6 schätzt etwa die Hälfte sie eher hoch ein, der Rest dagegen weniger hoch, so die Ergebnisse der Studie "Public Trend".

Im Gegensatz zur Initiative Bund Online 2005 besteht in der Bedeutung von Bürgerportalen kaum Zweifel. Diese werden allgemein hoch eingeschätzt. Von den öffentlichen Verwaltungen werden sie als notwendiges Instrument zur Bürgerorientierung akzeptiert. Doch der Bürger nutzt diese Möglichkeiten bislang nur zögerlich, denn er muss aus einer oft unübersichtlichen Fülle von Informationen und Angeboten diejenigen herausfischen, die ihm am schnellsten weiterhelfen. Bisher ist zudem meist nur das Herunterladen von Formularen möglich. Die Deutschen aber wollen sich beispielsweise auch online ummelden, Passanträge stellen und Kraftfahrzeuge anmelden. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg.

Welche Massnahmen zur Steigerung der Effizienz sollten aus Ihrer Sicher durchgeführt werden?

Quelle: Mummert Consulting AG

Behördengänge per Internet

Bedarf ist zweifellos vorhanden: Neun von zehn Internetnutzern in Deutschland (88 Prozent) wollen ihren Gang zum Amt komplett online erledigen. Bisher wickelt aber nur jeder fünfte Deutsche bereits Behördengänge per Mausklick ab. Die für Online-Behördengänge - wie An- und Ummeldungen, Bauanträge und Steuererklärungen - notwendige digitale Signatur setzen bisher erst acht Prozent der deutschen Kommunen ein. Auch unangenehme Besuche beim Arbeitsamt oder Anträge auf Zuschüsse und Berechtigungsscheine sind ohne rechtsgültige Unterschrift nicht möglich.

Allein mit Bürgerportalen lässt sich allerdings keine moderne Verwaltung realisieren. Dafür ist es notwendig, den Verwaltungsapparat umzustrukturieren und Prozesse zu reorganisieren. Das haben die Entscheider in den Behörden bereits erkannt. Die Prozessreorganisation wird als wichtigste Maßnahme angesehen, um die Effizienz zu steigern. Die Behörden müssen bestehende Prozesse auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen, bevor sie mittels IT automatisiert werden. Nur wenn die Informationstechnologie und reformierte Verwaltungsabläufe einhergehen, lassen sich mittelfristig Kostenvorteile realisieren, so der Branchenverband BITKOM.

Welche Auswirkungen wird die Initiative Bund Online 2005 auf die übergreifende Arbeit von Bund,Ländern und Kommunen in den nächsten Zwölf Monaten haben?

Quelle: Mummert Consulting AG

Verbesserung der IT-Sicherheit

Mit der Digitalisierung der Verwaltung sollte auch die Verbesserung der IT-Sicherheit einhergehen. Die IT-Entscheider der Behörden schätzen die Sicherheit der Informationstechnik fast ebenso hoch ein wie die verbesserten Verwaltungsabläufe und Bürgerportale. Aus gutem Grund: Die Zahl der entdeckten Sicherheitsverstöße steigt kontinuierlich. 2003 waren es allein in den USA rund 68 Prozent mehr als im Vorjahr. Doch die Dunkelziffer liegt noch um ein Vielfaches höher. Die Flut neuer Viren, Würmer und Trojaner zwingt zu neuen Investitionen, denn die Behörden-Netzwerke sind immer noch nicht ausreichend gegen feindliche Übergriffe geschützt. Im Hinblick auf die große Zahl persönlicher Daten der Bürger ist das eine prekäre Situation. Die Behörden haben dies erkannt und rüsten mit geballter Technik auf. Virenscanner, Firewalls und Intrusion Detection-Systeme - eine Art elektronische Alarmanlage bei Sicherheitsverstößen - gehören in immer mehr öffentlichen Einrichtungen zum Standard. Damit werden zwar die zuvor vorhandenen Sicherheitslücken geschlossen. 100-prozentige Sicherheit garantieren aber auch diese Systeme nicht. Daher ist es besonders wichtig, dass regelmäßig Risiko-Assessments oder Sicherheitstests stattfinden, um Risiken zu minimieren.

Die meisten IT-Verantwortlichen in den Behörden favorisieren Bürgerportale, elektronische Vorgangsbearbeitung und die Verbesserung der IT-Sicherheit.

Quelle: Mummert Consulting AG

Probleme bei Public Private Partnerships

Ebenso wie die grundlegenden IT-Investitionen zur Modernisierung der Verwaltung stehen auch bei der Sicherheit erhebliche Investitionen an. Um die IT-Projekte zu realisieren und die Kosten zu minimieren, bieten sich für die öffentlichen Verwaltungen Kooperationen mit der freien Wirtschaft an. Nach Negativerfahrungen übt die öffentliche Verwaltung bei gemeinsamen Projekten mit der Wirtschaft jedoch stärkere Zurückhaltung. Trotz der immensen Finanznöte hat nur rund jede zehnte Verwaltung vor, so genannte Public-Private-Partnerships (PPP) in diesem Jahr umzusetzen. Die Mehrheit der Verwaltungen ist skeptisch: Etwa 40 Prozent der Befragten lehnen weitere Partnerschaften stark ab, und jeder zwanzigste möchte mit dem Thema überhaupt nichts mehr zu tun haben. Besonders groß ist die Skepsis bei gemeinsamen Lösungen in den Bereichen Informations- und Telekommunikationstechnologie. Das Statement der Verwaltungsexperten lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig: Public-Private-Partnerships bilden im Ranking der bedeutenden Themen für 2004 in allen wichtigen Kategorien das Schlusslicht. Beispiel Effizienz: Hier kommen PPPs nach Schulnoten beurteilt auf die Note Drei. Sie liegen damit klar abgeschlagen hinter Themen wie Controlling und Prozessreorganisation. Beispiel Kundenorientierung: Lediglich vier Prozent der Befragten glauben, dass Partnerschaften mit Wirtschaftsunternehmen ein gutes Mittel sind, mehr Bürgernähe zu erreichen.

Sehr hohe Bedeutung (1) bis sehr geringe Bedeutung (6)

Quelle: Mummert Consulting AG

Beispiel NRW

Die grundlegenden Umstrukturierungen lassen sich jedoch auch ohne eine Kooperation mit der Wirtschaft realisieren. Ein Beispiel für eine gelungene Umstrukturierung bietet Nordrhein-Westfalen. Frischer Wind weht künftig in den Amtsstuben der Städte und Gemeinden im größten deutschen Bundesland. Denn die doppische Buchführung macht den Einsatz betrieblicher Standardsoftware wie SAP R/3 möglich. Neben einer wesentlich aussagekräftigeren Buchführung bedeutet dies für die IT-Entscheider, dass durch den Einsatz von Standardsoftware eine erhebliche Standardisierung der IT-Strukturen in öffentlichen Verwaltungen möglich wird. Und das spart mittelfristig Geld.


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