Bundesregierung pusht mobiles Multimedia. Mobile Datendienste sollen in Zukunft die großen Umsatzträger im Bereich Telekommunikation sein. Doch bisher haben sie sich - mit Ausnahme der SMS-Versendung - im Geschäftsleben noch nicht durchgesetzt. Das soll eine Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ändern helfen.
Dr. Bettina Holster, Koordinatorin von Mobilmedia und Geschäftsführerin von Vivai Software: "Viele innovative Ansätze, aber keine Öffentlichkeit."
Foto: Vivai Software
Multimediale Datendienste, so die großen Versprechen der Anbieter, sollen die Qualität des Arbeitens und Lebens entscheidend verbessern. Alle Daten überall, lautet die Devise. Die Realität allerdings sieht zumindest in Deutschland noch triste aus. Natürlich werden schon länger Daten mobil übertragen, aber meist geschieht das ganz einfach über GSM-Handy oder -Karte und hat mit Innovation noch nicht viel zu tun.
Damit der Zug nicht wie auf manch anderem Gebiet ohne Deutschland in Richtung Zukunft braust, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit nun die Initiative Mobilmedia ins Leben gerufen. Sie fördert mit 15 Millionen Euro fünf vorher in einem Wettbewerb ausgewählte beispielhafte Mobildatenprojekte. Begleitet wird das Vorhaben von offenen lokalen Gesprächsrunden (Local Talks), der themenzentrierten Zusammenarbeit der Beteiligten in Workshops und Task Forces und wissenschaftlichen Untersuchungen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der Fachhochschule Ludwigshafen und der Hochschule Bremen. Erste Ergebnisse und Entwicklungen werden bei einem großen Kongress Ende 2005 präsentiert.
Beispielhaft arbeitet die Bundesregierung bei diesem Vorhaben mit der privaten Wirtschaft zusammen. So leitet nicht etwa ein Ministerialer das Projekt, sondern eine Fachfrau aus der Praxis. Dr. Bettina Holster, Geschäftsführerin der Softwarefirma Vivai und langjährige Kennerin der Mobildaten-Szene, hat sich vorgenommen, dem Thema endlich auch hierzulande die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu sichern. "Es gibt in Deutschland viele Firmen, die auf diesem Gebiet wirklich innovative Dinge tun, aber es fehlt an Öffentlichkeit und Koordination, damit diese Ansätze fruchtbar werden", meint Holster.
Im Zentrum des Projekts stehen "Members of Mobile Media". Diese Unternehmen und Organisationen sind Mobilemedia besonders verpflichtet. Sie arbeiten in den Task Forces mit. Diese widmen sich zum Beispiel neuen Geschäfts- und Vermarktungsmodellen, steuerlichen und rechtlichen sowie technischen und sozialpolitischen Fragen, die im Umfeld neuer, mobiler Technologien auftreten.
Die vielversprechenden Modellprojekte stammen aus dem privatwirtschaftlichen und dem öffentlichen Bereich, sie wenden sich an professionelle und private Nutzer. An den meisten Projekten wirkt auch eine wissenschaftliche Einrichtung mit.
Fünf Projekte mit mobilen Daten
Für den öffentlichen Bereich soll zum Beispiel Mobüd (Mobile Bürgerdienste) wirksam werden. Beteiligt sind unter anderem das Land Berlin und die Telematik-Schmiede IVU. Forschungspartner ist das Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik Berlin. Das Projekt strebt ein direkteres Verhältnis der Verwaltung zu den Bürgern an. Sie gehen nicht mehr aufs Amt, sondern das Amt kommt zu ihnen in Gestalt seiner Mitarbeiter, die mit modernster mobiler Technologie ausgestattet sind. Die Begegnung zwischen Verwaltungsangestelltem und Bürgern kann sich dann zu Hause, auf dem Marktplatz oder im Betrieb abspielen. Die Einsatzmöglichkeiten mobiler Verwaltungslösungen reichen von Beratung bis zur Erledigung komplexerer Formalitäten wie etwa Antrag auf Sozialhilfe. Wichtige Themen sind hier vor allem sichere Verwaltungsabläufe und der Schutz der Bürgerdaten.
Einer schwierigen Branche wendet sich das Projekt Mobiko (Mobile drahtlose Kommunikation im Bauwesen) zu. Der Nutzen von drahtloser Technik auf der Baustelle liegt auf der Hand - ein fest verdrahtetes Netz kann in einer solchen Umgebung oft nicht aufgebaut werden. Gibt es dagegen drahtlose Vernetzungsmöglichkeiten, können Architekten und Bauträger die Realität auf der Baustelle per digitalem Plan auf dem Laptop mit der Ist-Situation vergleichen. Baumängel lassen sich fotografisch festhalten und vieles andere mehr. Wichtigste Herausforderung ist hier die Integration mobiler Datenbanken. An dem Projekt beteiligen sich zum Beispiel T-Systems und der Bau-CAD-Spezialist Nemetschek sowie das Institut für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft an der Universität Bremen.
Hynet befasst sich mit dem Versenden von Daten über die Broadcast-Technologien DAB, DVB-T und UMTS/GSM. Beide Technologiebereiche sollen intelligent integriert werden. Es soll ein mobiles Portal für Reisende entstehen, das hilft, Routen zu planen oder eine Unterkunft zu finden. An dem Projekt beteiligen sich T-Systems, Clever Tanken, Ehotel und Navigon.
Die übrigen zwei Projekte befassen sich mit mobilem Marketing. An Moma (Mobiles Marketing) wirken Vodafone Terenci, Yellow Map und CAS Software sowie das Insititut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren der Universität Karlsruhe mit. Das Projekt möchte personalisierte und ortsbezogene Dienste und Informationen bereitstellen. Sie sollen so gefiltert werden, dass tatsächlich nur solche Daten zum Nutzer gelangen, die er auch will und angefordert hat. V-Card (Veredelte Message- und Lifestyle-Dienste) hat die Firmenpartner Lucent und 12snap. Dazu kommt das Zentrum für Mobilität und Information der Universität Regensburg. Hier sollen individuelle Multimedia-Informationen, zum Beispiel ein am Handy geschossenes Foto, über einen Multimedia-Hub geleitet, dort veredelt an den gewünschte Adressaten geschickt werden. Das Foto würde der Hub zum Beispiel in ein kurzes Video einbauen, so dass es für den Empfänger aussieht, als habe der Sender einen kurzen Film gedreht.