Bergbauzechen und Schwefelschwaden sind Vergangenheit, Forschung und Entwicklung werden groß geschrieben: Das Ruhrgebiet kommt voran auf dem Weg vom »Kohlenpott« zur »Metropole Ruhr«. IT-Unternehmen bietet es einen gut ausgebildeten Personal-Pool und viel Unterstützung durch Technologie- und Gründerzentren.
Das Klischee ist fast so alt wie Steinkohle, hält sich aber hartnäckig in vielen Köpfen: Im Ruhrgebiet rauchen die Schlote, Schwefelgeruch liegt in der Luft. Überall Kohlenstaub, die Farbe Grau herrscht vor. Wer schon einmal offenen Auges die Region zwischen Duisburg im Süden und Dortmund im Nordosten durchquert hat, weiß natürlich, dass diese Vorstellung etwa so sehr der Realität entspricht wie die Ansicht, dass die Bayern allesamt Lederhosen tragen.
Das Ruhrgebiet ist mit einer Fläche von etwa 4.435 Quadratkilometern der größte Ballungsraum Deutschlands und Nummer drei in Europa. In den Grenzen des 1920 gegründeten »Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk«, dem heutigen Regionalverband Ruhr (RVR), befinden sich insgesamt 53 Städte und Gemeinden, in denen über 5,3 Millionen Menschen aus 170 Nationen leben. Benannt ist die Region nach dem im Hochsauerland entspringenden Fluss Ruhr, der neben kleineren Orten wie Iserlohn und Schwerte auch die bekanntesten Ruhrgebietsstädte Dortmund, Bochum, Essen und Duisburg streift oder durchquert. Im Duisburger Stadtteil Ruhrort, Standort des größten Binnenhafens Europas, mündet der Fluss in den Rhein.
Dennoch: Wer »Ruhrgebiet« in sein Navigationssystem eintippt, wird diese »Stadt« nicht finden. Verwaltet wird das Ruhrgebiet nicht nur vom Regionalverband Ruhr mit Sitz in Essen, sondern auch von den drei NRW-Regierungsbezirken Arnsberg, Düsseldorf und Münster, was sich erst in den nächsten Jahren durch eine Verwaltungsreform ändern soll. Auch offiziell heißt es: »Die Metropole Ruhr entsteht gerade erst«. Einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung soll das nächste Jahr leisten, wenn unter dem Label »Ruhr 2010« das Ruhrgebiet unter Federführung der Stadt Essen zur Kulturhauptstadt Europas wird. Dann soll die Kultur – geplant sind mehrere hundert Ausstellungen, Projekte und Konzerte - als Klammer dazu beitragen, dass auch die »Dienstleistungs- und Innovationsmetropole« Ruhrgebiet ein ganzes Stück voran kommt. »Eine aufregende kulturelle Vielfalt bildet das neue Markenzeichen im drittgrößten europäischen Ballungsraum und ist Basis für die Entwicklung der Region zu einer inspirierenden und unkonventionellen Metropole im Werden«, heißt es dazu bei der Ruhr 2010 GmbH, dem Organisator der Veranstaltung.
Dominiert wird das Revier - aus Marketinggründen neuerdings »Metropolregion Ruhr« - genannt, längst nicht mehr von Kohlezechen und rauchenden Schloten. Zahlreiche ehemalige Zechengelände sind heute Bestandteil von Naherholungsgebieten und Landschaftsparks, die das gesamte Ruhrgebiet durchziehen. Rund 40 Prozent der Fläche des Ruhrgebiets wird landwirtschaftlich genutzt, der Waldanteil beträgt 17,6 Prozent.