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Nach der Übernahmewelle

Der BI-Markt sortiert sich neu

Über den Markt für Business Intelligence-(BI-)Software ist im vergangenen Jahr eine beispiellose Übernahmewelle gerollt. Die verbliebenen Spezialanbieter setzen darauf, von der Verunsicherung der Kunden zu profitieren. Doch die Software-Konzerne SAP, IBM und Oracle, die inzwischen den BI-Markt dominieren, leisten sich bislang keine Schnitzer.

Autor:Michael Hase • 4.9.2008 • ca. 2:10 Min

Ein Experte für Business Intelligence (BI), der das Jahr 2007 verschlafen hätte, würde den Markt heute wohl kaum wieder erkennen. Bestimmten über Jahre Spezialisten wie SAS, Cognos, Business Objects (BO) und Hyperion das Geschehen, so haben die Großen der Software- Branche im vergangenen Jahr die Verhältnisse auf den Kopf gestellt: Oracle, SAP und IBM investierten zusammen mehr als 15 Milliarden Dollar und kauften drei der führenden Anbieter auf. Von den größeren Spezialisten ist allein SAS als unabhängiges Unternehmen übrig geblieben.

»Was wir im vergangenen Jahr erlebt haben, war der Einstieg der großen Software- Hersteller in den BI-Markt«, resümiert Jörg Petzhold, Manager Marketing & Strategy bei SAS in Heidelberg. Von den großen Namen lässt sich das USUnternehmen allerdings nicht einschüchtern. Vielmehr möchte SAS die Unruhe nutzen, die nach einer solchen Übernahmewelle im Markt entsteht. Der BI-Pionier zielt mit einem »Innovation Program« vor allem darauf ab, SAP-Kunden für seine Produkte zu gewinnen. Mit solchen Erwartungen steht SAS nicht allein da. Auch kleinere BI-Spezialisten, zu denen etwa Microstrategy, Cubeware oder Qliktech zählen, wollen von der Verunsicherung im Markt profitieren. Aber SAS ist der einzige, der von der Größe her mit den Branchenriesen auf Augenhöhe konkurrieren kann.

Für Kunden stellt sich nach den Milliardenzukäufen tatsächlich eine Reihe von Fragen. Analysten wie Carsten Bange, Geschäftsführer des Business Application Research Center (BARC), spüren im Markt »eine große Unsicherheit darüber, wie es bei einigen Anbietern weitergeht«. Nachdem die Software-Konzerne ihre BI-Portfolien deutlich ausgebaut haben, »gibt es an vielen Stellen klare Überlappungen«. Zwangsläufig werden einige Produkte in Zukunft nicht mehr weiterentwickelt, wie Bange ausführt. Eine Situation, mit der sich Kunden auseinandersetzen, für die womöglich eine Migration ansteht: »Unternehmen überdenken ihre BI-Strategien neu, da sich die Ausgangslage bei den großen Anbietern verändert hat.«

Neben der Zukunftssicherheit ihrer Investitionen geht es Kunden um Offenheit der Systeme. Anwendern mit heterogenen Systemlandschaften ist daran gelegen, dass ihre BI-Tools auch künftig außerhalb der IBM-, Oracle- beziehungsweise SAPWelt ohne Einschränkungen funktionieren. Die Angst davor, diese Anbieter könnten ihre Systeme abschotten und BI dafür nutzen, andere Produkte aus ihrem Portfolio zu verkaufen, sei bei Kunden sehr groß, beobachtet BARC-Experte Bange. Solches Cross-Selling »widerspricht aber der Philosophie der Integrationsfähigkeit von Business Intelligence-Lösungen«, wendet der Analyst ein. Freilich wissen auch die Software-Konzerne, dass sie mit einer solchen Strategie riskieren würden, Kunden in Scharen zu vertreiben. Deshalb überbieten sie sich mit Bekenntnissen zur Offenheit. Allein, solche Aussagen besitzen in der IT-Branche mitunter eine kurze Halbwertszeit. »Wir denken, dass die Anbieter gut beraten sind, auch wirklich offen zu bleiben«, mahnt deshalb Bange.

Verunsicherung registrieren jedenfalls auch die Partner: »Manche unserer Kunden befürchten schon, SAP könnte die Business Objects-Tools stand alone nicht mehr wie bisher unterstützen«, berichtet etwa Norbert Sundermann, Geschäftsführer des BO-Partners Windhoff. Allerdings rechnet er selbst nicht damit, dass die Walldorfer die BO-Lösungen gegenüber Fremdsystemen abschotten. Dazu haben sie nach seiner Einschätzung zu viel Geld für den Anbieter gezahlt, um dessen BITools lediglich als Front-End für das SAP Business Warehouse zu nutzen.