Smart Building & Gebäudesicherheit

Ein Händchen für Sicherheit?

29. Juli 2022, 6:30 Uhr | Autorin: Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Was im Vorfeld bedacht werden sollte

Mareike Kipp, Hekatron
Mareike Kipp, Leiterin Produktmanagement Rauchwarnmelder Hekatron Brandschutz: „In einem modernen Wohnumfeld ist die smarte Vernetzung ein wesentlicher  Faktor. Sie führt zu mehr Komfort und Sicherheit für die Bewohner. So wird sich auch die Brandschutzüberwachung immer besser mit anderen Geräten und Kommunikationsmitteln vernetzen. Im Brandfall können so zum Beispiel automatisch Küchengeräte ausgeschaltet und Bewohner über Smartphones alarmiert werden. Umgekehrt könnten bei einem Einbruch Rauchwarnmelder zur Abschreckung einen Alarm auslösen.“
© Hekatron

Auf die Frage nach den Herausforderungen bei der Planung beziehungsweise Nachrüstung von Immobilien mit Blick auf die Gebäudesicherheit, hat Stefan Künstler, Key-Account-Management bei Ekey Biometric Systems, eine klare Antwort: „Die Herausforderung ist hier die Planung an sich.“ Eine Gefahren- oder Bedarfsanalyse bringe daher oft erste, wertvolle Erkenntnisse. Wo liegen die Schwachpunkte? Wie soll die Bedienung erfolgen? Welche baulichen Voraussetzungen herrschen? Wo sind Laufwege? Wie werden die Räumlichkeiten zu unterschiedlichen Tageszeiten genutzt? Welche Personen haben zu welchen Zeiten Zutritt? Gibt es Brandschutzanforderungen? „Dabei ist es extrem wichtig, dass Informationen zwischen den unterschiedlichen Gewerken ausgetauscht werden. Indem alle Beteiligten verstehen, was die anderen machen, entsteht ein komplettes System: Zum Beispiel können unterschiedliche Geräte für ähnliche Funktionen vermieden werden, indem die Funktion durch Vernetzung sichergestellt wird“, rät Künstler.

Darüber hinaus gehört das System an den jeweiligen Nutzer beziehungsweise Auftraggeber angepasst. „Ein solcher Prozess ist sehr komplex, kommen währenddessen Schwachstellen auf, so gilt es, diese auszuräumen und nachzubessern. Und auch wenn die Systeme heutzutage oftmals funkbasiert arbeiten können, empfiehlt es sich sofern möglich, auf eine leitungsbasierte Kommunikation zu setzen, um das Ausfallrisiko zu minimieren“, gibt der Ekey-Manager zu bedenken. Grundsätzlich müsse Gebäudesicherheit seiner Meinung nach einfach zu bedienen sein. Und das System dürfe nicht zu kompliziert sein, sonst passieren Fehler oder die Anwender werden nachlässig. „Daher ist es am besten, wenn die Komponenten der Sicherheit und der Gebäudeautomation vernetzt werden und die Vorgänge so an die Benutzer angepasst werden können.“

Komplexität beziehungsweise Konfusion ergibt sich allein auch schon dadurch, dass man aus einer Vielzahl an Lösungen die richtige(n) finden muss. Grundsätzlich allerdings, davon ist Kafaar von eQ-3 überzeugt, stelle die Ausstattung und auch die Nachrüstung von Gebäuden mit Sicherheitslösungen heute kein Problem mehr dar. Abhilfe schaffe eine Vorabbewertung der Lösungen. „Das Internet sowie viele Foren und Gruppen machen das nicht unbedingt einfacher“, gibt Kafaar zu bedenken. Klarheit brächten daher oft erst fachkundige Experten, die dazu beitragen, sich eine eigene Meinung zu bilden und festzustellen, welche Lösung die eigenen Bedürfnisse am besten erfüllt und auch zukunftsfähig ist. „Insbesondere die Update-Fähigkeit von Geräten darf nicht unterschätzt werden. IoT-Lösungen können viel Mehrwert bringen, die Dienste müssen aber auch für den Endkunden überschaubar bleiben, sowohl bei den Anwendungen als auch in Bezug auf die Kosten.“ Außerdem müsse das System für den Installateur einfach zu verbauen sein. Dabei dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass es danach langfristig den Kunden zufriedenstellen muss. Die Bedienung, meist über eine App, sollte unkompliziert, praktisch und alltagstauglich sein, rät der Ekey-Account-Manager. Dieter Michel von Siedle führt zudem mit Blick auf das Feld der Videoüberwachung an, dass neben der Qualität der Hardware auch die die Verarbeitung von Videobildern bedacht werden sollte: Stichwort Datenschutzkonformität.  „In der rechtlichen Verantwortung sind hier allerdings nicht die Hersteller, sondern die Betreiber von Anlagen, also die Bauherren.“ Beispielsweise dürften Bilder einer Videoüberwachung nur für einen begrenzten Zeitraum gespeichert werden und müssten danach gelöscht werden. Auch mobile Türkommunikation sei in der Nachrüstung sinnvoll. „Ältere Sprechanlagen verfügen zwar nicht über Video. Aber auch die Sprachverbindung ist sicherheitsrelevant. Denn die Person, die gerade klingelt, kann dank der App nicht erkennen, ob der Gesprächspartner gerade unterwegs ist oder zu Hause“, so der Siedle-Manager.

Last but not least ein grundsätzlicher Aspekt: Bei Gebäudekommunikation geht es immer auch um das Türöffnen – den Zutritt zum Gebäude. „Das ist ein hochsensibler Punkt. Deshalb ist es wichtig, dass die Verarbeiter Gebäudekommunikation mit Bedacht vernetzen, weil jedes Netzwerk nur so sicher ist wie seine schwächsten Stellen“, rät Michel.

Stefan Künstler, Ekey
Stefan Künstler, Key-Account-Manager bei Ekey Biometric Systems
© Ekey

Kommentar: Sicherheit nicht nur für den Moment
Für intelligente Sicherheitslösungen gilt, dass sie sich dem jeweiligen Projekt anpassen müssen und jedes Projekt individuelle Anforderungen stellt, die erfüllt werden müssen. Generell muss der Sicherheitsstandard so hoch wie möglich sein. Gleiches gilt für den Komfort. Denn ansonsten kann es schnell passieren, dass die Lösung nicht so angewendet beziehungsweise genutzt wird, wie es vorgesehen war, wodurch erst recht große Sicherheitslücken entstehen. Ob klassische Einbrüche oder Angriffe auf die IT-Infrastruktur, es gibt immer neue Entwicklungen, die mit einbezogen werden müssen. Aus diesem Grund muss ein Sicherheitssystem in regelmäßigen Abständen immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Nach einer solchen Analyse kann es dann zu Anpassungen und somit auch zu Folgekosten kommen. Aber nur so ist gewährleistet, dass ein System auch fortwährend für die gewünschte Sicherheit sorgt.

Noch rechnet sich das umfassende Smart Building nicht

An Einzellösungen hapert es also nicht, um Gebäudesicherheit zu gewährleisten, und an entsprechenden Systemen und Gateways ebenfalls nicht, um eine ganzheitliche, intelligente Vernetzung aller Teillösungen zu realisieren. Woran also liegt es, dass Digitalisierungsvorhaben in dem Kontext noch nicht so weit vorangeschritten sind? Zumindest mit Blick auf Nichtwohngebäude weiß die BVDW-Studie auch hier Antworten zu liefern: Bei der Analyse der Ursachen für diese Befunde identifizieren die ExpertInnen eine fehlende Strategie als wesentliches Hindernis. Rechtliche Risiken, die aufgrund von Haftungsfragen oder aus Datenschutzgründen entstehen, sowie mögliche Bedrohungen durch Cyberattacken wurden im Vergleich dazu als weniger relevant eingestuft. Sie sind aber dennoch relevante Hemmnisse, die sich auf die Implementierung höherer Smartness-Levels auswirken.

Hohe Investitionen sind ebenfalls ein Thema für die gesamte Branche. Über alle Anwendungsbereiche hinweg wird ein nicht vorteilhaftes Kosten-Nutzen-Verhältnis als Grund genannt, dass die nächste Smartness-Stufe nicht erreicht wird. Dabei sei Kosteneffizienz eine der Haupterwartungen und -anforderungen an smarte Technologien im Gebäude. Hohe Investitionen in einem Umfeld, in dem es nach heutigem Stand wenige Standards und keine flächendeckende Klarheit weder über sich verändernde Prozesse der Gewerke noch über ihr Zusammenspiel gibt, werden von vielen einzelnen Gewerken bis dato gescheut.

Im Vergleich dazu wurde das Hemmnis fehlendes Know-how in Bezug auf die einzusetzende Technologie in Planung, Implementierung und Betrieb als weniger relevant, jedoch trotzdem bedeutend bewertet. Eine fehlende technologische Reife sowie ein unklarer Nutzen für Betreiber und Anwender wurden als eher weniger relevant eingestuft.

Handlungsempfehlungen

Skander Kaafar., eQ-3
Skander Kaafar, Vice President Sales & Marketing, eQ-3: „Dank moderner Technologie geht die Sicherheit für Gebäude heute über die einzelnen Elemente einer ‚klassischen‘ Alarmanlage hinaus. Sensoren und Alarmgeber sind natürlich immer noch die grundlegenden Bausteine einer Gebäudesicherung, doch durch die bereichsübergreifende, intelligente Vernetzung bieten sich heute viel mehr Möglichkeiten.“
© eQ-3

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, macht eine Unterscheidung Sinn: Zum einen gilt es, die fehlenden Planungsvoraussetzungen für den Neubau von Smart Buildings zu bedenken, zum anderen die Hürden, die den Ausbau zum nächsten Reifegrad behindern. Für den Neubau eines Smart Buildings sei laut Studienautoren zudem die frühzeitige Berücksichtigung der notwendigen Technologien in der Gebäudeplanung (siehe auch Folge-Artikel zum Thema Funk im Smart Building) sowie eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie essenziell. Diese grundlegenden Bedingungen seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt oftmals nicht erfüllt. Neben fehlenden Planungsvoraussetzungen werde oft auch die Fähigkeit der smarten Technologien, Gebäude kontinuierlich zu überwachen, kritisiert. Im Fokus stehen hierbei Bedenken bezüglich des Datenschutzes der GebäudenutzerInnen. Die Herausforderung bestehe oft (nur) in der Darstellung des Mehrwerts für Gebäudenutzer, Anbieter und Betreiber, um den Konsens zur zweckgebundenen Nutzung der Daten zu erhalten. Mit Blick auf die (noch) hohen Kosten werde es entscheidend sein, dass smarte Technologien langfristig dabei helfen, die Kosten zu senken, statt zu erhöhen.

Neben Kooperationen und dem Austausch zwischen Herstellern bei Schnittstellen sei eine zukunftsgerichtete Perspektive entscheidend, resümiert BVDW in der Smart-Buildings-Studie. Da Gebäude in der Regel 50 bis 150 Jahre stehen, müsse vorausschauend geplant werden. „Neben dem digitalen Know-how sind für die künftige Entwicklung neue Kooperationsmodelle und eine starke Kommunikation und Abstimmung der relevanten Akteure der Gebäudewirtschaft untereinander entscheidend“, unterstreicht auch Julia Exner, Director Digital & Field Marketing EMEA von Otis. Europäische und internationale Standards könnten die Entwicklung von Smart Buildings ebenfalls beschleunigen.

1 https://www.bvdw.org/veroeffentlichungen/studien-marktzahlen/detail/artikel/smart-buildings/


  1. Ein Händchen für Sicherheit?
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