Erfolg durch dynamische Preisplanung. Geiz ist geil! Die Schnäppchenjagd ist mittlerweile zum Volkssport avanciert. Ohne eine exakte Planung von Bedarf, Preis und Umsatz können Rabattaktionen allerdings schnell zum Eigentor für den Handel werden
Das veränderte Kaufverhalten der Konsumenten hat eine Welle von Niedrigpreisangeboten ausgelöst und damit eines deutlich gezeigt: Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten unterliegen sowohl der Handel als auch die Konsumgüterindustrie einem extremen Kosten- und Umsatzdruck. Für Unternehmen wird es immer wichtiger, das Kaufverhalten der Kunden genau zu analysieren und die Preise der Artikel optimal zu bestimmen, statt unbedacht Rabatte zu gewähren, mit denen höchstens kurzfristig Käufer angelockt werden.
Ein Blick über den Atlantik zeigt, dass sich Unternehmen durch eine optimale Planung von Bedarf, Preis und Umsatz auch unter erhöhtem Wettbewerbsdruck erfolgreich am Markt positionieren können. Demand, Revenue and Pricing Management (DRPM) ist eine Methode, mit der anhand historischer Daten, wie Abverkaufszahlen und Preisen, die Planung von Bedarf und Umsatz ermöglicht wird und auch Wechselwirkungen erfasst werden können.
Kampagnen wie "Buy one - get one free" sollen den Gesamtumsatz erhöhen. Hierbei wird nicht nur der erhöhte Absatz des beworbenen Artikels selbst ermittelt, sondern es werden auch weitere Aspekte berücksichtigt, wie zum Beispiel die Stimulation oder Kannibalisierung des Absatzes anderer Produkte.
Das softwaregestützte DRPM ist in unterschiedlichen Ausprägungen auf verschiedene Industrien anwendbar. Gemeinsam ist allen das Potenzial, das Unternehmen daraus schöpfen können.
Ein japanischer Getränkehersteller konnte durch die Promotionsplanungslösung Umsatzzuwächse in den einzelnen Produktsparten von vier bis 43 Prozent erzielen. Ein Elektronikfachmarkt erreichte durch den Einsatz der Lösung einen Umsatzzuwachs von 14 Prozent und konnte die Anzahl der verkauften Artikel bis zu 17 Prozent steigern. Weiteres Potenzial: Kostenersparnis im Lagerbereich von bis zu zehn Prozent, Implementierungszeiten von ein bis sechs Monaten. Amortisationszeiten von ein bis neun Monaten zeigen, dass sich die Investition sehr schnell lohnen kann.
Die Implementierung eines optimalen Preisfindungprozesses findet in mehreren Schritten statt. Zunächst wird die Preiselastizität eines Artikels innerhalb der Marktsegmente betrachtet. Für einen Artikel im Einzelhandel etwa kann ein anderer Preis realisiert werden, als für ein Angebot im Katalog oder Online-Shop. Diese drei Vertriebskanäle bedienen völlig verschiedene Zielgruppen mit jeweils gänzlich unterschiedlichem Kaufverhalten. Im zweiten Schritt wird das Customer-Response-Modell ermittelt. Hierzu werden - auf Basis der historischen Abverkaufsdaten - Marktsegmente bestimmt, die ähnlich auf Preisveränderungen reagieren.
Unter Verwendung statistischer Methoden gelangt man zu einer Preiselastizitätskurve, die einen Rückschluss auf das Verhalten der unterschiedlichen Marktsegmente zulässt. Hier wird die Marktreaktion für verschiedene Preise innerhalb dieser definierten Segmente ermittelt, die im Weiteren als Grundlage für die zahlreichen Aufgabenstellungen der Preisfindung dient. Essenziell ist hier die Wechselwirkung zwischen Bedarf und Preis.
Je nach Industrie und Produkt gibt es vier Optimierungsprozesse:
Precision Pricing: In Industrien, die reich an Produkten und Dienstleistungen sind, wird der Preis in Preislisten festgesetzt. Dies gilt vor allem für Unternehmen, die einen geringen Markenbezug haben und geringe Margen, zum Beispiel in der Halbleiterindustrie: Produkt A hat einen hohen Marktanteil und ist im Preis relativ stabil. Ein Wettbewerber lanciert Produkt B zu einem geringeren Preis. Die Folge ist, dass der Absatz von Produkt A extrem nachgibt. Unter Berücksichtigung der einzelnen Marktaspekte kann nun der optimale Preis ermittelt werden, um auf die veränderte Marktsituation angemessen zu reagieren.
Target Pricing: Ein anderer Optimierungsaspekt gilt für Unternehmen, deren Geschäftsmodell darin besteht, eine Vielzahl an Kundenanfragen individuell zu bepreisen. Der Preis basiert auf dem Produkt, dem Entscheidungsverhalten des Käufers sowie Wettbewerbsinformationen. Die strategischen Randbedingungen des Unternehmens zur Preisfindung liegen in der Definition von Umsatz, Gewinn und Abschlusswahrscheinlichkeit. Auch hier ist das Customer-Response-Modell wieder Grundlage zur Preiskalkulation. Die Höhe des Preises richtet sich nach der Unternehmenszielsetzung: Gewinn oder Marktanteil.
Promotions und Trade-Funds-Management: Für den Handel besonders interessant ist die Optimierung von Preisnachlässen bei Aktionen. Denn durch die gezielte Einsetzung von Promotionen kann der gesamte Umsatz angekurbelt werden. Solche Promotionsaktionen steigern nicht nur den Absatz des beworbenen Artikels selbst, sondern auch den Verkauf weiterer Produkte aus dem Sortiment. Unter Berücksichtigung wichtiger Einflussfaktoren wie Werbung und durch die Generierung einer Prognose auf Basis der historischen Daten kann sehr genau der Einfluss auf die Verkaufszahlen im Vorfeld kalkuliert werden. Wenn zum Beispiel ein Supermarkt eine Preisaktion für Six-Packs durchführt, sinkt der Verkauf von Einzelflaschen signifikant, aber der Verkauf von Bierkästen der gleichen Marke ändert sich dagegen kaum. Solche Promotionen werden von Konsumgüterherstellern etwa durch den Einsatz sogenannter Trade Funds unterstützt.
Markdown-Planung: Interessant und besonders wichtig für Hersteller kurzlebiger Güter ist die Planung von Preisreduktionen solcher Produkte, die am Ende ihres Lebenszykluses stehen. Insbesondere die Problematik von Kannibalisierungseffekten auf neue Produkte muss in der Planung berücksichtigt werden. Die regelmäßige Aktualisierung der Absatzdaten und die Validierung des Customer-Response-Modell erlaubt eine ständige Feinjustierung des Systems.
Geschickte Promotionsaktionen steigern den Absatz und schaffen Platz in den Regalen.
Die Komplexität der integrierten Preismanagement- und Absatzplanung erfordert systemtechnische Unterstützung, die in den USA von immer mehr Unternehmen genutzt wird. Aber wie sieht die Realität in Europa aus? Erst durch die Lockerung des Rabattgesetzes geraten Preiskalkulationslösungen in Europa in den Fokus von Unternehmen. In Deutschland finden längst das ganze Jahr über Promotionsaktionen statt - und nicht mehr nur zu Schlussverkaufszeiten. Umso wichtiger wird dann die richtige Preiskalkulation.
Beispielsweise setzt der Automobilhersteller Ford diese Art der Preiskalkulation bereits seit geraumer Zeit erfolgreich ein und konnte enorme Erfolge verzeichnen. Bill Ford, CEO der Ford Motor Company, bestätigte gegenüber dem Wall Street Journal, dass der Hauptanteil der Verbesserungen von Ford auf die Revenue-Management-Strategie zurückzuführen ist, die Ford eingeschlagen hat. Lloyd Hansen, Controller Global Sales & Marketing bei Ford USA, bemerkt, dass die Einsetzung einer solchen Lösung der Antrieb für Fords Profitabilität ist.
Kosin Huang, Senioranalystin bei der Yankee Group, ist der Meinung, dass führende, innovative Technologien den integrierten Planungsprozess auf eine neue Ebene heben werden. Durch gleichzeitiges Messen und Analysieren der Auswirkungen, die Promotionen und Preisfindung auf die Wertschöpfungskette haben, kann sichergestellt werden, dass Veränderungen in der Nachfrage durch Anpassungen in der Lieferkette erfüllt werden können, ohne sich negativ auf die Kundenzufriedenheit auszuwirken.
Wer am Ende den integrierten Planungsprozess für sich erfolgreich umsetzen wird, ist im Moment noch nicht entschieden. Die Potenziale sind greifbar und eröffnen den Unternehmen die Möglichkeit auch in Zukunft dem Mitbewerb voraus zu sein.
* Jeff Thinnes ist Geschäftsführer von Manugistics Deutschland