Facebook verkommt vom hippen Netzwerk für Teens und Twens zum Sammelbecken für Silverager, Honks und PR-Strategen. Firmen müssen statt dem Web 2.0 wieder Reality 2.0 entdecken.
Ein Datenauswertung des US-amerikanischen Marktforschers iStrageyLabs belegt nun, was viele bereits ahnten: Dem trendigen Social Network Facebook rennen die trendigen Leute davon. Gemeint sind damit die Nutzer, die das Netzwerk groß gemacht haben: Die Teens, Twens und Thirty-Somethings. Während diese ihre Accounts vermodern lassen oder lieber gleich löschen, verzeichnet der Internetdienst satte Zugangszahlen bei den Senioren. Die Zahl der Facebook-Mitglieder über 55 Jahre nahm demnach zuletzt um gut 80 Prozent zu.
Natürlich besteht da ein kausaler Zusammenhang: Die Kids haben es nun mal nicht so gerne, wenn ihre Eltern und Großeltern plötzlich auf der Party auftauchen, mitfeiern und die gleichaltrigen Partygäste mit ihrer gutgemeinten Beteiligung verscheuchen. Viel besser wird die Lage auch dadurch nicht, dass die Industrie das Netzwerk für sich entdeckt hat. Die Firmen und ihre PR-Berater mögen sich noch so sehr freuen, dass sie einen »coolen« neuen Kommunikationsweg zu ihren potenziellen Kunden gefunden haben – die »coolen« Adressaten sind offensichtlich weniger angetan, wenn sie beispielsweise Distributor Ingram Micro pfiffig darauf hinweist, dass heute der Welt-Hut-Tag ist, oder das Systemhaus Bechtle an den Tag des deutschen Apfels erinnert.
--- forum[x] ---Facebook wird so zunehmend zur angesagten Stranddisco aus dem Vorjahresurlaub, in der plötzlich nur noch Honks herumhängen. Und eben kommunikationsfreudige Silverager. Da aber denen das Geld bekanntlich nur mit bösem Enkeltrick zu entlocken ist, müssen Warenanbieter und ihre PR-Berater nun schleunigst erschnüffeln, wohin sich die werberelevante In-Crowd bewegt.
Vielleicht ist das eine etwas altmodische Vorstellung: Aber womöglich treffen sich die Kids auch einfach mal wieder in Cafes, Biergärten und Bars um die Ecke, um sich auszutauschen. In diesem Fall wäre natürlich klar, wie die Firmen Ingram Micro oder Bechtle auch in der Reality 2.0 am Ball bleiben könnten: Ein Mitarbeiter müsste abgestellt werden, der sich vor Ort leutselig in die Gespräche mischt: »Der morgige Tag des deutschen Apfels ist eine willkommene Gelegenheit, mit ein paar knackigen Bissen in die süße Frucht das Wohlbefinden zu stärken!« Alles klar?