Intel gegen die Europäische Union

EU-Urteil: Intel soll 1,06 Milliarden Euro Strafe zahlen

13. Mai 2009, 17:05 Uhr | Lars Bube
Keine Gnade: EU-Kommissarin NeelieKroes verdonnerte Intel zu einer Strafe von 1,06 Milliarden Euro.

Die für Kartellrecht zuständige EU-Kommission hat Intel eine Rekordstrafe von 1,06 Milliarden Euro aufgebrummt. Intel soll seine dominante Marktstellung bei Prozessoren missbraucht haben, um Konkurrenten, speziell AMD, vom Markt zu drängen. Die europäischen Wettbewerbshüter ordneten außerdem an, dass Intel seine rechtswidrige Geschäftspolitik umgehend einstellen muss. Intel will gegen die Entscheidung Berufung einlegen.

Will in die Berufung gehen: Intels CEOPaul Otellini, hier auf dem Intel DeveloperForum.
Will in die Berufung gehen: Intels CEOPaul Otellini, hier auf dem Intel DeveloperForum.
Intel stellt mit dem Core i7den derzeit leistungsfähig-sten Desktop-Prozessor her.
Intel stellt mit dem Core i7den derzeit leistungsfähig-sten Desktop-Prozessor her.

Die EU-Kommission ist nach jahrelangen Ermittlungen zu dem Schluss gelangt, dass der Chip-Hersteller Intel durch unzulässige Rabatte und direkte Zahlungen an Hersteller und Händler insbesondere dem Erzrivalen AMD massiv geschadet hat. Die europäischen Wettbewerbshüter ordneten deshalb an, dass Intel diese rechtswidrige Geschäftspolitik umgehend einstellen muss.

»Intel hat Millionen europäischer Verbraucher geschadet, indem es viele Jahre lang gezielt versucht hat, Wettbewerbern den Zugang zum Computerchipmarkt zu verwehren. Ein derart schwerer und anhaltender Verstoß gegen das EU-Kartellrecht kann nicht hingenommen werden«, so EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Rund 80 Prozent aller Computer weltweit sind mit CPUs von Intel ausgestattet.

Konkurrent AMD nahm das Urteil mit Freude zur Kenntnis und hofft nun, Intel weitere Marktanteile abnehmen zu können: »Die Kommission hat heute festgestellt, dass Intel seine Marktmacht seit Jahren grob missbraucht. Mit dieser Entscheidung wird der Monopolist in seine Schranken gewiesen. Nun kann die Marktmacht dahin gehen, wo sie eigentlich hingehört, zu den Computer-Herstellern, den Computerhändlern und vor allem den Käufern von PC«, so Giuliano Meroni, President AMD EMEA.

Quotenregelung für PC-Hersteller

Intel hat unter anderem dafür gezahlt, dass Rechnerhersteller die Einführung AMD-basierter Systeme verschoben oder stornierten. Unter anderem soll Intel den Herstellern auch Vorgaben gemacht haben, wie viele Systeme sie mit AMD- und Intel-CPUs ausrüsten durften. Bei NEC habe die Quote beispielsweise bei 20 Prozent AMD-Systemen gelegen, während Lenovo überhaupt keine AMD-CPUs verbauen »durfte«.

Intel hat in der Vergangenheit ein komplexes System aus Anreizen und Preisnachlässen geschaffen, das nun wie ein Kartenhaus zusammenstürzen könnte. Intel hat dagegen die Anschuldigungen stets zurückgewiesen. Die Rabatte hätten die Produkte für die Kunden verbilligt. Doch Intel knebelte Computerhersteller der Kommission zufolge durch die Bedingungen für die Rabatte dermaßen, dass in einem Fall ein Hersteller sogar das Angebot von AMD ausschlug, eine Million Prozessoren kostenlos zu bekommen.

Im Rahmen des »Intel inside«-Programms erhalten PC-Hersteller je nach Menge der gekauften CPUs Gutschriften, die in Form von Werbekostenzuschüssen wieder an den Produzenten zurückgehen.

Die Höhe der Zuschüsse ist bei einer Anzeige in einer Zeitung oder Zeitschrift von der Größe des Intel-Logos sowie der Anzahl weiterer in der Anzeige präsenten Firmen abhängig.

Intel legt Berufung ein

Ein weiteres Beispiel für die fragwürdige Monopolstellung von Intel ist die Tatsache, dass in ganz Europa seit mehreren Jahren ausschließlich Intel-basierte PCs in den Filialen der Media Saturn Gruppe angeboten werden, obwohl die Endkunden durchaus auch Interesse an AMD-basierten Rechnern hätten.

Intel selbst kann die Argumentation der EU jedoch nicht nachvollziehen und hat angekündigt, gegen das Urteil der EU-Kommission Berufung einlegen.

»Intel hat starke Einwände gegen diese Entscheidung. Wir sind der Meinung, dass diese Entscheidung nicht richtig ist und dass die Besonderheiten eines hoch wettbewerbsintensiven Marktes außer Acht gelassen wurden«, kritisiert Intels Chief Executive Officer Paul Otellini. »Dieser Markt bringt ständig Neuheiten hervor, die Produkte verbessern sich fortwährend und das bei gleichzeitig sinkenden Preisen. Der Endverbraucher hat absolut keinen Schaden erlitten«, so Otellini weiter.

Keine Änderungen der Marktsituation

Am Machtgefüge auf dem Prozessormarkt wird das Urteil nach Ansicht von Fachleuten nichts ändern. »Der Marktanteil von Intel und AMD wird gleich bleiben«, sagt Martin Reynolds, Managing Vice President bei Gartner, »das umso mehr, als AMD keinen Anteil an der Strafgebühr erhält.«

Reynolds sieht jedoch eine andere Gefahr für Intel: »Die Entscheidung macht den Weg für Zivilklagen gegen Intel frei.« AMD und andere Prozessorhersteller wie IBM könnten Intel auf Schadenersatz verklagen. Die Hauptverhandlung in einem solchen Verfahren dürfte allerdings erst im kommenden Jahr beginnen.

Die Strafe, welche die EU-Kommission gegen Intel verhängte, ist die höchste, die das Gremium jemals ausgesprochen hat. Bislang hielt Microsoft seit Februar 2008 mit 899 Millionen Euro den Rekord.

Die 1,06 Milliarden Euro entsprechen rund 4,15 Prozent des gesamten Jahresumsatzes des Halbleiterherstellers. Die EU-Kommission kann Strafgelder in Höhe von maximal 10 Prozent des Umsatzes eines Unternehmens verhängen.


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