Europäische Konsolidierung

6. Mai 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

Europäische Konsolidierung. Das Großunternehmen Bayer hat mit einem ausgefeilten elektronischen Management von Dokumenten sein Rechnungswesen europaweit vereinheitlicht und zentralisiert.

Europäische Konsolidierung

Schon vor vier Jahren hat der Pharma- und Chemieriese Bayer ein Umstrukturierungsprojekt beschlossen, um Dienste zu zentralisieren und Kosten zu sparen. Ein Beispiel ist das Rechnungswesen. Im Rahmen der Zusammenführung wurden in Leverkusen und Barcelona Service-Zentren eingerichtet, die das gesamte Rechnungswesen aller Konzerngesellschaften in Europa zentral abwickeln. Inzwischen können auf diese Weise die einzelnen Rechnungswesenabteilungen der über 130 europäischen Gesellschaften des Bayer-Konzerns koordiniert und rationell arbeiten.

Diese Umstrukturierung stellte hohe Anforderungen an die konzernweite Prozessgestaltung. So erforderte sie eine enge standort- und länderübergreifende Zusammenarbeit. Hiermit unabdingbar verbunden ist eine elektronische Vorgangsbearbeitung über die verschiedenen Standorte hinweg. So werden jetzt beispielsweise die Rechnungen für eine finnische Gesellschaft zentral in Barcelona erfasst und gebucht. Bei Rückfragen oder wenn es notwenig wird, Dokumente fachlich anzuerkennen, beispielsweise bei der Freigabe einer Rechnung, ist die Kommunikation und der Austausch von Informationen mit den Landesgesellschaften weiterhin möglich und erforderlich. Eine zentrale Archivierung, auf der die elektronische Vorgangsbearbeitung aufsetzt, bildet die Grundlage.

Elektronische Prozessunterstützung

Auf der Basis eines hausinternen Konzepts mit dem Namen Document Enabling System for Shared Services werden im Bayer-Konzern die Prozesse des Rechnungswesens inzwischen durchgängig elektronisch und im Prinzip papierlos abgebildet. Aufbauend auf einer europaweit zugänglichen Datenbasis in Form eines optischen Archivs können heute alle Anwender aus ihrer gewohnten Anwendung heraus an den sie betreffenden Abläufen teilnehmen. Dafür steht für die jeweiligen Sachbearbeiter im Intranet über einen entsprechenden Client eine Workflow-Anwendung zur Verfügung. Häufig greifen die Endanwender auch aus ERP-Systemen oder dem Kostenstellen-Informationssystem auf die Prozessdokumente zu.

Dokumente, die in einem der beiden europäischen Service-Zentren eingehen, durchlaufen nach dem Einscannen einen ausgefeilten Workflow. So werden Rechnungen, die eine Freigabe durch einen so genannten Bedarfsträger erfordern, automatisch an den zuständigen Bearbeiter weitergeleitet. Dieser kann in einer der angeschlossenen Gesellschaften des Bayer-Konzerns wie beispielsweise Bayer Hispania sitzen. Er erhält das Dokument per Mail und kann es über eine Web-Applikation öffnen. Dabei können die Anfragen, die an einen Bedarfsträger verteilt werden, stark variieren. Deshalb ist es sehr wichtig, dass der Benutzer in der Workflow-Anwendung geführt und unterstützt wird.

Nicht nur Optionen der Weiterbearbeitung wie Freigabe oder Weiterleitung werden ihm angezeigt, sondern er sieht je nach Anfrage auch die für ihn relevanten Informationen. So sind alle Freigabeprozesse im Workflow detailliert abgebildet und führen den Benutzer individuell durch die einzelnen notwendigen Arbeitsschritte. Das umfangreiche Rechte- und Rollenkonzept sichert dabei den kontrollierten und bedarfsgerechten Zugriff.

Bearbeitung von Rechnungen

Dokumenten-Software und auch erforderliche Dienstleistungen zur Implementierung kamen von dem Softwarehaus COI aus Herzogenaurach. Die Entwicklung eines übergreifenden Archivportals, das den gesamten Prozess der Bearbeitung von Eingangsrechnungen widerspiegelt, wurde auf Basis des Produktes Business Flow dieses Herstellers durchgeführt. Es hat sich schon in vielen Projekten der chemischen und pharmazeutischen Industrie bewährt. Es gewährleistet hohe Datensicherheit und trägt dazu bei, die Qualität der Dienstleistungen an den diversen Standorten zu verbessern. Die Leistungsfähigkeit der Software ist auf hohe Volumina zu archivierender Dokumente ausgerichtet. Durch den modularen Aufbau, den hohen Grad an Standardisierung und die Flexibilität lässt sich das System in bestehende Systeme schnell und einfach integrieren. Bei Bayer ermöglicht dieses System heute eine standortübergreifende Rechnungskontrolle und erlaubt dem Benutzer komfortables Arbeiten in seiner gewohnten Umgebung, sprich im Rahmen seiner bisher schon vorhandenen Benutzeroberfläche.

Archivierung und Workflow

Im Einzelnen stellte Peter Oster, der bei Bayer die Entwicklung betriebswirtschaftlicher Anwendungen leitet, eine Reihe von Anforderungen an das neue System. So wollte er durch frühes Archivieren einen papierlosen Bearbeitungsprozess einführen. Eingehende Rechnungen und Belege werden heute beim Posteingang eingescannt und dem digitalen Bearbeitungsprozess zugeführt. Dieses frühzeitig beginnende Dokumentenmanagement macht Informationen schneller verfügbar und verbessert die Möglichkeiten, Auskünfte zu erteilen. Die digitale Datenübertragung und -verteilung beschleunigt außerdem die Prozesse. Der Verlust von Belegen und relevanten Dokumenten wird minimiert.

Außerdem wollte Oster das Archivierungssystem mit Workflow-Funktionen kombinieren. Die Konzentration in Service-Zentren, die zahlreiche Landesgesellschaften bedienen, erfordert die Abwicklung von Massenprozessen. Hierbei muss gewährleistet bleiben, dass ERP-Systeme wie SAP R/3 nicht in ihrer Performance beeinträchtigt werden. Bei einem Leistungsvolumen von zwanzig Millionen Seiten pro Jahr kommt der Geschwindigkeit der Anwendungen sowie der Gewährleistung der Aufbewahrungsfristen der einzelnen Dokumente höchste Priorität zu. Eine Schnittstelle zu allen im Konzern eingesetzten ERP-Systemen ist Voraussetzung für die Datenübernahme und den stetigen Datenaustausch. Die meisten Belege werden im Bearbeitungsprozess mehrfach genutzt. Eine weitere Komponente ist daher die umfassende Prozessunterstützung des Systems.

Über einen ausgeklügelten Workflow wird die Verteilung und Bearbeitung der Dokumente geregelt. Die elektronische Verteilung beschleunigt nicht nur die Prozessabläufe, sondern protokolliert diese auch. Eine Rückverfolgung des Bearbeitungsstatus eines Dokuments ist somit jederzeit möglich.

Länderübergreifend

Nicht zuletzt wollte Bayer aus organisatorischer Sicht ein einheitliches, gesellschaftsübergreifendes System schaffen. Wegen der Zentralisierung des Rechnungswesens war die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Prozesse und Systeme als erster Schritt notwendig. Konsequenterweise sollte das Archivsystem daher mehrsprachig sein, um die Integration von 100 Gesellschaften in 13 Ländern zu erleichtern und die Akzeptanz zu erhöhen. Die Anforderungen bezüglich Sicherheit und Verlässlichkeit erforderten ein ausgefeiltes, differenziertes Berechtigungskonzept und wirksame Strukturen für die Kontrolle. Das Software-Paket Business Flow des Herstellers COI erfüllte die Anforderungen und konnte im vorgesehenen Zeitrahmen eingeführt werden.

Der Bayer-Konzern Die Bayer AG ist ein international tätiges Unternehmen der pharmazeutisch-chemischen Industrie mit Sitz in Leverkusen. Den Kunden wird ein breites Sortiment von Produkten und Leistungen geboten, das von den Bereichen Gesundheit und Ernährung über Kunststoffe bis zu Spezialprodukten in der Chemie reicht. Bayer investiert viel in die Forschung und setzt bei seinen Kernaktivitäten auf Technologieführerschaft. Im vergangenen Jahr erzielte der Konzern mit 115400 Mitarbeitern in weltweit 350 Einzelgesellschaften einen Umsatz von insgesamt 28,5 Milliarden Euro.


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+