Zum Inhalt springen

Freie Servervirtualisierung

XEN 3.0.1 – Ein GPL-Hypervisor im Linux- oder BSD-Systemkern ermöglicht virtuelle Maschinen – sofern diese einen gepatchten Kernel betreiben.

Autor:Andreas Stolzenberger • 27.9.2007 • ca. 2:30 Min

Die Community der freien Softwareentwickler schläft nicht, und daher gibt es zu fast jeder kommerziellen Anwendung ein Open- Source-Pendant, so auch bei der Maschinenvirtualisierung. Wie üblich, offerieren hier kommerzielle Lösungen wie der Vmware-ESX-Server schöne grafische Administrationstools und damit einfach mehr Komfort fürs Geld.Aber auch die freie Virtualisierungslösung Xen hat einiges zu bieten. Network Computing testete Xen 3.0.1 in der 64-Bit-Variante auf einer Opteron-148-Workstation mit Tyan-Board. Das System lief mit 1 GByte RAM,einer 80-GByte-ATA-Platte für das Host-System und sechs älteren, externen 9-GByte- Ultra-SCSI-Laufwerken für Test-VMs.Als Distribution setzte das Labor Poing dabei Fedora Core 5 ein.

Xen besteht prinzipiell aus drei Teilen: dem Hypervisor,welcher im Systemkern der lokalen Maschine steckt, den Verwaltungstools und einem jeweils angepassten Systemkern für virtuelle Maschinen. Da Xen Paravirtualisierung verwendet, können Gastsysteme keinen x-beliebigen Systemkern verwenden.Xen verlangt von den so genannten Domain-U-Systemen einen modifizierten Kernel, der auf kritische Hardwarezugriffe verzichtet. Die Installation von Fedora Core 5 enthält zunächst kein Xen. Die nötigen Module lassen sich jedoch online nachladen.Neuerdings liefert Fe-dora ein Online-Installationstool ähnlich »dpkg« oder »apt-get« von Debian mit. Über das Kommando »yum install xen kernel-xen0 kernelxenU virtlib« lädt Linux die nötigen Dateien vom nächsten Mirror-Server. Der Administrator muss anschließend die Grub-Konfiguration anpassen, um künftig den xen0-Kern mit Hypervisor anstelle des Standard-Kernels zu laden.Yum richtet zuvor automatisch den xend-Dämon zur Steuerung des VMM ein. Anschließend lassen sich virtuelle Maschinen erstellen und starten. Verglichen mit den kommerziellen Lösungen von Vmware mangelt es Xen an jeglichem Installationskomfort.

Der Administrator darf hier nicht einfach eine Setup-CD ins Laufwerk legen und eine VM davon starten.Vielmehr kann das System nur bereits fertig konfigurierte Linux- oder BSD-Abbilder booten. Für den Test nimmt Network Computing dabei das nahe Liegende: die FC5-Installation der zuvor installierten, privilegierten Dom0.Dazu formatiert der Tester die erste SCSI-Platte mit ext-3-Dateisystem und kopiert den kompletten Verzeichnisbaum der laufenden Dom-0,mit Ausnahme des /boot-und /proc-Dateisystems, auf das SCSI-Laufwerk.Ein paar Konfigurationsdateien wie /etc/modprobe.conf, /etc/fstab /etc/sysconfig/network oder /etc/sysconfig/ network-skripts/ifcfg-eth0 müssen freilich auf dem SCSI-Laufwerk angepasst und ein leeres /proc-Verzeichnis erstellt werden. Zudem braucht die VM eine Swap-Datei. Passend zum virtuellen Server muss der Verwalter händisch eine VM-Konfigurationsdatei unter /etc/xen erstellen, die auf den zuvor installierten domU-Kern und das SCSI-Laufwerk als Root-Dateisystem der VM verweist. Dann lässt sich die virtuelle Maschine via xm create starten.

Im Test läuft Fedora Core 5 (U) mehrfach völlig problemlos und überraschend schnell unter Fedora Core 5 (0). Allerdings ließe sich für dieses Konfiguration ebenso gut eine Ring-3-Virtualisierung wie Virtuozzo, Open-VZ oder Linux- Vserver verwenden. Das ist aktuell noch das Problem der Xen-Lösung: Aus technischer Sicht funktioniert sie sehr gut, doch Linux kann man ressourcensparender unter Linux laufen lassen, besonders wenn Host und Gast ohnehin die gleiche Kernel-Version nutzen. Anders wäre es, könnte Xen parallel Windows- und Linux-Server betreiben, doch hier müssen Interessierte noch aufVT-CPUs warten und eine Xen-Version, die das unterstützt. In der Praxis gibt es nur wenige Anwendungen, in denen Administratoren produktive Linux-Server mit verschiedenen Kernel-Versionen parallel auf einer Maschine betreiben wollen.

Der Einsatz von Xen ist also erst dann wirklich sinnvoll, wenn alle gängigen Betriebssysteme die Paravirtualisierung unterstützen oder CPUs mit Virtual-Tecnology / Paciffica darauf verzichten können. Dann würde es Anwendern auch sehr entgegen kommen, wenn das Xen- Team oder eine andere Community-Gruppe ein paar Komfort-Tools für die einfache Installation von VMs nachreichte.

ast@networkcomputing.de