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Web 2.0 in der Unternehmenspraxis

Das nicht so wilde Web

Autor: Bernd Reder • 30.1.2009 • ca. 2:25 Min

Ergreift die IT nicht die Collaboration-Initiative, dann werden die Benutzer als ihre eigenen IT- und Compliance-Manager agieren. Das ist ein Problem, denn wenn ein Benutzer sich ein individuelles Konto erzeugt, besitzt er selbst die vollständige Kontrolle über den Inhalt.

Der Kontoinhaber kann zudem andere Benutzer einladen und deren Berechtigungen verwalten. Und das Management der Berechtigungsebenen und Zugriffsrechte anderer Benutzer ist keine Aufgabe, die individuellen Angestellten überlassen werden sollte.


Tools wie Clearspace von Jive Software bieten Schnittstellen zu anderen Applikationen und Online-Plattformen, etwa Salesforce.com.

Es wäre viel zu leicht für einen Kontoinhaber, einen Kollegen zu löschen, der kündigt, um für einen Konkurrenten zu arbeiten. Schlimmer noch: Der Angestellte, der ein Konto eingerichtet hat, behält die vollständige Kontrolle über die Informationen, selbst wenn er in ein anderes Unternehmen wechselt.

Die Leichtigkeit, mit der Angestellte wichtige Unternehmensinformationen innerhalb dieser Collaboration-Tools veröffentlichen können, mag die IT beunruhigen. Die Wahrheit aber ist, dass diese Applikationen E-Mail einwandfrei schlagen, wenn es um das Management der Compliance, der Privatsphäre und der rechtlichen Risiken geht.

»Die Adoption von Sharepoint, Blogs und Wikis geschieht mit einem Blick auf besseres Informations-Management«, erklärt Forrester Research. »Werden diese Dinge auf sanktioniertem Wege eingeführt, gibt es tiefe Einblicke ins Geschehen«.

Web-2.0-Hersteller mögen es natürlich, Benutzer zu begeistern, aber sie kennen auch den Konflikt zwischen Freiheit und Überblick. Viele offerieren deshalb Fähigkeiten, die der IT die Collaboration-Umgebungen schmackhafter machen.

Socialtext offeriert beispielsweise eine Appliance, die hinter der Unternehmensfirewall installiert werden kann. Das gibt der IT mehr Kontrolle über den Inhalt und gewährleistet, dass die Backup- und Archivierungssysteme des Unternehmens die Unternehmensinformationen berücksichtigen.

Anbieter wie Google und Central Desktop erlauben das Anlegen von Unternehmenskonten. Die IT-Abteilung kann Benutzer hinzufügen und löschen, Zugriffsrechte einstellen und verhindern, dass Benutzer Informationen mit außenstehenden Personen teilen.

Ein Unternehmenskonto wird einen Benutzer außerdem daran hindern, sich unter Nutzung seiner Unternehmens-E-Mail-Identität ein persönliches Konto anzulegen. Ein Unternehmen, dass sich ein Unternehmenskonto für Google-Apps einrichtet, würde seine eigene Domäne erzeugen und dann vollständige administrative Rechte über die Benutzer besitzen. Das Konto könnte auch mit dem Authentifizierungssystem des Unternehmens verbunden werden.

Die Unternehmenskonten von Central Desktop erlauben es Administratoren, Zugriffsrechte auf Workspaces einzustellen. Unternehmen mit mehreren Workspaces können den Benutzerzugriff auf Spaces kontrollieren und die Rechte innerhalb dieser Workspaces verwalten.

Central Desktop hat ein Security-Pack angekündigt, das Kunden ihren Collaboration-Diensten hinzufügen können. Zu den Features gehören Vorgaben der Passwortlänge und -komplexität und die obligatorische Nutzung von Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen.

Das Security-Pack erlaubt Administratoren, E-Mail-Domänen zu konfigurieren, so dass Benutzer Informationen von Desktop Central nur noch zu Domänen senden können, die in dieser Liste verzeichnet sind. Unterstützt der Mail-Server des Empfängers das Transport-Layer-Security-Protokoll, verschlüsselt das Produkt die E-Mail mit TLS.

Die meisten Online-Collaboration- und Wiki-Produkte integrieren sich außerdem mit Active-Directory oder LDAP. Sie nutzen SSL oder TLS, um die Inhalte im Transit zu verschlüsseln, und sie besitzen eine Zugriffssteuerung, um nicht autorisierte Zugriffe zu verhindern-

Trotz all dieser Zugeständnisse an die IT gibt es noch immer einige Nachteile. Administrative Workflows sind möglicherweise zu primitiv und die Kontrolle über Dokumente ist vielleicht nicht ausreichend.

Tatsache ist aber, dass die Benutzer Wege finden werden, sich ihre Arbeit bequemer zu machen – mit oder ohne Input von der IT. Die Herausforderung für die IT ist, vorn zu bleiben und den Benutzern die richtigen Tools zu liefern, bevor sie die Eigeninitiative ergreifen.