Das Modell der GreenOps hilft, aufkommende Zielkonflikte mit einem steigenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu überwinden. Das Modell will letztendlich die mit potenziell möglichen SLA- und SLO-Vereinbarungen verbundenen Emissionen sichtbar machen – für die EntscheiderInnen im eigenen Unternehmen, aber auch für die KundInnen. Mit Hilfe von GreenOps rücken Fragen in den Vordergrund, die bisher nur wenig Berücksichtigung fanden: Zum Beispiel, ob ein Kunde oder eine Kundin wirklich 24/7-Zugriff auf alle Daten mit verschwindend geringer Reaktionszeit benötigt, oder Archivdaten ausgeklammert werden können.
Ein Wandel hin zur Nachhaltigkeit lässt im Übrigen an manchen Stellen oft gar keine Zielkonflikte, beispielsweise zwischen den Bereichen Nachhaltigkeit und Finanzen, entstehen. Im Gegenteil: Maßnahmen, die den Emissionsausstoß etwa durch eine Senkung des Energiebedarfs bremsen, gehen meist einher mit einer generellen Kosteneinsparung.
Modelle wie FinOps und GreenOps haben in der Softwarebranche Tradition. Sie gehen auf die seit den 1990er Jahren entwickelten und später als DevOps betitelten Unternehmenspraktiken zurück, die eine effizientere Zusammenarbeit zwischen Software-Entwicklern (Dev) und System-Administratoren (Ops) ins Auge fassten. DevOps stehen ihrerseits in der Tradition noch älterer Unternehmensphilosophien wie der von Toyota, die eine schlanke Produktion und ständige Verbesserungen fördert sowie eine gelungene Kommunikation zwischen verschiedenen Teams. GreenOps gibt einen auf DevOps- und FinOps-basierten Rahmen vor, um die Verantwortlichkeit in der CO2-Frage in den Prozess der Softwareentwicklung mit aufzunehmen.
Wie die Mitarbeitenden bestmöglich in einen solchen Wandel einbezogen werden können, erklärt das Modell der Team Topologies. Es ist ein noch recht junges, aber umfassendes Modell für den Aufbau von Teams insbesondere in Tech-Unternehmen. Im großen Rahmen der Team Topologies kann ein auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Kulturwandel im Sinne von GreenOps effektiv durchgeführt werden. Das Modell stimmt verschiedene Unternehmensbereiche in einer Art aufeinander ab, die eine effektive Zusammenarbeit aller Teile fördert, kundennahen Teams den Rücken freihält, und gleichzeitig mit Hilfe sogenannter „Enabler” Wandel etwa im Bereich der Nachhaltigkeit fördert.
Nutzer- und kundennahe Teams werden als „Stream aligned” bezeichnet, was sich als flussorientierte Teams übersetzen lässt. Dabei kann es sich um die EntwicklerInnen neuer Features handeln oder auch um Produkt- oder Projektmanager, die SLAs verhandeln. Nur diese Teams verfügen über den notwendigen Kontext, um zu verstehen, welche Zielkonflikte für die KundInnen und NutzerInnen annehmbar und welche Optimierungen möglich sind. Plattform-Teams unterstützen wiederum mit internen Dienstleistungen wie Buchhaltung oder interner IT. Da Plattform-Teams Dienste entwickeln, die von vielen anderen Bereichen genutzt werden, bieten sich ihnen auch ohne Kundenkontakt zahllose Möglichkeiten für eine Optimierung der Kohlenstoffbilanz. Und „Enabling Teams” sollen schließlich Wandel und Fortschritt fördern.
Unternehmen, die in der Cloud arbeiten, denken nicht nur aus der Sicht der Angestellten, sondern sie zeichnen sich oft durch etwas anderes aus: Denn technologie- und zukunftsaffine Mitarbeitende verfügen erfahrungsgemäß über eine hohe intrinsische Motivation, sich in ökologischen Fragen richtig zu verhalten. Die Techbranche steht am Anfang eines paradigmenhaften Umschwungs, dessen Fortschritt sich an zwei Faktoren ablesen lassen wird: an den Daten, aber eben genauso an den Einstellungen der Mitarbeitenden. Wenn SoftwareingenieurInnen bei Gesprächen in der Kaffeeküche genauso über die Nachhaltigkeit des jüngst entwickelten Produkts diskutieren wie über dessen Sicherheit, dann ist einer der wichtigsten Schritte für einen tiefgreifenden Paradigmenwechsel getan: Die Angestellten sind an Bord.
Daniel Fratte ist Software Engineer und Green Tech Advocate bei Thoughtworks Europe.