Hewlett-Packard wertet seinen Channel auf. Der Channel trägt zwei Drittel zu HPs Gesamtumsatz bei. Mit einer vereinten Partner-organisation, die ab 1. Mai auch in Deutschland startet, will der Hersteller den Schulterschluss mit dem Channel schaffen, um seine Adaptive-Enterprise-Strategie durchzusetzen und gegen die härtesten Wettbewerber wie IBM und Sun gerüstet zu sein.
»HP hat 2003 mehr Umsatz mit Partnern erzielt als IBM, Sun, EMC und Dell zusammen«, sagt Carly Fiorina, Chairman und CEO von Hewlett-Packard, im Exklusivinterview mit der US-Ausgabe von CRN. Rund 50 Milliarden der insgesamt 72 Milliarden Dollar Umsatz wurden direkt oder indirekt vom Channel erwirtschaftet. »Das sind über 70 Prozent mehr als die 29 Milliarden, die IBM mit Partnern umgesetzt hat«, ergänzt Fiorina.
Einen Großteil der Summe verdankt HP allerdings dem Retail-Geschäft mit Druckern, PCs und Notebooks. Von der Konsolidierung der Channel-Organisationen ? der ESG- wird mit dem PSG-Channel zusammengeführt (CRN berichtete bereits Ende vergangenen Jahres) ? verspricht sich der Hersteller vor allem im Enterprise- und Service-Geschäft eine engere ? und unter dem Strich profitablere ? Zusammenarbeit mit Partnern. »One face to the customer«, lautet die Devise:
»Wir müssen uns als eine einzige Value Chain verstehen, die maximalen Nutzen für den Kunden schafft«, erläutert Fiorina. Dazu sucht der Konzern das Gespräch mit den Partnern. Wo ergänzen sich HP und die Partner in ihrem Angebot? Wo verhindern Kostenfaktoren profitable Geschäftsabläufe? In Diskussionen müssen wir Antworten auf diese Fragen finden, um unsere und die Strategien unserer Partner auf ein gemeinsames Ziel auszurichten, betont die HP-Chefin. Der Channel und die vereinte Partner-Organisation spielen laut Fiorina eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von HPs Adaptive-Enterprise-Strategie. Diese ist vor allem gegen IBMs »On-Demand« positioniert.
IBM und Sun Microsystems haben mit aggressiven Abwerbeprogrammen versucht, von HPs Problemen mit der Integration von Compaq zu profitieren, und HP-Partner und -Kunden auf ihre Seite zu ziehen. Im Enterprise-Segment will beispielsweise IBM weltweit 400 ehemalige HP-Exklusiv-Partner abgeworben haben. Jetzt schlägt Fiorina zurück: Die Channel-Initiative wird begleitet von einer 50-Millionen-Dollar-Finanzspritze. Damit soll unter anderem ein »IBM-Attack«-Programm bezahlt werden. Hewlett-Packard hat dazu rund 3.000 Kunden mit älteren Mainframe-Systemen ins Visier genommen, die mit Server-Systemen aus dem eigenen Hause gewonnen werden sollen.
Das ebenfalls neu aufgelegte »Unified Support Network« soll den Channel im Rahmen von Partner One in die Lage versetzen, umfangreiche Service-Angebote liefern zu können. Die Palette reicht vom simplen Wiederverkauf der Service SKUs aus dem HP-Portfolio bis hin zur kompletten Übernahme der Serviceabwicklung durch den Channel. »Der Partner entscheidet selbst, wie weit sein Engagement reichen soll«, erklärt Ann Livermore, die bisher für den Bereich HP Services verantwortlich zeichnete und ab 1. Mai Leiter der neuen Technology Solutions Group wird.
Auch in Deutschland werden die neuen Unternehmensstrukturen Anfang des nächsten Monats wirksam. Die einheitliche Partnerorganisation wird dann unter dem Dach der Personal Systems Group (PSG) aufgehängt, für die nach wie vor Stephan Wippermann als VP und General Manager verantwortlich zeichnen wird. Die Leitung der gemeinsamen Channel-Organisation wird voraussichtlich Jochen Erlach übernehmen, der bisher schon für den PSG-Channel zuständig war.
Der Umbau ist weniger eine Reaktion auf Schwächen als vielmehr eine notwendige Maßnahme, um nicht in Lethargie unterzugehen: »Es geht nicht darum, dass etwas falsch lief. Wir müssen das Unternehmen auf die nächste Entwicklungsstufe heben«, erklärt HP-Chefin Fiorina. In der Folge der Restrukturierung erwartet sie, von drei wesentlichen Aspekten profitieren zu können: Die schlankeren Organisationen sollen schneller auf Veränderungen im Marktumfeld reagieren können. Gemeinsam mit dem Channel soll sich die neue Customer Solutions Group (CSG) um stärker zielgerichtete Kundenansprache bemühen. Und schließlich hofft Fiorina, HP wieder beschleunigtes ? und dabei auch profitables ? Wachstum bescheren zu können.
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Im vergangenen Jahr hatte Hewlett-Packards CEO Carly Fiorina mit ihren wiederholten Aussagen zum Ausbau des Direktgeschäfts reichlich Unruhe im Channel gestiftet. Mit den jüngsten Ankündigungen aus der US-Firmenzentrale bewegt sich der Hersteller nun wieder deutlich auf die Vertriebspartner zu und bestätigt damit das von den deutschen Unternehmensvertretern immer wieder bekräftigte Bekenntnis zum Channel. Verloren gegangenes Vertrauen muss der Hersteller indes erst mühevoll zurückgewinnen. Beständigkeit in den persönlichen Beziehungen und Kontakten zwischen HP und seinen Partnern sollte dabei auf der Prioritätenliste ganz oben stehen. Auch wenn die künftigen Verantwortlichkeiten hierzulande noch nicht abschließend geklärt sind, kann der Channel doch mit der Gewissheit leben, dass HP wieder für ihn da sein will und wird.
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