Eine Insolvenzwelle wird es 2021 nicht geben, aber ein Grund zur Entwarnung ist das nicht, denn massive Staatshilfen täuschen Entspannung vor. Ein anderes Rekordhoch ist einem Sondereffekt geschuldet.
Wie lange kann das noch gut gehen, dass viele Unternehmen in der nun fast zwei Jahre anhaltenden Pandemie finanziell schwer unter Druck geraten und ihnen der Gang zum Insolvenzgericht dennoch erspart bleibt? Solange massive staatliche Hilfen fließen und, wie Creditreform auch 2021 wieder von „Zombieunternehmen“ spricht, der Staat eigentlich nicht überlebensfähige Firmen über Wasser hält. Das war schon 2020 so. In diesem Jahr wird laut Creditreform die Insolvenzstatistik noch einmal fast elf Prozent weniger Firmenpleiten als im Vorjahr festhalten. 14.300 Fälle – der niedrigste Wert seit Einführung der Insolvenzordnung 1999.
Kleinstunternehmen unter Druck
Die meisten Pleiten 2021 (fast 8.300) entfallen auf den Dienstleistungssektor. 3.000 Fälle gab es im Handel, knapp 2.100 im Baugewerbe. Die Hälfte der Firmen, die Insolvenz anmelden mussten, sind Kleinstunternehmen mit einem Umsatz unter 250.000 Euro. Die Zahl der Pleiten von Unternehmen mit mehr 25 Millionen Euro Umsatz halbierte sich im Jahresvergleich auf 150 Fälle. Vereinzelte Großinsolvenzen gab es im Immobilien- und Finanzsektor. Doch die Schadenssumme aus offenen Forderungen wird nach Schätzungen von Creditreform in diesem Jahr auf 54 Milliarden Euro steigen – nach 42,6 Milliarden im Vorjahr. 2020 hatte Wirecard mit seiner spektakulären Insolvenz, der ersten eines DAX-Unternehmens überhaupt, die Schadenssumme erheblich in die Höhe getrieben.
Bonität verschlechtert sich
143.000 Arbeitnehmer (2020: 332.000) sind in diesem Jahr von einer Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen, der Großteil mit 85 Prozent entfällt dabei auf Firmen mit weniger als fünf Mitarbeitern. Vor allem Einzelunternehmen, Gewerbebetriebe und Freie Berufe dominieren das Insolvenzgeschehen, während der Anteil von GmbHs auf knapp 38 Prozent zurückgeht. Jede zehnte Firmenpleite in Deutschland betrifft die Rechtsform einer UG.
Mit Blick auf die Kreditwürdigkeit diagnostiziert Creditreform dem Gastgewerbe und der Unterhaltungsbranche 2021 eine „starke Verschlechterung der Bonitätseinstufung“ im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019. Sie sind von der Corona-Krise am stärksten betroffen. Nahezu unverändert sei der Bonitätsstatus bei Unternehmen aus der Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft.
81 Prozent mehr Verbraucherpleiten
Eine sprunghafte Zunahme registriert Creditreform bei der Zahl der Verbraucherinsolvenzen: Im Vorjahresvergleich steht ein Plus von knapp 81 Prozent in 2021. Grund dafür: Privatpersonen, die den Weg der Entschuldung über eine gerichtliche Restschuldbefreiung wählten, hatten 2020 den Gang zum Insolvenzgericht hinausgezögert. Rückwirkend zum 1. Oktober 2020 hatte der Gesetzgeber die Restschuldbefreiung statt zuvor in sechs auf drei Jahre verkürzt. Viele Verbraucher hatten eine gerichtliche Entschuldung entsprechend hinausgezögert, so dass es 2021 zu einem „massiven Nachholeffekt“ kommt, so Creditreform.