Zum Inhalt springen

Ich weiss etwas, was du nicht weisst (Fortsetzung)

Autor:Redaktion connect-professional • 27.4.2005 • ca. 4:15 Min

Inhalt
  1. Ich weiss etwas, was du nicht weisst
  2. Ich weiss etwas, was du nicht weisst (Fortsetzung)

Grosser Handlungsbedarf
Obwohl die Betriebe mittlerweile wissen, dass sie nichts steuerrelevantes aus den Archiven ohne weiteres löschen können, gibt es dringenden Nachholbedarf, was die Anpassung der IT-Systeme betrifft. »Viele Firmen haben bis heute diesbezüglich nur wenig unternommen und hoffen bei der Umsetzung des Gesetzes in die Praxis, dass es »nicht so heiß gegessen, wie gekocht wird« betont Hörst Böhm, Geschäftsführer des Beratungshauses daa Consult, um den aktuellen Handlungsbedarf auf Firmenseite zu schildern.
Dr. Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Project Consult, sieht bei vielen Anwendern die Haltung »erstmal abwarten, ob dies wirklich in dieser Form und in diesem Umfang verlangt wird«. Er ist jedoch der Meinung, dass »die Fragebögen der Finanzämter zur Vorbereitung der Prüfung und deren bekannt gewordenen Ergebnisse zeigen, dass es der Behörde damit Ernst ist«.
Als Anwender fühlt sich Herr Callovini, It-Leiter vom Aluminium-Hersteller Alcan »nicht wirklich gut informiert« über die genauen gesetzlichen Vorgaben und die richtige Vorgehensweise dabei. Er erzählt, dass die GDPdU für das Unternehmen schon lange ein Begriff waren, aber diesbezüglich wurde jahrelang nicht viel gemacht. »Erst als eine System-Migration vor der Tür stand, haben wir uns umfassender mit dem Thema befasst«. »Die herkömmlichen Datenbanken existieren noch, aber wenn wir das alte System ausgeschaltet haben, werden wir sehen, wie wir unsere Archive GDPdU-konform halten«, gibt sich Callovini zuversichtlich.
Grund für dieses Verhalten scheint allgemeine Unkenntnis oder einfache Verwirrung der Firmen über das, was sie genau tun müssen, um die Anforderungen des BMF zu erfüllen und - vor allem - wie sie es tun müssen.
 So fühlten sich in den letzten Jahren viele Steuerberater, Rechtsanwälte, Software-Anbieter und Verbände berufen, mit Checklisten, Leitlinien und Büchern Aufklärungsarbeit zu diesem Thema zu leisten. Das aber nicht immer zum Vorteil der Unternehmen, die irgendwann vor lauter Informationsflut nicht mehr wußten, wem sie Glauben schenken sollten und welche Aussagen letztendlich richtig waren.
»Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass es widersprüchliche Interpretationen und Diskussionen um die GDPdU selbst und den Fragen-und-Antwortenkatalog des Bundesfinanzministeriums gab. Von Systemanbietern wurden auch Ansichten verbreitet, die aus wirtschaftlichem Interesse oder aus Positionierungsgründen andere Ansätze favorisierten«, so Kampffmeyer.
Stefan Müller von der Oberfinanzdirektion in München sieht eine zum Teil mangelnde beziehungsweise unzureichende Beratung der Firmen seitens der Steuerberater als möglichen Grund für so wenig Handlung: »Sie sind die unmittelbar ersten Ansprechpartner der Betriebe zu allen Fragen des Steuerrechts, aber sie haben sich in der Vergangenheit zum Teil viel zu wenig um das Thema gekümmert und nicht immer ausreichend informiert«.
Das Bundesministerium der Finanzen selbst hat auf seiner Web-Seite zwar immer wieder neue Versionen eines Frage- und Antwortkatalogs für Steuerpflichtige veröffentlicht und damit einige Unklarheiten aus dem Weg geräumt, aber die Orientierungshilfe führte nicht selten zur Verunsicherung bei den Anwendern.
»Viele Probleme hätte der Gesetzgeber einfach vermeiden können, in dem er konkrete Vorschläge über eine technische Umsetzung der GDPdU-Anforderungen gemacht hätte«, betont Thorsten Brandt, Senior Consultant bei Zöllner & Partner. Der Unternehmensberater kritisiert, dass der Staat ebenfalls für Software-Hersteller keinen technischen Mindeststandard zu dieser Thematik festgelegt hat: »man sieht in anderen Ländern, wie zum Beispiel in Holland, wo der Gesetzgeber diesbezüglich mehr technische Vorgaben geschafft hat, dass jeder genau Bescheid weiß, was zu tun ist und wie«.

Art der Prüfung
Eine Betriebsprüfung mußte immer schon zwei bis vier Wochen im voraus angekündigt werden. Seitdem die GDPdU rechtskräftig sind schickt das Finanzministerium den Unternehmen zusätzlich einen Fragebogen, um die IT-Voraussetzungen der jeweiligen Firma zu erfahren, erzählt Stefan Müller von der Oberfinanzdirektion in München.
Großunternehmen werden alle vier bis fünf Jahre durchgängig geprüft.
Der Mittelstand in Abständen von zwölf und kleine Betriebe alle 20 Jahre kontrolliert. Berücksichtigt werden ­dabei Unterlagen aus den letzten drei Geschäftsjahren.
Die Art in der die Finanzen der Firmen genau unter die Lupe genommen werden hat der Staat festgelegt. Drei Möglichkeiten stehen den Prüfern zur Auswahl: Z1 (unmittelbarer Zugriff) und Z2 (mittelbarer) verwendet der Steuerfachmann, wenn die Daten noch im operativen System vollständig vorliegen und dort auswertbar sind. Die dritte Zugriffsart Z3 (Datenträgerüberlassung) setzt die Fähigkeit der Anwendung, etwa eine CD mit den Unternehmensdaten für die Auswertung zu erzeugen, voraus.
Laut der vom Finanzministerium geführten Statistik ist Z3 die häufigste Art der digitalen Prüfung. Das nicht selten aus Gewohnheitsgründen seitens der Steuerfachmänner. Diese können je nach Unternehmensgröße und Voraussetzungen beliebig die verschiedenen Kontrollmöglichkeiten kombinieren und ergänzen.
Im Kampf gegen Steuerunregelmäßigkeiten oder sogar -hinterziehung ist die IDEA-Software die ultimative Waffe der Behörden. Damit lassen sich große Datensätze sortieren, strukturieren, zeitraumgerecht und vollständig analysieren.
»Alle unsere Steuerprüfer haben an IDEA Schulungen teilgenommen. Ich habe persönlich einige solche Seminare gegeben, und sollten unsere Mitarbeiter weiterhin technische Fragen oder Probleme haben, steht Ihnen jederzeit eine Hotline zur Verfügung«, versichert Stefan Müller.
Nicht desto trotz scheint nicht jeder gleich fit im Umgang mit der neuen Technik zu sein. Das würde unter Umständen bedeuten, dass die eigentlichen umfangreichen IT-gestützten Kontrollmöglichkeiten einfach nicht ausgeschöpft werden könnten. »Das Alter des Prüfers spielt sicherlich eine Rolle, inwiefern die Prüfung tatsächlich digital durchgeführt wird. Ältere Mitarbeiter, die kurz vor der Pensionierung stehen, wollen sich natürlich nicht immer gleich intensiv um die neue Technik kümmern, wie die ganz jungen Kollegen«, gibt Müller zu.

Strafe möglich
Sich aber auf eine nachsichtige Steuerprüfung zu verlassen, findet Unternehmensberater Dr. Kampffmeyer gefährlich: »Ich kenne Fälle, wo Steuerprüfer zu zweit auftraten, der eine war ein »alter Hase« in Sachen Steuerrecht und der andere jüngere fit im Umgang mit dem Tool IDEA.«
Nicht zu vergessen ist die bis zu 25000 Euro teure Geldstrafe für Unternehmen, die die GDPdU Anforderungen nicht erfüllen. Diesbezüglich wird zur Zeit noch nicht so streng verfahren, quasi als Schonfrist für viele Betriebe mit Nachholbedarf, »aber die digitale Prüfung wird sich durchsetzen«, versichert Müller. Schließlich ist: »Deutschland nicht Vorreiter, was die digitale Steuerprüfung in Europa betrifft, sondern eher Nachzügler«.