Industrie goes Ethernet. Ethernet wird bald überall sein - auch in der Produktionsumgebung. Denn die Vorteile der Technologie liegen auf der Hand:
Das geschützte Industrie-Outlet von Krone und Harting verbindet die Ethernet-Infrastruktur in der Fabrikhalle mit der im Büro.
Foto: Krone und Harting
die IT setzt auf einer einheitlichen Protokollebene auf, die sich durch das ganze Unternehmen zieht - vom Büro bis hinunter zu Sensoren, Aktoren oder komplexen SPS (speicherprogrammierbaren Steuerungen). Werden dagegen die zweifellos bewährten und ideal an ihre industrielle Umgebung angepassten Feldbusse verwendet, sind umständliche und letztlich auch teure Übersetzungsvorgänge nötig, um einen reibungslosen Datenfluss zwischen der Fabrik- und der Administrationsebene zu erzielen.
Wartungs- und Pflegekosten verringern sich, wenn mit Ethernet die Infrastruktur vereinheitlicht wird. Mitarbeiter müssen nicht mehr für den Umgang mit den unterschiedlichen Feldbussen geschult werden. Ethernet und seine Komponenten sind in der Regel gut bekannt. Auch der Hardwareaufwand sinkt.
Dazu kommen unmittelbare wirtschaftliche Vorteile im Verhältnis zu Kunden und Lieferanten: In einem durchgängig vernetzten Unternehmen stehen Daten aus dem Maschinen- und Lagerbereich, zum Beispiel die Auslastung oder der Bestand an bestimmten Vorprodukten, unmittelbar zur Verfügung und können mit relativ geringem Aufwand verknüpft werden. Liefertermine lassen sich so genauer voraussagen, Engpässe während der Produktion verhindern und die Zulieferer besser in das eigene Betriebsgeschehen einbinden.
Trotzdem wird es einige Jahre dauern, bis sich Ethernet in der Industrie durchgesetzt hat. Grundsätzlich dringt die Technologie von den Büroarbeitsplätzen in Richtung Produktion und Werkhalle vor. Beide Welten haben eine unterschiedliche Historie und unterschiedliche Kompetenzen, doch beide müssen auch Informationen schnell und schier verarbeiten. Ethernet verbindet nun diese Sphären.
Das birgt auch neue Herausforderungen. Unternehmensführungen müssen strategisch die Weichen Richtung Ethernet stellen, IT-Leiter ihre Services auch für den Fertigungsbereich anbieten. Am stärksten betroffen sind aber die Fertigungsleiter, die sich mit einer neuen, ihnen weniger vertrauten Technologie anfreunden müssen. Sie sollten rechtzeitig in ihren Maschinenpark investieren, um ihn Ethernet-fähig zu machen. Denn nur dann können die Geräte reibungslos in das einheitliche IT-Netz integriert werden. Bei dieser Migration helfen Nutzerorganisationen wie zum Beispiel die PNO (Profibus-Nutzerorganisation). Auch Automatisierungsspezialisten wie Siemens erstellen mit ihren Kunden Migrationskonzepte von Feldbussen zu Ethernet für den Fertigungsbereich.
Drahtlose Industrievernetzung mit Bluetooth Nicht nur WLAN bietet sich als drahtlose Vernetzungsalternative an, sondern auch Bluetooth. Lesswire stellte auf der Cebit Blue SP-S vor, eine Lösung, die Sensoren und Aktoren, also Antriebe, Relais, Thermometer etc. mit Hilfe eines Bluetooth-Handys oder PDAs drahtlos steuern und auslesen kann. Zudem kann das Produkt über ein integriertes Serial Port Profile jede RS232-Schnittstelle ansprechen, um zum Beispiel analoge Werte auszulesen. Ein Element, das geschaltet oder ausgelesen werden soll, muss einmal mit Blue SP-S als Paar definiert werden. Zudem legt man beim Verbindungsaufbau einmalig eine Schaltfunktion zum gesteuerten Element fest. Nähert sich nun ein Bluetooth-Handy oder -PDA dem Blue SP-S, wird der Schaltvorgang an dem verpaarten Gerät ausgelöst. Die Reichweite liegt bei 100 Metern. Über eine externe Antenne lässt sich das Produkt auch in Schaltschränke integrieren.
Ethernet in seiner Originalform (IEEE 802.3) ist industriellen Anforderungen nicht ohne weiteres gewachsen. Typische Anforderungen von Industrieumgebungen sind zum Beispiel hohe Temperaturbeständigkeit, Schutz gegen Stöße, Staub und Spritzwasser. Besonders wichtig ist der Schutz gegen die häufig hohe elektromagnetische Abstrahlung der in der Fabrikhalle betriebenen Maschinen. Das heißt, alle Komponenten und Kabel müssen geschirmt sein. Vor Erschütterungen schützt eine schwimmende Lagerung. Wichtig ist auch eine Möglichkeit, die Komponenten ausreichend zu beschriften. Meistens reicht das übliche Plastikgehäuse, aber in manchen Fällen, zum Beispiel in der Nähe von Schweißrobotern, sollten die Ethernet-Systeme ein Metallgehäuse haben. Zudem ist es wichtig, dass sich alle Geräte - vom Stecker bis zum Switch - einfach bedienen lassen.
Komponenten, die in Steuerungs- und Automatisierungsbereichen eingesetzt werden, müssen sehr schnell, meistens innerhalb von Millisekunden, reagieren - also in Echtzeit oder nahezu Echtzeit. Bei Störungen muss das System schnellstens abschalten und nach einer Betriebsunterbrechung jederzeit geregelt wieder hochfahren. Damit keine Unbefugten sich an den Geräten zu schaffen machen, sollte man sie verplomben können.
Das industrietaugliche Ethernet-Kabel muss erheblich robuster sein als die Büro-Ausführung. Daher arbeiten die ISO/IEC-Gremien 11801, EN 50173 und EIA&TIA 568 daran, entsprechende technische Anforderungen in die Standards für strukturierte Gebäudeverkabelung einzubauen. Herausfordernd ist der ausreichende Schutz der Verbindung und der Stecker nach IP67 (Schutz gegen raue Umgebungsbedingungen). Um die Norm zu erfüllen, kapselt man RJ45-Stecker und -Buchse mechanisch. Hierfür gibt es bereits Lösungsvorschläge und Produkte, aber noch keinen definierten Standard. Er soll noch im laufenden Jahr verabschiedet werden. Zuständig ist dafür die Task Group ISO/IEC SC24 IPTG.
Entwickelt wird von dieser Gruppe eine neue, auf RJ 45 basierende Industrie-Anschlussdose, das sogenannte IO (Industrie-Outlet). Das IO verbindet Büro- und Maschinenverkabelung. Das RJ45-basierende IO soll die in der Industrie verbreiteten Anschlüsse wie Sub-D und M12 auf Dauer ersetzen. Dazu kommen Kabel, Durchführungskupplungen für Schaltschränke, RJ45-Verteiler und anderes Zubehör, ebenfalls für industrielle Schutzbestimmungen. Krone und Harting haben - neben anderen Anbietern - heute schon einen fertigen IO im Programm. Der IO kombiniert KM-48, einen Kabelverbinder für Kategorie-6-Kabel von Krone, mit einem IP-67-Push-Pull-Interface von Harting.
Ethernet war früher nur in der Büroumgebung verbreitet, jetzt dringt es bis in die Ebene der Sensoren und Aktoren vor.
Grafik: Krone & Harting
Zwar ist Ethernet in der Industrie noch längst keine Selbstverständlichkeit. Dennoch eröffnet gerade die drahtlose Industrievernetzung per WLAN interessante Perspektiven. So lässt sich durch WLAN ein Großteil der geschirmten - und daher teuren - Verkabelung im Fabrikbereich einsparen. Wird ein Fertigungsbereich häufig umgebaut, ist die Vernetzung ebenfalls erheblich einfacher, wenn kein Kabel neu verlegt werden muss.
Drahtloses Industrial Ethernet kann die verfügbare Bandbreite im Backbone-Bereich und für Remote-Programmierung oder Web Monitoring erhöhen. Steuerungssysteme lassen sich dann einfacher und schneller reprogrammieren oder überwachen. Auch andere Gebäude lassen sich ohne Ethernet-Kabel über WLAN anbinden. Wartungspersonal erhält mit WLAN mobilen Zugriff auf die Systeme. Das erlaubt zum Beispiel die Reprogrammierung einer SPS von dem Ort aus, an dem sich der Administrator gerade befindet - in den oft riesigen Fabrikgebäuden eine beträchtliche Zeitersparnis.
Die Hersteller von Ethernet- und WLAN-Komponenten beginnen langsam, sich auf das neue Marktsegment einzustellen. So brachte Cisco im Rahmen seiner Strategie "Ethernet to the Factory" zur Cebit eine ganze Serie industrietauglicher Ethernet- und WLAN-Produkte auf den Markt. Als Kernprodukt dieser Serie bezeichnet Cisco den Switch Catalyst 2955. Es ist entsprechend industrieller Anforderungen gegen äußere Einwirkungen geschützt und bietet Sicherheit und Hochverfügbarkeit.
Siemens präsentierte bereits im Herbst seine Produktlinie IWLAN (Industrial WLAN). Sie bietet ausgeklügelten Zugangsschutz und zuverlässige Datenübertragung sowie eine Vielzahl von Antennen. Bei Bedarf sind die Geräte geschützt verfügbar. Sie funktionieren zwischen -20 und +60 Grad Celsius. Die Serie besteht aus einem RAP (Robust Access Point) mit einem oder zwei Funkkarten. Dazu kommt ein RCM (robustes Client-Modul), das einen PC oder eine SPS ins Funknetz einbindet. PC-basierte Geräte und mobile Programmiergeräte kommunizieren über den Kommunikationsprozessor CP 7515, eine Karte im PCMCIA-Format mit Funkschnittstelle. In das Internet-Pad Mobic ist bereits ein Kommunikationsprozessor integriert. Die Produkte enthalten über den Standard 802.11 hinausgehende Sicherheitsfeatures und Mechanismen für zuverlässige Datenübertragung. So lässt sich zum Beispiel Bandbreite für den Verkehr zu und von bestimmten Endgeräten reservieren. Es ist auch möglich, die Verbindung zu den Endgeräten zyklisch zu überwachen. Dann erscheint, sobald ein Gerät aus dem Funkfeld verschwindet, eine Warnung auf dem Bildschirm der Steuerzentrale.
Artem, ein Tochterunternehmen von Funkwerk, zeigte zur Cebit ebenfalls Industrie-Varianten seiner Compoints. Sie lassen sich von -20 bis +70 Grad Celsius betreiben. Die Geräte sind flexibel als Access Client (drahtlose Einbindung mehrerer Endgeräte ins LAN) oder als Access Point (für den Aufbau einer mehrzelligen WLAN-Infrastruktur) konfigurierbar.
Rainer Schmidt ist als Produktmarketingmanager für die Krone GmbH, Berlin, tätig.