Innovative Integrationsnetzwerke auf Basis von IT Vernetzung
Welche Chancen können aber aus einem vernetzten Gesundheitswesen erwachsen? Zunächst bedeutet Vernetzung weit mehr als Integrierte Versorgung. Die Industrie muss mit einbezogen werden. In Deutschland werden sich regionale Cluster bilden.
Es muss darum gehen, unter Beteiligung der Industrie innovative Integrationsnetzwerke zu schaffen. Kristallisationskeim kann ein Maximalversorger sein, etwa ein Universitätsklinikum, der in der ersten Ausbaustufe den klassischen integrierten Versorgungsansatz verfolgt. Ausgehend hiervon wird es Verknüpfungen mit niedergelassenen Ärzten oder eigens gegründeten medizinischen Versorgungszentren geben, die auch als Einweiser fungieren. Man kooperiert mit anderen Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung wie auch mit den nachgelagerten Stufen wie Reha oder Pflege. Durch diese erste Stufe können die Beteiligten Kostenpositionen senken und sich Fälle sichern.
Wenn derartige Netzwerke bereits existieren, müssen sie auf der nächsten Stufe auch durch IT miteinander verbunden und dadurch zu Leben erweckt werden. Denn solche Netzwerke wollen gemanagt sein: Behandlungspfade müssen koordiniert und Patientendaten ausgetauscht werden.
Das kann nur funktionieren, wenn eine Art virtuelles Unternehmen entsteht. Dazu gehören eine Geschäftsordnung und Controlling. Anreiz- und Sanktionsmechanismen müssen eingeführt und vollzogen werden. Hierfür sind IT-Lösungen erforderlich, die sowohl das Netz versorgen als auch mit der eigenen internen IT zusammenpassen.
Strategische Partnerschaften
In der letzten Ausbaustufe können die geschaffenen Rahmenbedingungen genutzt werden, um an innovativen Konzepten zu arbeiten. Zur Finanzierung solcher Innovationen bieten sich strategische Partnerschaften mit der Industrie an.
Pharma-, Biotech-, Medizintechnik-, oder aber IT-Unternehmen können ihre Produkte nicht nur wie gehabt beim Einkäufer platzieren, sondern gemeinsam mit der Spitzenmedizin völlig neue Verfahren, Behandlungsmethoden und IT-Lösungen entwickeln. Diese Entwicklungspartnerschaften können so dem Markt und damit auch den Patienten Produkte und Dienstleistungen anbieten, die nur durch die Zusammenarbeit zur Reife gelangen. Durch verbesserte Möglichkeiten und schnellere Prozesse in Forschung und Entwicklung wird der Standort Deutschland für die Unternehmen wieder attraktiver. Marktreife Lösungen würden wieder hier entwickelt und dann exportiert werden. Eine Partnerschaft böte auch IT- Lösungsanbietern mit der Entwicklung des digitalen Krankenhauses eine gewaltige Chance.
Was auf der Makroebene strategische Partnerschaften sind, ist auf der Mikroebene die Digitalisierung der klinischen Informationswege mit einer elektronischen Patientenakte. Diese ist ja auch das eigentliche Fernziel der elektronischen Gesundheitskarte. Es soll schließlich nicht dabei bleiben, dass man Medikamentenverträglichkeiten abgleicht oder ein Rezept erst in der Apotheke ausdruckt.
Auch in der Forschung geht es darum, IT-Lösungen zu schaffen. Wollte die Charité beispielsweise mit Harvard ein Forschungsprojekt gemeinsam durchführen, so wäre ein leistungsfähiges IT-Netz erforderlich.
Zwischen diesen beiden Ebenen liegt die regionale Ebene, die die bereits erwähnte Integrierte Versorgung adressiert. Die IT-Lösungen müssen so gestaltet sein, dass auch die regionalen Kooperationspartner problemlos in das elektronische Netz eingebunden werden können.
Der gesamtökonomische Kontext sollte im Zentrum der Betrachtung des Gesundheitssystems stehen. Um Wachstum und Innovation in Deutschland zu stärken, darf man die Industrie nicht aus Deutschland vertreiben, sondern muss ihr Möglichkeiten eröffnen und sie in tragfähige Netzwerke einbinden. Dazu verfügen wir über eine hervorragende Basis. Die gesamtökonomisch sinnvolle Vernetzung des Gesundheitssystems ist machbar. Sie muss aber stärker gefördert werden. Dr. Joachim Kartte Partner bei Roland Berger Strategy Consultants. Dort ist er zuständig für den Bereich Healthcare im Competence Center Pharma/Healthcare.