Das bittere Ende für den Fertiger und Distributor Krystaltech Lynx schockt die Branche. Nach der Insolvenzanmeldung in der vergangenen Woche geht es in Reutlingen nun darum, welche Firmenbereiche gerettet werden können und welche aufgelöst werden müssen. Das Übernahmeangebot von VAD Triple Stor für die Marke Lynx macht den Beschäftigten Hoffnung. Wenig Hoffnung gibt es aber für den Distributionsbereich und die »Cebop«-Eigenmarke.
Das europäische Hauptquartier der Krystaltech Lynx Europe GmbH in Reutlingen ist ein Prachtbau, der den Stolz der Firma auf die geschäftlichen Erfolge zeigt. Das vor drei Jahren bezogene Gebäude in Wellenform aus Metall und Glas musste aber bereits zum Jahreswechsel an eine Investmentgesellschaft verkauft werden und unter den verunsicherten KLE-Mitarbeitern, die darin arbeiten, herrscht seit vergangener Woche gedrückte Stimmung. Denn das Unternehmen beantragte wegen drohender Zahlungsunfähigkeit am 19. Juli beim Amtsgericht Tübingen Insolvenz. Klar ist: Der eilig berufene Insolvenzverwalter Wolfgang Hauser wird nicht alle Geschäftszweige des Unternehmens retten können. Wenig Aussicht besteht für das ohnehin schon arg gestutzte Komponentengeschäft und die CE-Eigenmarke »Cebop«.
Das drohende Aus für KLE kam für die Branche überraschend, obgleich es viele Fingerzeige für eine ernsthafte Krise gab. Die Sparte Komponentendistribution hat die Unternehmensführung bereits Anfang 2005 zurückgefahren. Das Vertriebsportfolio wurde gestrafft, mindestens zwölf Mitarbeiter mussten gehen. »Distribution ist ein harter Markt, der kein großes Wachstumspotenzial bietet«, begründete KLE-Geschäftsführer Stefan Baumeister diese Maßnahme (siehe CRN 4/05, Titel). Dass man nun wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Gläubigerschutz beantragen musste, führt die Unternehmensführung ebenfalls auf das Komponentengeschäft zurück: Man reagiere damit auf den weiteren starken Rückgang des Distributionsgeschäfts in den letzten sechs Monaten, heißt es in der offiziellen Stellungnahme. Der Gesamtumsatz ging bereits von 248 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2003/04 auf 177 Millionen Euro im vergangenen Geschäftsjahr 2004/05 zurück. Hinzu kamen Liquiditätsengpässe, da die Hausbanken Ende Mai die Kreditlinien gekündigt hatten. Entscheidend ist: Als Baumeister 2005 das Komponentengeschäft stutzte, trug die Distribution den größten Teil zum Gesamtumsatz bei. Das durch die Restrukturierung wegfallende Geschäft im Distributionsbereich sollte durch das Wachstum der Eigenmarken »Lynx« für PCs, Server und Storage-Systeme sowie »Cebop« für Unterhaltungselektronik kompensiert werden. »In den nächsten zwei Jahren sollen die Eigenmarken das Großhandelsgeschäft überholen«, lautete Baumeisters Vorgabe.